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Als schliefe sie

Als schliefe sie

Titel: Als schliefe sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Khoury
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sondern den Beruf des Vaters ergriffen hatte, unter Tränen in die Arme. Alle verziehen ihm mit Ausnahme von Nikola. Nur Nikola, mit mächtiger Statur und hervorquellenden Augen unter dem rotem Tarbûsch, weigerte sich, den Bruder zu küssen.
    Saada sah in Salîms Besuch die Rückkehr des verlorenen Sohnes.
    »Schlachtet das gemästete Kalb, Kinder«, rief sie freudig, »und setzt euch an die Tafel der Liebe!«
    Salîm war nach Beirut gekommen, um zu erkunden, ob Nikola und Abdallah ihn in die Werkstatt aufnehmen würden. Die Arbeit in Aleppo ginge mehr schlecht als recht, klagte er und äußerte den Wunsch, ins Geschäft des Vaters mit einzusteigen.
    »Nach so vielen Jahren schneist du plötzlich herein, nur um dein Erbe zu kassieren!«, brüllte Nikola. »Schämen solltest du dich! Nachdem du uns und deine Schwester zugrunde gerichtet hast, wagst du es, Forderungen zu stellen! Mach, dass du wegkommst! Verschwinde!«
    Salîm verschwand nicht. Nikola stand auf und ging. Bevor er den Raum verließ, drehte er sich um und sagte an die Mutter gewandt: »Seit dem Tag, an dem Milia auszog, hat es in diesem Haus nichts Genießbares mehr zu essen gegeben!«
    Die Gespräche über Geschäft und Schulden interessierten Mûsa nicht. Wie gebannt starrte er Salîm an. Das Gesicht inzwischen länglich, die Haare ergraut, die Lippen schmal und die Augen eingesunken, sah er haargenau aus wie der Vater. Man hätte meinen können, Jûsuf sei wieder zum Leben erwacht. Nikola setzte der Diskussion ein harsches Ende, indem er die Rückkehr des Bruders ins Geschäft ablehnte. Abdallah war unentschieden. Er verstand nicht, was vor sich ging. Und Mûsa sah fasziniert, wie sein ältester Bruder sich zu einer Kopie des Vaters entwickelt hatte. Dann sagte Salîm etwas, das alle unmissverständlich hörten.
    »Du bist schuld, Mutter«, sagte, nein röchelte er. »Du hast gesagt, ich solle gehen und mir keine Gedanken machen und dass Gott schon für Milia sorgen würde.«
    Betretenes Schwiegen trat ein. Salîms gekrächzte Worte hatten eingeschlagen.
    »Du? Das hast du so zu Salîm gesagt?«, fragte Mûsa.
    »Ich? Nein, ich erinnere mich nicht.«
    »Du hast Milia unglücklich gemacht!«, empörte sich Mûsa. »Du hast sie abgeschoben in ein Land, das in Flammen steht.«
    Saada fing an zu weinen. Streit brach aus. Abdallah beschimpfte die Mutter und Salîm, warf ihnen vor, Milias Leben für nichts und wieder nichts zerstört zu haben.
    Im nächsten Augenblick zeigten sich die Symptome der Krankheit. Saadas Gesicht rötete sich. Sie bekam keine Luft mehr. Abdallah rannte den Arzt holen. Mûsa ging in sein Zimmer, schloss die Tür ab und schwor sich, nie mehr ein Wort mit der Mutter zu reden.
    Solche Vorsätze sind in Familien jedoch schnell vergessen. Salîm kehrte nach Aleppo zurück. Wieder brach der Kontakt ab. Mûsa half der Mutter beim Packen und beim Umzug in die Wohnung, in der sie sterben würde. Milias Foto blieb an seinem Platz, weil die Wand es nicht hergeben wollte.
    »Komm, Mûsa, mein Liebling. Komm, leg dich zu mir und weine nicht.«
    Milia sah ihn. Mûsa wälzte sich im Bett. Der Schatten des Traums schwebte um seine Augen. Er sitzt allein am Ufer des Sees Genezareth. Plötzlich schlagen die Wellen bis in seine Augen. Das Meer von Galiläa steigt. Weiße Gischt überspült den Horizont. Wellen bäumen sich auf. Das Restaurant bricht unter der Wucht der anbrandenden Wellen zusammen. Mûsa in einem kleinen Boot wird von Wind und Wellen umhergeschleudert. Fernab steht Milia. Das kleine Mädchen geht auf dem See. Auf dem Wasser gehend, streckt sie die Arme aus. Von Weitem sieht sie aus wie ein kleiner Vogel, der die Flügel ausbreitet, fliegen will, aber gegen die Wellen ankämpft. Er steigt, sinkt, verschwindet, taucht auf, kommt näher, entfernt sich. Die kleine Milia taumelt inmitten der hohen Wellen, weiße Gischt regnet auf sie herab. Mansûr, in jeder Hand ein Ruder, rudert, versucht sie zu erreichen. Das Mädchen entfernt sich, wird vom Wasser verschlungen. Mûsa befiehlt dem Meer, sich zu beruhigen. Seine Stimme bewirkt nichts. Mûsa sitzt auf der Westseite des Hotelrestaurants. Er sitzt allein auf dem Holzdeck, das wie eine Zunge in den See ragt und dem Gast das Gefühl gibt, sich auf einem Schiff zu befinden. Außer ihm ist niemand da. Zu hören ist nur, wie die Wellen an die Pfähle klatschen, die das Restaurant tragen. Mûsa isst einen Happen Muscht-Fisch, gewürzt mit Salz und Zitrone. Er kaut. Ihm wird schwindlig. Er

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