Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
eigentlich immer gewesen war, wenn ich mir meine Ängste und Gedanken von der Seele geschrieben hatte. Ich erinnerte mich an die Pianomelodien, die zuvor im Studio aufgenommen worden waren, und aus reinem Zeitvertreib fing ich damit an, diese so zusammenzusetzen, dass der Text, den ich gerade geschrieben hatte, dazu passte.
Ich weiß noch ganz genau, wie sich alles fast von selbst zusammenfügte und auf geradezu wundersame Weise ein neues Lied entstand. Ich machte davon ein MP3 und schickte es an Henning, Markus und Ollie. Es war nur eine Pianomelodie mit Gesang, den ich kurz und schnörkellos aufgenommen hatte. Es dauerte keine Minute und mein Telefon klingelte. Markus und Ollie sagten mir direkt am Telefon, dass dieser Song die neue Single sein müsste. Ein Lied, das ich in Gedanken an meinen verstorbenen Freund einfach so hatte werden lassen …
In den folgenden Wochen wurde »Geboren um zu leben« somit im Studio als erster Song von Große Freiheit fertig produziert und das Ergebnis haute uns alle um.
Ich hatte mich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie so intensiv mit einem Lied befasst und jedes noch so kleine Detail berücksichtigt. Aus diesem Grund nahmen wir zusätzlich noch einen Kinderchor auf, der den Song noch außergewöhnlicher machte und für mich die schönen Erinnerungen an meinen Freund und unsere gemeinsame Kindheit wieder aufleben ließen.
Dabei hatte ich jedoch die Befürchtung, dass ein professioneller Chor zu klinisch und perfekt klingen könnte. Es sollte sich frisch, unverbraucht und natürlich anhören – im Grunde einfach nach Kindern klingen, was ich bei ausgebildeten Chören nur bedingt vermutete. Auf »Geboren um zu leben« sollten Kinder von der Straße eine Stimme bekommen, nicht die Wiener Sängerknaben. Und das schafften wir mit dem Jugendchor St. Stefan aus Köln, der bei den Aufnahmen eine fantastische Leistung zeigte.
Schon damals habe ich mich darüber gefreut, dass »Geboren um zu leben« auf diese ungewöhnliche Weise entstanden war. Der Song war in keiner Weise geplant. Er ist einfach entstanden – ohne jede Ankündigung aus vielen kleinen Zufällen, und das war wunderschön.
Unheilig & Friends, die zweite
Zunächst hatten wir jedoch noch einige Festivalauftritte vor uns und das Zusammenspiel mit dem Schlagzeuger wurde von Auftritt zu Auftritt immer besser. Wir bekamen auf der Bühne immer mehr Routine und es schien, als wäre Potti schon immer dabei gewesen. Die Auftritte waren in diesem Jahr für uns alle besondere Highlights, da wir keine richtige Tournee spielten. Wir spürten aber, dass zu dieser Zeit immer mehr Menschen zu den Konzerten kamen, und freuten uns riesig über diesen stetig zunehmenden Erfolg.
Ich versuchte bei Autogrammstunden so lange wie möglich für alle da zu sein. Aber die Zeit reichte im Grunde nie aus und es waren für mich immer unangenehme Momente, wenn ich erkennen musste, dass ich nicht alle Wünsche erfüllen können würde. Das tat in der Seele weh …
Das Jahr rannte im Grunde wieder an uns allen vorbei und dann standen auch schon wieder die Planungen für die Unheilig-&-Friends-Festivals an. Songtechnisch lief die Produktion für die Große Freiheit auf vollen Touren und ich war dabei, die einzelnen Songs nach und nach im Studio einzusingen.
Die drei Unheilig-&-Friends-Festivals lagen uns allen sehr am Herzen, war doch das erste Festival dieser Art Ende 2008 in Köln nicht gerade so gelaufen, wie wir uns das alle vorgestellt hatten. Wir wussten, dass es noch besser ginge, und nahmen uns fest vor, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um unsere Vorstellungen endlich in die Praxis umzusetzen.
Das größte Problem dabei war, allen Beteiligten deutlich zu machen, dass es sich um Familienkonzerte handelte. Das mag sich seltsam anhören, aber es schien fast unmöglich zu sein, dass wirklich jeder verstand, was wir vorhatten. Fast alle glaubten bis zum Tag des Konzertes nicht daran, dass überhaupt ein Kind kommen würde – geschweige denn ganze Familien. Obwohl wir per Mail Hunderte Anmeldungen von Familien hatten, wollte uns keiner abnehmen, dass wirklich Kinder kommen könnten.
Als von dem eigens dafür gebuchten Personal damit begonnen wurde, die Hüpfburg für die Kinder aufzubauen, wurden wir von allen Seiten nur belächelt. Wir ließen uns jedoch in keiner Weise davon beeindrucken und zogen es einfach weiter durch. Selbst an dem Veranstaltungstag hatte man noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Es fing bei dem Kinderprogramm an, ging
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