Als Spiel fing es an
so, dachte Daisy und rief sich einmal mehr ins Gedächtnis, wie unanständig reich Ethan Cartwright war. Er und seine Freunde spielten vermutlich Poker um so hohe Einsätze, wie sie es sich niemals würde leisten können. In ihrer Familie spielte man mit Plastikchips und überhaupt nicht um Geld.
„Auf der anderen Seite der Eingangshalle …“, Ethan ging voraus und öffnete die Tür, „befindet sich der ehemalige Ballsaal.“
Daisy staunte über den unglaublich prächtigen Kristallkronleuchter, der in der Mitte eines riesigen Saales hing, der augenscheinlich die gesamte Länge des Hauses einnahm.
„Der wird heute noch abgenommen“, erklärte Ethan, als er ihren Blick bemerkte.
„Sie wollen ihn loswerden?“, fragte sie ungläubig.
„Er wird verkauft, denn er ist viel zu wertvoll, um ihn wegzuwerfen. Ich habe mir sagen lassen, dass er von der Pariser Weltausstellung von 1878 stammt. Eine Spezialfirma kommt, um ihn abzunehmen. Bitte sorgen Sie dafür, dass sie den Boden ausreichend abdecken, denn ich möchte nicht, dass das Parkett beschädigt wird.“
„Ja, natürlich.“ Versonnen betrachtete Daisy den polierten Holzboden, der geradezu zum Tanzen einlud. „Sie haben doch nicht vor, hier Bälle zu veranstalten?“
Er lachte. „Ich glaube, dass die Zeiten wirklich der Vergangenheit angehören. Ich werde hier im vorderen Teil des Saales einen Billardtisch aufstellen mit der dazugehörigen Beleuchtung darüber. Den hinteren Teil lasse ich zu einem Heimkino ausbauen mit TV- und Musikanlage und gemütlichen Sofalandschaften.“
Daisy seufzte. „Es ist eigentlich eine Schande. Aber Sie haben natürlich recht. Und wenn Sie hier Partys geben, wird der schöne Boden ja auch noch zum Tanzen genutzt.“
„Mm. Tanzen Sie gern?“
„Ich liebe es! Es muss wundervoll gewesen sein, in diesem schönen Saal Walzer zu tanzen.“
Ethans grüne Augen funkelten unternehmungslustig. „Ich könnte Sie ja jetzt ein bisschen herumschwenken, bevor der Kronleuchter abgenommen wird. Sie schließen einfach die Augen und versetzen sich zurück in Königin Victorias Zeit.“
Daisy durchzuckte es heiß bei der Vorstellung, dass Ethan sie in die Arme nehmen und fest an sich pressen würde, um mit ihr über die Tanzfläche zu schweben. Energisch rief sie sich zur Ordnung. Sie musste die schreckliche Anziehung, die Ethan auf sie ausübte, streng unterbinden, wenn sie nicht wollte, dass die Sache mit diesem Job den Bach hinunterging. Dazu war es unabdinglich, dass jeder von ihnen da blieb, wo er hingehörte.
Deshalb warf sie Ethan einen strengen Blick zu, der alle unangebrachte Vertraulichkeit zwischen ihnen im Keim ersticken sollte. „Ich glaube nicht, dass hier der Hausherr jemals mit seinen Angestellten getanzt hat“, sagte sie mit Nachdruck. „Und ich halte das auch heute noch für ein sehr gutes Prinzip.“
Ethan lächelte unwillkürlich. Daisy Donohue war wirklich unbezahlbar. Wie sie ihre Grenzen zog und ihn warnte, sie nur ja nicht zu übertreten, und damit seinen Ehrgeiz nur noch mehr herausforderte … Die Vorfreude, die ihn während der Wartezeit auf dieses Wiedersehen belebt hatte, ließ keineswegs nach. Im Gegenteil, er fand Daisy immer interessanter. Es würde ein herrliches Spiel werden, sie für das zu gewinnen, was er wollte.
„Ich glaube, ich werde mich hier erst als Hausherr fühlen, wenn der Umbau abgeschlossen ist“, sagte er und bedeutete ihr lächelnd, ihm auf dem weiteren Rundgang zu folgen.
Ihn plagten keine Gewissensbisse, dass er die Tatsache ausnutzte, dass Daisy jetzt für ihn arbeitete. Dies war eine reine Übergangslösung für sie und keine ernst zu nehmende berufliche Karriere, bei der man das Geschäftliche nicht mit dem Vergnügen vermischen sollte. Es war für sie beide eine Art Ausnahmesituation … Er nahm sich eine Auszeit von seinem üblichen Gesellschaftsleben, das Serena ihm versalzen hatte. Und Daisy erhielt eine Verschnaufpause von einem Job, den sie gehasst haben musste. Warum sollten sie nicht miteinander Spaß haben?
Ethan führte Daisy jetzt in einen Teil des Hauses, der zu einer modernen Küche samt großzügigem Essbereich umgebaut worden war und einen malerischen Blick auf den Hafen hatte. „Die Küche habe ich selbst entworfen und zuerst einbauen lassen, damit ich hier einziehen konnte“, erklärte er.
„Sie wohnen schon hier?“, fragte Daisy verblüfft.
„Ja. Zwar kann ich tagsüber nicht da sein, aber ich möchte mir ein Bild von den täglichen Fortschritten
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