Als schliefe sie
schimpfte er jedes Mal nach solch einem hölzernen Geschlechtsakt mit schmerzendem Glied. »Ich hasse sie. Sie soll mir nicht noch einmal unter die Augen kommen. Hörst du, Saada! Diese Mîlâna hat hier im Haus nichts verloren!«
Saada aber stellte sich taub. Tagaus, tagein ging sie ins Kloster. Hin und wieder brachte sie die Nonne sogar mit nach Hause, sie sollte die Kinder mit heiligem Öl salben und für Jûsuf beten. Darum beten, dass Gott ihm seinen Hass auf die Nonne vergeben möge.
Und nun fand sich Jûsuf aus irgendwelchen, ihm unerklärlichen Gründen, vor dem großen Eisentor in der Klostermauer wieder.
»Hadscha Mîlâna! Bitte! Aufmachen!«, hörte er sich rufen, mit der Faust an das Tor donnernd.
Die Nonne öffnete und trat heraus.
»Saada und ihre Tochter«, sagte sie. »Nichts wie hin! Komm!«
Vor Staunen brachte Jûsuf kein Wort heraus. Er zeuge ausschließlich Jungen, wollte er sagen, fügte sich aber stumm. Die Sonne brannte auf den Sandweg, der vom Michael-Kloster zu ihm nach Hause führte. Die Luft roch nach trocken rissiger Erde. Jûsuf keuchte. In Strömen lief ihm der Schweiß den Rücken hinab, seine Kleider klebten am Körper. Die hünenhafte Nonne mit breiten Hüften und gewaltigem Gesäß in der schwarzen Kutte eilte voraus. Jûsuf hinterher, Schritt um Schritt in ihrem monströsen Schatten, der wankend über den Sandweg huschte, sich an die Felsen schmiegend krümmte und wand, bergauf am Garten der Schabbû c s entlang und abwärts durch den Olivenhain schwebte. Jûsuf brannte der Atem in der Brust.
Er spürte den Tod, stand entsetzliche Ängste um Saada aus. Von nun an würde er sich bedingungslos ihrem Willen unterordnen, dachte er bei sich. Er würde sogar auf den Beischlaf verzichten, wenn sie nur am Leben bliebe.
Wie besessen von der Furcht vor dem Tod murmelte er das Gebet, das Saada tagtäglich sprach: »Warum, o Herr, sind es so viele geworden, die mich in Bedrängnis bringen! Viele haben sich gegen mich erhoben. Viele sagen, meine Seele fände keine Rettung in Gott. Aber du, Herr, du bist mein Beistand, mein Helfer, mein Stolz…«
»Was sagst du da?«, fragte die Nonne.
»Nichts, nichts«, sagte Jûsuf im Schatten des monströsen, der Sonne trotzenden Körpers. Mit ihrer breiten Stirn, den buschigen Brauen über vortretenden, halb geschlossenen Augen und dem dunklen, leicht olivenfarbenen Teint sah die Nonne für ihn aus wie ein alter Mann. Unterstrichen wurde dieser Eindruck durch die riesige Nase mit drei borstigen Haaren, die hahnenkammartig aus dem Gesicht stach, vor allem aber durch den Schnurrbart, der, wie mit Kopierstift gezeichnet, fein und lilafarben über den schmalen Lippen thronte.
»Diese Nonne ist keine Frau, sondern ein Mann in Frauenkleidung!«, hatte Jûsuf oft zu Saada gesagt.
Er hasse sie, hatte er außerdem gesagt. Im Übrigen entspreche ihr äußeres Erscheinungsbild nicht dem einer Heiligen. Heilige, egal ob Männer oder Frauen, seien in der Regel dünn. Denn ihr Körper schrumpfe, damit die Seele erstrahlen könne. Bei dieser Frau dagegen sei es anders. Ihr Körper erdrücke die zarte Seele. Deshalb wirke sie wie ein Mann mit Frauenstimme.
All diese Gedanken hatte ihm die brütende Julihitze aus dem Gedächtnis gewischt. Er dachte an nichts als den Tod. Im Gefolge der voluminösen Gestalt fühlte er sich wie ein Kind im Schatten seiner Mutter.
An der Haustür angekommen, drehte sich die Nonne um und machte ihm mit den Brauen ein Zeichen, dass er vorangehen solle. Jûsuf sprang die fünf Steinstufen hinauf, rannte durch den Garten, öffnete die Haustür und winkte die Nonne herein. Kaum hatte Schwester Mîlâna das gelbe Zimmer betreten, breitete sich ihr Schatten aus. Nadra setzte wie immer, wenn sich ihr die Gelegenheit bot, zu einer Schimpftirade an.
»Wo ist der Arzt? Wo bleibt dieser Huren…«, fluchte sie, kam aber nicht weiter. Vielleicht, weil die Worte im Schwarz der Nonnenkutte erstarben, noch ehe sie in den Raum geschleudert wurden.
Wie weggewischt war das Gelb auf einmal. Es war, als sei die Sonne erloschen. Vom strahlenden Schwarz der Nonnenkutte berührt, entkrampfte sich Saada augenblicklich.
»Sehen Sie, Schwester! Die Farbe! Sie ist ganz grün. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wir müssen einen Arzt holen!«
»Wozu einen Arzt?«
»Aber das Grün!«
»Was für ein Grün? Da ist kein Grün!«
Das Grün war von Saadas Körper gewichen. Stattdessen zeigte sich ein bläulicher Schimmer auf ihrer Haut, der aber schnell
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