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Als ploetzlich alles anders war

Als ploetzlich alles anders war

Titel: Als ploetzlich alles anders war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Dierks
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schob ihre Hände in die Ärmel ihres Kapuzenmantels.
    Sie zitterte immer noch ein bisschen vor Erregung. Sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass Frau Fuchs nur vorgab, sie zu verstehen. Doch in Wahrheit mochte sie Louisa nicht einmal besonders. Frau Rust hätte Louisa nie das Gefühl gegeben, dass sie jetzt nur noch eine bedauernswerte Behinderte war. Louisa presste die Lippen fest aufeinander. So wehrte sie normalerweise erfolgreich aufsteigende Tränen ab, doch diesmal gelang ihr das nicht.

Teresas Angst
    Inzwischen schneite es. Feine Flocken verteilten sich auf Teris schwarzer Daunenjacke. Sie stand nun bestimmt schon eine halbe Stunde da und beobachtete ihre Schwester, die auf der anderen Straßenseite auf den Fahrdienst wartete, der wegen des plötzlichen Schneegestöbers vermutlich etwas länger brauchte.
    Louisas Anblick machte Teri so traurig, dass es ihr die Kehle zuschnürte. Louisa wirkte so winzig und schutzlos, wie sie da zitternd in ihrem Rollstuhl am Straßenrand stand. Teri hätte sie jetzt so gern in den Arm genommen und getröstet, aber dann hätte sie Louisa auch erklären müssen, was sie um diese Zeit hier zu suchen hatte.
    Weil ich auf dich aufpassen muss, weil ich mir deine blöden Freundinnen mal vorknöpfen will, weil ich gar nicht mehr weiß, wie es dir wirklich geht, weil ich schreckliche Angst um dich habe!
    Vor einigen Tagen hatte Teri plötzlich Angst bekommen, es könnte etwas noch Schlimmeres als im letzten Sommer passieren. Schließlich war sie so in Panik geraten, dass sie Louisa am liebsten gar nicht mehr von der Seite gewichen wäre. Manchmal schaute sich Teri heimlich in Louisas Zimmer um, nicht um ihr nachzuspionieren, sondern nur um ein ganz kleines bisschen von jenem D a m a l s zu finden, als sie noch mit Louisa zusammen in diesem Zimmer gewohnt hatte. Gar nicht so lange her, ein halbes Jahr, das sich aber anfühlte wie eine Ewigkeit.
    Seit Louisa auf der Welt war, hatten ihre Betten nur durch einen Nachttisch getrennt nebeneinandergestanden. Sie hatten sich vor dem Einschlafen ihre aktuellen Lieblings-Songs vorgesungen, hatten sich Geschichten erzählt oder einfach nur geredet, bis sie müde geworden waren. Als kleines Mädchen hatte Louisa immer Angst vor der Dunkelheit gehabt und tausendmal bang in die Stille geflüstert, schläfst du schon? Dann hatte Teri ihr versprechen müssen, selbst so lange wach zu bleiben, bis ihre Schwester eingeschlafen war. Ich pass auf dich auf und vertreibe die Gespenster der Nacht!
    Aber dann hatte sie einmal doch nicht aufgepasst, weil es ja ein sommerheller Tag gewesen und Louisa auch kein Kleinkind mehr war und weil Teri so viele andere Sachen im Kopf gehabt hatte, die plötzlich hundertmal wichtiger als ihre Schwester waren.
    Heute Morgen, als alle weg waren und sie wegen einer Freistunde noch etwas Zeit hatte, war Teri wieder in ihr altes Zimmer geschlichen und hatte dort dieses Heft mit den Vokabeln entdeckt. Louisa hatte die Wörter offenbar aus ihrem neuen Englischwörterbuch abgeschrieben Einsamkeit, Traurigkeit, Kummer, Angst, Verzweiflung und auf der anderen Heftseite nur der eine Satz: Ich bin ein Monster – I am a monster.
    Als sie das las, bekam Teresa so heftiges Herzklopfen, dass sie am ganzen Körper zu zittern anfing. Der Satz sprang sie wie aus einem Hinterhalt heimtückisch an. Wenn Louisa wüsste, dass Teri das jetzt las?
    Wie kam sie denn bloß auf solche furchtbaren Gedanken? Wenn einer hier das Monster war, dann wohl Teri selbst. Sie zitterte immer noch, als sie das Heft wieder zuschlug und neben das Wörterbuch zurück auf den Tisch legte.
    In der Schule war sie dann immer nervöser geworden, hatte es schließlich nicht mehr ausgehalten und war beim ersten Pausenklingeln aufgesprungen, hatte hastig ihr Zeug in die Schultasche gestopft und war aus der Klasse gerannt. Jette hatte ihr noch irgendetwas nachgerufen, was aber im Pausenlärm untergegangen war.
    Während Teri in einem Irrsinnstempo zu ihrer alten Grundschule rannte, die sie bis vor einem halben Jahr noch mit Louisa gemeinsam besucht hatte, schossen die Gedanken kreuz und quer wie scharfe kleine Pfeile durch ihren Kopf. Sie hätte mit Fee und Hatice schon längst mal Klartext reden sollen. Früher war Louisa der strahlende Stern der kleinen Clique gewesen. Teri hatte Fee und Hatice mal ironisch als › Louisas kleinen Hofstaat ‹ bezeichnet, weil die beiden ihre Schwester anhimmelten wie einen Superstar.
    Wie toll die Schlittschuhlaufen kann! Louisa

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