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Als wir Roemer waren

Als wir Roemer waren

Titel: Als wir Roemer waren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Kneale
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gegangen, und Mum hat gesagt, »das tut mir alles so leid, Martha, wirklich, sonst ist er nie so«, aber Martha war noch sauer, sie hat gesagt, »ein solches Benehmen können wir nicht gebrauchen, wir sind Künstler, wir brauchen unsere Ruhe, unseren Frieden.« Jemima hat versucht, ein bisschen aufzuräumen, ich hab gehört, wie sie gesagt hat »wo kommt das hier hin?«, aber ich dachte, »schöne Hilfe.« Dann hab ich Gus gehört, aber er war gar nicht wütend, er hat Witze gemacht und gesagt, »mein Zimmer sah schon immer aus wie ein Saustall, ich kann keinen großen Unterschied feststellen«, und ich dachte, »warum bist du nicht sauer, los, sei jetzt sauer, ich kann dich nicht leiden, Gus.«
    Danach sind sie alle rauf in Freddys Zimmer gegangen,
und ich konnte sie nicht mehr so gut hören, weil es oben war, aber verstanden hab ich sie trotzdem noch, Mum hat geschrien und gesagt, »o Gott, ich fass es nicht.« Was Freddy gesagt hat, konnte ich nicht hören, aber seine Stimme klang gar nicht sauer, eher so, wie wenn er zu Mum sagt, »sei nicht zu wütend auf ihn«, und ich dachte, »danke, Weihnachtsbär.«
    Dann ist was Seltsames passiert. Es war, wie wenn meine Stinkwut langsam weggeht. Wie wenn man in der Badewanne ist und das ganze Wasser rausgelassen hat, und plötzlich sitzt man da und friert. Ich dachte, »bald muss bestimmt einer aufs Klo, aber ich will keinen sehen, ich will die Tür nicht aufmachen, ich sitze hier fest«, ich dachte, »au nein, was soll ich machen?« Aber sie waren immer noch oben und haben geredet, sie kamen noch nicht wieder runter, und da hab ich mir gedacht, »ich gehe jetzt einfach.« Ich hab die Tür aufgemacht und bin ganz vorsichtig nach oben gelaufen, ganz leise. Aus Freddys Tür guckte der Fuß von Gus raus und ein Stück von seinem Bein, aber es hat sich nicht bewegt, er hat sich nicht umgedreht, und ich bin ganz schnell in unser Zimmer. Ich hab total leise die Tür zugemacht, meinen Schlafanzug angezogen und mich ins Bett gelegt, dann hab ich die Augen zugemacht, wie wenn ich schon seit Stunden schlafe.
    Irgendwann ist die Tür aufgegangen, und Jemima hat gesagt, »guck mal, Mum, Lawrence ist hier«, und ich dachte, »au nein, jetzt schimpft Mum mich aus, jetzt wirds übel«, aber sie hat mich nicht ausgeschimpft, sie hat gar nichts gesagt, und ich dachte, »das ist komisch.« Ich hab mich überhaupt nicht bewegt, wie sie reingekommen sind, und dann hat Mum das Licht ausgemacht. Jemima ist ganz schnell eingeschlafen, wie immer, aber grade wie ich dachte, »hurra hurra, ich habs geschafft«, hat Mum geflüstert, »Lawrence, ich weiß, dass du wach bist«, und ich dachte,
»o nein, jetzt gehts los.« Ich dachte, »jetzt staucht sie mich zusammen«, aber sie hat mich nicht zusammengestaucht, was seltsam war. Ihre Stimme klang nicht sauer oder traurig oder nett oder sonst was, sie klang einfach bloß nach nichts, wie wenn sie sagt, »ach, wir müssen noch Milch einkaufen«, oder, »was möchtest du zum Frühstück?« Aber es war komisch, denn eigentlich war das noch schlimmer, dass sie nicht sauer war, ich dachte, »kannst du mich nicht einfach anschreien?« Ich dachte, »jetzt hasst du mich richtig.«
    Mum hat gesagt, »es tut mir leid, was bei Klaudio passiert ist, Lawrence«, aber sie klang nicht so, wie wenn es ihr leidtut, sie klang so, wie wenn ich jetzt ihr Feind bin. Ich dachte, »jetzt werd ich wieder sauer, jetzt bin ich wieder an der Reihe«, aber es hat nicht funktioniert, ich dachte bloß, »das ist furchtbar, alle hassen mich, Jemima bestimmt auch, bloß schläft sie jetzt.« Mum hat ganz lange nichts gesagt, und ich dachte schon, »ist sie etwa auch eingeschlafen?«, aber dann hat sie gesagt, »ich muss dir etwas erzählen, Lawrence. Als ich vor vielen Jahren hier gelebt habe, waren Klaudio und ich sehr eng befreundet. Ich kannte deinen Vater noch nicht, und er kannte Tschintzia noch nicht. Er wollte sogar, dass wir heiraten, aber ich wollte nicht, und das hat ihn sehr traurig gemacht.« Ich dachte, »gut so«, ich dachte, »lass ja meine Mum in Ruhe, Klaudio von früher bevor ich auf der Welt war, hau ab und sei traurig.« Mum sagte, »aber ich wusste nicht, dass er mich immer noch so gernhat. Wie du uns gesehen hast, wollte ich ihm nur sagen, nein, Klaudio, das ist unmöglich.« Ich dachte, »stimmt doch gar nicht, Mum. Mum, das ist total gelogen«, und fast hätte ich angefangen zu heulen, ich hab gesagt, »aber du hast ihm die Finger auf die Ohren getan, ich

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