Als Musik meine Sprache wurde - Die offizielle Autobiografie (German Edition)
bisschen Zeit und Ruhe finden konnte, reiste ich mit meiner Familie für ein paar Tage nach Österreich, um in der ruhigen, ländlichen Abgeschiedenheit wieder ein wenig Kraft zu tanken. Wir waren endlich mal wieder alle zusammen vereint, konnten zusammen reden, lachen, in Erinnerungen schwelgen und einfach das sein, was wir immer waren: eine harmonische Familie.
An einem dieser Tage stand dann plötzlich mein Vater vor mir, nahm mich ein wenig zur Seite und erklärte mir mit stockender Stimme, dass er sich bei mir entschuldigen wollte. Ich war völlig überrascht von diesem Gespräch und wohl auch ein wenig überfordert, schließlich hatte ich meinen Vater in all den Jahren nie als einen Mann der großen Worte kennengelernt. Aber da stand dieser Mann und erklärte mir, dass er sich wohl in mir getäuscht hätte. Er war wohl seit unserer frühesten Kindheit immer der Meinung gewesen, dass mein Bruder der Zielstrebigere von uns beiden sei – ein Eindruck, der sich bei ihm schließlich auch an der Tischtennisplatte verfestigt hatte, wo ich es nie zu den Fertigkeiten meines Bruders bringen konnte. Er gab mir zu verstehen, dass er sich in mir getäuscht hatte und wie sehr er auf mich stolz sei.
Für einen Sohn – egal welchen Alters – war eine solche Aussage natürlich unglaublich anrührend. Ich glaube, von so etwas träumen viele Söhne zeitlebens. In unserer Familie – das wusste ich ja nun war meine Mutter in Bezug auf mich und meine Förderung immer die treibende Kraft gewesen. Und mein Vater ist diesen ihren Weg eben mitgegangen. Dass er mir nun mitteilte, wie sehr er meine Arbeit als Musiker und meinen Weg zu diesem Erfolg schätzte, erfüllte mich mit tiefem Stolz.
Ich konnte an diesem Tag meinen Vater völlig neu kennenlernen und wir beide haben seit diesem unvergesslichen Moment ein viel besseres und innigeres Verhältnis. Das war eine menschlich große und auch großherzige Geste und letztlich war diese Unterhaltung mit meinem Vater einer der schönsten Augenblicke im Jahr 2010.
Ein guter Weg
Der Österreich-Urlaub unserer Familie war kaum zu Ende, da ging es auch schon wieder weiter. Und in diesem Fall stand ein wirklich besonderes Ereignis bevor: Ein Auftritt bei Stefan Raab in TV total .
Ich hatte ja bis dahin so einiges erlebt und konnte auch auf einige Jahre Bühnenerfahrung zurückblicken, die mich im Laufe der Zeit immer sicherer gemacht hatten. Und nun also Stefan Raab. Dieser Auftritt lag mir schwer im Magen, da ich mir im Grunde gar nicht sicher sein konnte, ob Raab mich als Musiker und Künstler überhaupt respektieren würde und ich – der Graf – Einladungen wie diesen überhaupt standhalten könnte.
Und auch die alte Urangst machte sich wieder breit: Was, wenn ich bei Stefan Raab ins Stottern geraten würde und er mich für die nächsten paar Jahre zur Belustigung der Nation unter einen seiner Buzzer legen würde?
All diese Zweifel gründeten natürlich auch auf der Tatsache, dass ich gedanklich und emotional noch längst nicht da angelangt war, wo die Charts mich zu jener Zeit führten. Ich ertappte mich regelmäßig bei dem Gedanken, dass alles nur ein Traum sein könnte und ich – wenn mich denn nur jemand zwicken würde – wieder auf meinem alten Level wäre. Der Status, den ich kannte und den ich auch gewohnt war.
Zu der Zeit hatte ich auch noch Anfragen aus Sterbehospizen bekommen, weil wohl schwer kranke Menschen vermehrt den Wunsch geäußert hatten, mich noch einmal vor ihrem bevorstehenden Tod zu sehen. Da ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie ein Sterbehospiz besucht hatte, bat ich darum, noch ein wenig über meine Entscheidung nachdenken zu dürfen. Und dann, nach zwei oder drei Tagen war ich zu dem Entschluss gekommen, diesen – auch für mich sehr schweren – Gang zu machen.
Und so bin ich dann am Abend in das TV-total -Studio gefahren, wo ich von allen Beteiligten herzlich und nett in Empfang genommen wurde. Ich konnte sofort erkennen, dass ich nichts von Stefan Raab zu befürchten hätte – was ja nun nicht jeder Studiogast von sich behaupten konnte. Das Gespräch lief super, der Liveauftritt auch und wir gingen an diesem Abend glücklich und beschwingt aus dem Studio, um dann auch zu realisieren, dass mir in derselben Nacht noch mein erster Hospiz-Besuch bevorstand.
Es fällt mir nicht leicht, über diese für mich sehr einschneidenden Erfahrungen zu sprechen oder zu schreiben. Dem ersten Menschen, den ich in dieser Nacht besucht hatte, ging es
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