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Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition)

Titel: Als Oma bist du ja ganz nett: Wie meine Mutter ein Enkelkind bekam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Maier , Hanna Maier
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Welt zu retten? Wie denn, wenn ich Geld verdienen muss und Kinder kriegen möchte? Und weil das eine wahrlich vertrackte Lage ist, in der wir Mittzwanziger uns befinden, müssen wir planen. Weit im Voraus.
    Ins Ausland gehe ich heute, damit es gut in meinem Lebenslauf aussieht. Beim Jobcenter oder bei der Gebühreneinzugszentrale anzurufen ist teurer, als die Supermarkt-Baby-Hotline anzuwählen, die noch dazu 24/7 besetzt ist (außer aus dem deutschen Mobilfunknetz; 42 ct/min).
    Als meine Mutter begann, mich zu ihrem kleinen Namenstickselbsthilfekreis einzuladen, lehnte ich dankend ab. Keine Zeit, keine Kraft, keine Lust. Es gab Wichtigeres zu tun. Schließlich mussten wir ein Sparkonto anlegen, damit Sophie, sollten Schul- und Studiengebühren im Laufe der nächsten zwanzig Jahre wieder eingeführt werden, auch eine angemessene Ausbildung bekommt. Außerdem war es alsbald an der Zeit, Kurse zu besuchen, Gelder zu beantragen, Liebe zu spüren und sich Sorgen zu machen. Sophie ist in eine Zeit hineingeboren, in der Namen einfach nicht mehr viel bedeuten. Wichtig sind andere Identitätsmerkmale, etwa Goareisen oder Onlineprofile. Als ich sah, dass meine Mutter nicht merkte, dass sie mit dieser Namensfrage nicht nur nervte, sondern auch eine meiner Grundfesten infrage stellte, begann ich grob zu werden. Ich legte auf, blaffte, stellte gemeine Vergleiche an. Doch sie gab nicht nach. Was sollte ich also tun, außer ihr ein striktes Redeverbot zu erteilen?
    Ich hätte ja mal mit ihr reden können? Nein, nein, das hätte sie eh nicht verstanden. Ich glaube, dass sie, auch wenn sie das immer wieder abstreitet, eigentlich wollte, dass das Kind am Ende Sophie Anja Maier heißen sollte. Aber hätten wir damit angefangen, Verwandtennamen einzuschleusen, hätte die Diskussion kein Ende mehr gefunden. Denn Oscars und meine Familien sind groß. Um nicht zu sagen, riesig. Die Neunziger waren nämlich auch die Patchworkjahre. Und es gibt keinen Trend, den unsere Familien nicht mitgemacht hätten. Dementsprechend hätten wir zwei Omas, eine Tante, einen Onkel, vier Opas und vor allem unzählige Urgroßeltern gehabt, die potenzielle Namensgeberinnen und -geber geworden wären. Und ich habe mitansehen müssen, wie meine Schwester Kira während der Pubertät Identitätsprobleme wegen ihrer endlosen Namensflotte bekam. Nein, das würden wir unserem Baby nicht antun. Es blieb bei einem Namen, Ende der Diskussion.
    Okay, ich gebe es zu: Eine Schnupperstunde in Anjas Namensdiskussionskurs hätte vermutlich nicht geschadet. Ich hätte mit ihr telefonieren oder wenigstens auf die Ein-Wort- SMS mit Ein-Wort- SMS antworten sollen. Schließlich hat meine Mutter ja tatsächlich seit Jahren Expertise auf dem Gebiet. Hätte sie ihr Hobby zum Beruf gemacht, wäre bestimmt sie es gewesen, die die Komparatistikprofessur innehätte. Zu unserer Entschuldigung: Oscar und ich befanden uns gerade auf einem so schmalen Grat, dass wir so eine Diskussion nicht gut, geschweige denn produktiv hätten führen können. Hätte meine Mutter mich tatsächlich zu einem von unserem Vorschlag abweichenden Namen bewegen können – Mascha stand auch bei mir hoch im Kurs, ich kannte nur zu viele Hunde, die so heißen –, hätte das einen ewigen Streit zwischen uns zukünftigen Eltern entfacht. Ich wäre als von meiner Mutter ferngesteuert gebrandmarkt worden, während Oscar von diesem Zeitpunkt an der sture, kompromisslose Fiesling gewesen wäre. Denn wie gesagt, eine Namensdiskussion stellt die Grundfesten infrage.
    Und so ist auch die Geschichte um Sophies Namen ein Spiegelbild der Zeit. Ein Screenshot der Moden und Haltungen der Zehnerjahre. Traurig, aber wahr. Und letztlich doch irgendwie nur real. Sophies Namen werden wir, jedenfalls so gut es geht, mit Geschichten, Anekdoten und Fabeln längst vergangener Heldinnen und Supermenschen füllen, damit sie nicht nach Goa reisen muss. Sophie hat die einmalige Chance, ihren Namen positiv zu besetzen. Ohne dass ihr irgendein Ahne dabei in die Quere kommen könnte. Ich weiß, dass das eine große Verantwortung ist, aber ihre Zukunft ist ja auch voll großer Verantwortungen: Klimawandel, Globalisierung und wie die Probleme unserer Zeit alle heißen. Vielleicht wird ja ihre Enkeltochter einst sagen können: Ich bin nach der großen Sophie benannt. Sie hatte zwar keinen zweiten Vornamen, dafür aber mächtig viel Mut und Durchsetzungsvermögen. Ihretwegen gibt es heute noch Eisbären. Und wenn dieses Szenario nicht eintritt,

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