Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
waren einfach zu viele. Ich wusste auch, dass diese Entscheidung nicht von allen Seiten positiv aufgenommen werden würde, aber es ließ sich nicht mehr aufhalten. Es hatte nichts mit Arroganz oder Abgehobenheit zu tun – ich konnte es einfach nicht mehr bewältigen.
Geboren um zu leben
Die Wochen und Monate flogen an mir vorbei und die Produktion der neuen Songs stand wieder im Vordergrund. Das Album Große Freiheit nahm immer mehr Gestalt an und die Thematik stellte sich weiterhin als unglaublich ergiebiger Pool von Songideen heraus.
Im Grunde kann man sagen, dass jedes meiner Alben seine eigene Bildsprache entwickelt hatte. Waren es bei Puppenspiel die Bühne und die Bilder des Schauspiels, die im Vordergrund standen, so standen nun die Eindrücke der Endlosigkeit des Meeres und des Horizontes im Fokus – und die Segel eines Schiffes im Einklang mit den Stürmen und Gezeiten eines Ozeans.
Diese bildhafte Sprache in den Texten zeigte im Grunde, welches Lied zu welchem Album gehörte, und ich sah, wie unendlich vielfältig diese Bilder bei der Großen Freiheit waren. Ich schrieb Lied für Lied und irgendwann hatte ich 18 Titel, die nur noch fertig produziert werden mussten. Und mit jedem Song merkte ich, dass ich ruhiger und zufriedener wurde.
Ich spürte sehr wohl einen riesigen Druck und die Verantwortung, gute neue Stücke schreiben zu wollen, die sich mit meinen bisherigen Titeln messen lassen mussten – oder gar noch besser werden sollten. Und doch hatte ich die Ruhe, einigermaßen unbeschwert zu arbeiten.
Erst heute ist mir eigentlich bewusst, dass dies in keiner Weise selbstverständlich war. Wenn ich genau darüber nachdenke, hatte mich kein Mensch jemals gedrängt oder gezwungen, Lieder zu schreiben oder sie in einer bestimmten Art zu machen.
Alle in meinem Umfeld hatten immer in Ruhe abgewartet. Selbst unser neuer Partner Universal hielt sich sehr zurück. Man ließ mich in Ruhe schreiben und an den Songs arbeiten, was – so denke ich – dem Album auch zugutekam. Und irgendwann waren die Demoversionen zu Große Freiheit so weit fertig, dass wir sie zu Universal schicken konnten, um deren Meinung dazu einzuholen.
Ein Teil des Vertrages mit Universal beinhaltete bekanntlich unsere absolut unabhängige Entscheidungsgewalt im künstlerischen Bereich – die Plattenfirma indes hatte sich jedoch das Recht eingeräumt, für den Fall, dass unsere Musik nicht gefallen würde, von dem Vertrag zurücktreten zu können. Und genau diese Entscheidung stand mit der Übersendung der Demobänder nun an.
Aber wir mussten nicht allzu lange warten – das Feedback von Universal war wunderbar. Die Verantwortlichen von dem Label waren geradezu begeistert, und somit konnten die weiteren Planungen für die Große Freiheit zügig vorangehen.
Ich selbst hatte im Grunde zu diesem Zeitpunkt für mich persönlich alles erreicht, was ich mir je erträumt hatte. Der Schreibprozess war abgeschlossen – alle waren begeistert und ich hatte endlich, endlich meinen Deal mit einem großen Plattenlabel. Mission accomplished! Blieb noch die Frage, welcher Song die erste Single werden sollte.»Unter deiner Flagge«, »Für immer« oder Große Freiheit waren zum damaligen Zeitpunkt die Kandidaten, die bei uns allen im Blickpunkt standen – wobei ich am liebsten mal wieder alle Titel genommen hätte, da ich mich nicht wirklich entscheiden konnte.
Zu dieser Zeit gingen die Planungen in alle erdenklichen Richtungen los und ich hatte den Kopf endlich wieder frei, mich auf alles einzulassen, was mit Unheilig zu tun hatte. Ich nahm mir ein paar Tage Zeit für mich, konnte allerdings nicht so richtig abschalten. Irgendwann traf ich mich wieder mit Henning und da es um die Produktion einiger Titel ging, klimperten wir einfach ein wenig vor uns hin, um ein paar Pianomelodien aufzunehmen, die uns gerade einfielen.
Es war im Grunde der normale Ablauf während einer Produktionspause. Wir spielten uns gegenseitig Melodien vor, die wir gut fanden, bevor die Aufnahmen zum Album weitergehen sollten. Als ich am Abend wieder zu Hause war, musste ich wieder an meinen Freund denken, für den ich »An deiner Seite« geschrieben hatte. Die Erinnerungen an ihn flammten immer wieder auf und an diesem Abend nahm ich einen Stift in die Hand und schrieb meine Gedanken, die ich in diesem Moment hatte, einfach nieder.
Die Zeilen nannte ich »Geboren um zu leben« und nachdem ich sie aufgeschrieben hatte, fühlte ich mich besser – so, wie es
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