Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
herausgeschickt hatte. Nach ein paar Wochen fragte ich ihn, ob er denn schon etwas gehört hätte. Ein paar Firmen hätten noch nicht geantwortet, meinte er – aber es wären auch Absagen gekommen. Allerdings seien er und Peter weiter am Ball und sie würden sich sofort melden, wenn etwas dabei herauskäme.
Irgendwie kam mir das alles ziemlich bekannt vor. Nur dieses Mal saß die Enttäuschung noch tiefer. Ich hatte deutlich mehr unternommen und doch waren schon wieder dieselben Absagen gekommen. Die ganze Arbeit, der Aufwand, all das schien nichts gebracht zu haben, und selbst ein derart guter Kontakt, den ich in Clint doch gefunden hatte, brachte mich meinem Traum von einem Plattenvertrag ganz offensichtlich nicht näher. Das war sehr ernüchternd. Und während ich bei meiner ersten Bewerbung mit den Kassetten wenigsten noch feststellen konnte, ob die Plattenfirmen überhaupt in die Bänder hineingehört hatten, war dies mit den CDs nicht mehr möglich. Bei den Kassetten konnte man ablesen, bis zu welchem Punkt das Band abgehört worden war – die Compact Discs lieferten diese Informationen nicht. Und ich zweifelte mitunter daran, dass überhaupt jemand in meine Musik hineingehört hatte …
In der Folgezeit konzentrierte ich mich wieder mehr auf meinen Beruf, der mir immer noch Spaß machte und mir deutlich mehr Erfolgserlebnisse bereitete als meine Musik. Vielleicht, so dachte ich, sollte ich die Musik nur noch als Hobby betreiben – am Ende wäre ich womöglich glücklicher. Ich machte meinen Job und klimperte abends aus Langeweile ein wenig vor mich hin. Das war eine Möglichkeit – eine Lösung aber war es nicht!
»Stark«
Abschiede, die endgültig waren, hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erleben müssen. Der Tod hatte meine Familie und meinen Freundeskreis bis dahin ausgelassen und es ist wohl nur menschlich, dass man sich somit auch nie richtig Gedanken um dieses Thema machte. In meinem Alter war alles immer nur nach vorne gerichtet, immer weiter – das Ende, das uns allen eines Tages bevorstehen würde, sah man damals naturgemäß noch nicht.
Aber genau dieser Tag war irgendwann doch gekommen. Ein wunderbarer Mensch, eine Frau, die ich immer wie eine Großmutter betrachtet und auch geliebt hatte, lag im Sterben. Ich hatte zwar auch eine leibliche Oma, aber es war mir nie vergönnt gewesen, zu ihr eine ähnlich enge Bindung aufzubauen wie zu dieser alten Frau. Als Kind war ich häufig bei ihr zu Besuch und dann hatten wir meistens Karten gespielt. Rommé. Und sie ging dabei immer als Gewinnerin vom Tisch – gütig lächelnd und stets ein paar tröstende und aufbauende Worte murmelnd.
Wann immer ich sie besuchte, hatte sie immer ein liebes Wort für mich übrig und ich fühlte mich zu jeder Zeit einfach nur wohl und geborgen in ihrer Gegenwart. Bei ihr konnte ich so sein, wie ich war, und sie freute sich immer, dass ich da war. Als Mensch und für sie.
Und nun war also der Moment da. Ihre Zeit sollte zu Ende gehen, das war allen Beteiligten klar. Für mich indes war es ein komisches Gefühl, als ich sie noch einmal im Krankenhaus besuchte. Ich weiß noch wie heute, dass sie mich anlächelte und mir sagte, dass ich gut auf mich aufpassen und nicht traurig sein sollte. Schließlich ginge sie jetzt zum lieben Gott und der würde sie gut behüten. Sie drückte meine Hand noch einmal und dann ging ich nach draußen. Ich wartete im Gang noch auf die anderen Familienmitglieder und schaute am Ende noch einmal in ihr Krankenzimmer hinein. Und da sah ich, wie ihr Sohn an ihrem Bett saß und sich um sie kümmerte. Er gab ihr noch ein wenig zu essen – mit einer warmherzigen Selbstverständlichkeit, die man wohl als wahre Liebe bezeichnen konnte.
Und genau dieses Bild von dem Sohn und seiner sterbenden Mutter konnte ich nie wieder vergessen. Da war kein Klagen oder Schluchzen. Im Grunde schwebte eine Zufriedenheit durch diesen Raum. Diese wunderbare Frau verabschiedete sich an diesem Abend von uns allen mit einem Lächeln und war mit sich vollkommen im Reinen. Diese Eindrücke, die sich an jenem Abend für immer in meinen Kopf brannten, vermittelten mir eine Stärke, die ich bis dahin noch nie erlebt oder gefühlt hatte.
Ich dachte damals nur, dass es wahre Größe sein musste, in einem solchen Moment mit sich und allem im Einklang zu sein und sich in aller Ruhe von allen für immer verabschieden zu können. Diese Gedanken ließen mich auch auf dem Nachhauseweg nicht mehr los und als ich
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