Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
Befürchtung, die mich tatsächlich ein wenig traurig machte, zumal ich mich mit meinen neuen Stücken so gar nicht als »Verräter« fühlte. Ich hatte mich musikalisch weiterentwickelt –, ganz so, wie man es von einem Musiker erwarten durfte – aber ich hatte mich ja nun stilistisch nicht vollkommen gedreht. Die wichtige Frage, wer zu diesem Benefizkonzert kommen würde, stand für mich also durchaus im Raum.
Als wir am Tag dieser Wohltätigkeitsveranstaltung an dem Anlegeplatz des Schiffes ankamen, wartete schon eine lange Schlange von Menschen auf den Einlass. Und es war am Ende tatsächlich so, wie ich es erhofft, aber nach all den Diskussionen und Beschimpfungen im Vorfeld nie erwartet hätte: Fast alle Fans trugen Schwarz! Aber nicht nur das – unter den rund 800 Gästen waren unzählige bekannte Gesichter von treuen Unheilig-Anhängern, die ich schon seit vielen Jahren immer wieder auf meinen Konzerten begrüßen durfte. Also im Grunde genau jene Menschen, die sich mit der neuen Platte angeblich von Unheilig abgewandt hatten …
Das Benefizkonzert brachte dem Verein »Herzenswünsche« eine Spende von rund 20 000 Euro, was mich damals stolz und glücklich machte. 20 000 Euro waren eine Menge Geld und es war Geld, von dem ich wusste, dass es sehr, sehr sinnvoll eingesetzt wurde. Vor dem Konzert auf dem Schiff gab es noch eine gut sechsstündige Autogrammstunde, bei der wohl jeder Fan zu seinem Recht gekommen war.
Ich war überglücklich, dem Verein diesen Scheck überreichen zu können. Aber es ging ja nicht nur um das Geld. Dass ich zu jener Zeit, als das Konzert stattfand, einen unglaublichen Medienrummel erfahren würde, konnten wir bei den Vorgesprächen zu der Benefizveranstaltung damals noch nicht ahnen. Nachdem die Große Freiheit jedoch derart eingeschlagen hatte, war ich natürlich guter Dinge, dass ein guter Teil meiner damaligen Medienaufmerksamkeit auch auf »Herzenswünsche« überspringen könnte.
Aus diesem Grund hatten wir im Vorfeld dieses Konzertes auch ordentlich die Werbetrommel gerührt, denn noch viel wichtiger als unsere Geldspende wäre für »Herzenswünsche« natürlich die mediale Berichterstattung gewesen. Und für mich war damals klar: Die Medien würden sich auf dieses Ereignis stürzen und der Verein würde endlich die öffentliche Aufmerksamkeit bekommen, die ihm aufgrund seiner tollen Arbeit schon längst zugestanden hätte.
Aber: Nichts passierte. Wir hatten viele Journalisten eingeladen und keiner kam. Ein Phänomen, das ich bis heute nicht zu erklären weiß? Warum – in Gottes Namen – wollte niemand darüber berichten. Etwas später berichtete immerhin eine Frauenzeitschrift über unser Benefizkonzert – und auch den Verein »Herzenswünsche«. Mein Dank geht heute an all die Fans, die dieses Projekt damals unterstützt haben. Warum es ansonsten niemanden interessiert hat, werde ich wohl nie wirklich verstehen können.
»Wir sind stolz auf dich!«
Auch für meine Eltern war dieser unglaubliche Erfolg von Große Freiheit völlig überraschend gekommen. Keiner – weder ich noch meine Familie – war ja damals auf diesen unglaublichen Trubel vorbereitet worden. Wie hätte das auch geschehen sollen, hat doch jeder von uns zwar immer auf den großen Durchbruch gehofft – fest einkalkulieren konnte man ihn naturgemäß jedoch nicht.
Meine Eltern saßen zu Hause, blätterten Zeitungen und Zeit schriften durch und fast überall stand etwas über ihren Sohn geschrieben. Wenn sie den Fernseher einschalteten, konnte es gut sein, dass sie ei nen Bericht über mich sahen, und wenn sie dennoch etwas verpasst hatten, gab es da noch immer die unzähligen Freunde oder Bekannte, die ihnen erfreut und aufgeregt am Telefon schilderten, dass sie gerade ein Lied von mir im Radio gehört oder einen Beitrag über mich im TV gesehen hätten.
Mein Vater und meine Mutter durften sich mit jedem Artikel, den sie über mich lesen konnten, immer mehr darüber freuen, dass der Sohn es am Ende doch geschafft hatte. Es muss für Eltern mitunter recht schwer sein, die Träume ihrer Kinder mitzugehen, und gerade in meinem Fall war es ja nun so, dass ich sehr lange auf die Unterstützung meiner Familie angewiesen war. In all diesen Jahren war nicht immer vorauszuahnen, dass mein Weg tatsächlich nach oben führen würde, und dennoch durfte ich mir des Rückhalts meiner Familie immer sicher sein.
Als ich, mitten in diesem Orkan, der mich seit einiger Zeit umgab, gleichwohl ein
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