Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
über das Podest, das wir für die Familien haben wollten, bis hin zu den Behinderten-WCs. All diese Dinge schienen für die Verantwortlichen vor Ort in keiner Weise wichtig zu sein und sie hätten am liebsten darauf verzichtet – da es am Ende doch nur Geld kostete und kein Mensch es brauchte.
Wir aber hatten darauf bestanden und ließen uns nicht abbringen. Am Nachmittag strömten dann die ersten Zuschauer nach Leipzig in die Parkbühne zum Unheilig-&-Friends-Festival 2009. Es war ein wunderschöner Sommertag und das Wetter meinte es gut mit uns. Nach kurzer Zeit war die ausverkaufte Parkbühne restlos gefüllt und uns allen bot sich ein wundervolles Bild.
An diesem Tag waren etwa 120 Kinder da. Familien hatten sich zu diesem Konzert gemeinsam organisiert und besuchten somit alle zusammen unser Festival. Die Hüpfburg war sofort mit einer Horde von Kindern gefüllt und das Team der Kinderbetreuung hatte alle Hände voll zu tun. Wir organisierten eine Kinderautogrammstunde, die vor der »regulären« für die Erwachsenen stattfinden sollte, und pünktlich auf die Minute gab es eine Schlange von Eltern mit ihren Kindern, die auf ihre Autogramme warteten. Es war sagenhaft und ich freute mich riesig über diesen Erfolg. Und – es hatte entgegen aller Zweifler doch funktioniert.
Alle diejenigen, die sich zuvor mit ihren vermeintlich witzigen Sprüchen darüber ausgelassen hatten, dass ein Familienevent schlichtweg Blödsinn sei, sagten plötzlich kein Wort mehr. Sie taten vielmehr so, als ob sie schon immer daran geglaubt hätten, und wirkten am Ende nur noch erbärmlicher.
Der Auftritt selbst war unglaublich. Ein wunderschöner Abendhimmel, der so klar war, dass man während des Auftrittes die Sterne sehen konnte. Väter hatten ihre Kinder auf die Schultern gehoben und die Stimmung an diesem Abend war mit die schönste, die ich je erlebt habe.
Nach dem Konzert kehrte bei uns allen ein wenig Ruhe ein. Markus, Ollie und ich nahmen uns in den Arm und waren einfach nur froh, dass alles geklappt hatte. Wir alle wussten, was für ein Risiko wir eingegangen waren. Wäre es schiefgegangen, hätte man uns mit wehenden Fahnen untergehen sehen. Umso glücklicher waren wir, dass alles funktionierte.
Fast 10 000 Besucher kamen zu den drei Unheilig-&-Friends-Festivals. Wir hätten es nie zu träumen gewagt, dass es so gut bei den Menschen ankommen könnte, ein Familienkonzert zu machen.
Ich denke, ich werde diese Festivals nie vergessen. Es ist schließlich immer etwas Besonderes, wenn man an eine Idee glaubt, an der alle anderen zweifeln. Und wenn es dann am Ende doch so läuft, wie man es sich gewünscht hat, gehört das zu einem Highlight, auf das man immer wieder gerne zurückschaut.
Herzenswunsch
Nach den ersten Erfolgen mit dem Song »An deiner Seite« kam Ende 2008 erstmals die Idee auf, etwas Gemeinnütziges zu unternehmen. Dabei spielten viele unterschiedliche Gedanken eine Rolle. Ich war emotional durch den viel zu frühen Tod meines besten Freundes tief erschüttert, musste aber gleichzeitig auch feststellen, dass sein Lied eine nicht vorhersehbare Wirkung auf die Fans hatte. Mit einem Mal machte sich eine nachdenkliche Tiefgründigkeit auf den Konzerten breit, die ich nicht für möglich gehalten hatte.
Die Live-Auftritte waren mit diesem Song plötzlich nicht mehr nur Veranstaltungen, auf denen Partys gefeiert wurden – sie waren zu Orten und Treffpunkten geworden, an denen Musiker und Anhänger gemeinsam reflektierten, über das Leben und den Tod nachdachten und sich gemeinsam an Menschen erinnerten, die nicht mehr da waren. Und das alles war in einer gewissen Weise meinem Freund zu verdanken.
Sein Tod hatte dadurch irgendwie einen Sinn erhalten, den ich fortan auch – in seinem Gedenken – einer Stiftung oder einer karitativen Organisation zugutekommen lassen wollte. Wir setzten uns zusammen, sammelten Adressen und schrieben die großen bundesweit bekannten Hilfsorganisationen an, um ihnen unsere Kooperation in Gestalt von Benefizkonzerten anzubieten. Und alle sagten ab!
»Wir lehnen dankend ab«, war eine gern verwendete Floskel, die wir in den Antwortschreiben lesen konnten, und ich fragte mich damals wirklich, wie es sein konnte, dass Hilfsorganisationen keine Hilfe erhalten wollten.
Die Antwort lag im Grunde auf der Hand und schien – wie so oft – von Schubladendenken geprägt zu sein: Wir waren aus der düsteren Gothic-Szene, wir nannten uns Unheilig und man kannte uns nicht. Die
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