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Als würde ich fliegen

Als würde ich fliegen

Titel: Als würde ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Evans
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furchtbar pingelig sein, wenn das hier Formen annehmen soll. Verdirb es dir doch nicht selbst. Habe ich schon erwähnt, dass ich Dempseys Lieblingsnichte bin?«
    »Nein. Du hast gesagt, dass Dempsey die Kirche gefallen würde. Du hast gesagt, dass er davon geträumt hätte, Priester zu werden.«
    »Richtig. Ich habe gesagt, dass sie ihm gefallen würde – dass er sie kaufen würde, habe ich nicht gesagt. Das muss er selbst entscheiden, wenn er denn herkommt.«
    Sie schlug die Beine in seine Richtung übereinander und fuhr ihm mit der Hand über den Hinterkopf, wie bei einer Katze, ihr Gesicht sehr nahe bei seinem.
    »Mach langsam«, sagte er schwach.
    »Darling, langsamer geht es kaum. Ich hoffe so sehr, du wirst hier nicht rausgeworfen. Das wäre echt eine Schande, wie du selbst sagst.«
    Sie zündete ihre Zigarette an, die Hand nun fest auf sein Bein gedrückt. »Ich glaube, der Gestank kommt von den Sofas«, sagte sie, als sie den Rauch ausstieß. »Leder altert schlecht. Ich mag es sowieso nicht.«
    Ihr Schlafzimmer also. Es beherbergte eine Büste der Freya (einer Liebesgöttin, so Audrey) und einen großen, aufwendig gerahmten Spiegel, dessen Messingwirbel und -schnörkel sich bei näherer Betrachtung als winzige Fische und Seepferdchen erwiesen, die ihre Köpfe zum Glas hin neigten. Er wich seinem Bild darin aus. Nicht so Audrey. Kleider standen ihr besser als Nacktheit. Wäre ihr Haar nicht, so stellte er fest, sähe sie ziemlich durchschnittlich aus.
    Einmal in der Woche ging er dorthin, er blieb nie über Nacht, denn er wollte dringend nach Hause. Bei Carla fand er zu sich selbst zurück, obwohl er ungewohnt scheu mit ihr war. Sie liebten sich selten in jener Zeit, und wenn, konnte er ihr dabei kaum in die Augen sehen. Audrey gab ständig Partys, die Einladungen lehnte er ab. Manchmal kamen, wenn er dort war, die Gwens und Harveys vorbei und nahmen ein Näschen im Wohnzimmer. Nach etwa drei oder vier Monaten gingen sie gelegentlich, er widerwillig, sie versprach Diskretion, in einen von Dempseys Clubs, tranken Cocktails und sahen den Stripteasetänzern zu. Einmal beugte sich Audrey zu ihm und sagte betrunken: »Das wär doch auch etwas für dich, mit deinem Körper.«
    »Warum zur Hölle sollte ich so was tun?«
    Die Affäre ging ihren unbestimmten Gang. Er betrachtete Audrey irgendwann nur noch als gewaltige Unannehmlichkeit, die der Beruf mit sich brachte, doch er war sich auch der Tatsache bewusst, dass er sich nur in dieser Lage befand, weil er zu schwach, fragwürdig, blöde, feige, verzweifelt und billig war, um sich daraus zu befreien. Wenn er wütend auf sie war, sagte sie bloß: »Aber Darling, was würde Dempsey wohl sagen?«, und dann erinnerte er sie mit immer größerem Nachdruck daran, dass sich ihr Onkel die Kirche noch immer nicht angesehen hatte. »Er hat im Moment so viel zu tun«, erwiderte sie. »Sobald er einen Augenblick Zeit hat.« Das einzig Gute, was in seinem Leben geschah, war, dass ein weiterer Auftritt nahte, an zwei Abenden, wieder im Ledbury, im März ’73. Er stürzte sich in die Vorbereitungen, überarbeitete die Ballette und initiierte mit Simones Hilfe eine große Werbekampagne. Er und Simone waren nun die einzigen Tänzer – die Zwillinge hatten das Interesse verloren –, und daher verkauften sie sich als Duo. Die beiden Stars des Midnight Ballet kehrten an das Theater zurück, an dem ihr Stern einst aufgegangen war.
    Als der Sommer in den Herbst überging und Antoney nur noch arbeitete, beschlich Carla immer stärker die Vermutung, dass er eine Affäre hatte, und zwar mit Simone. Sie konnten in der vielen Zeit nicht bloß proben, und als sie ihrer Freundin zufällig auf der Straße begegnete, glaubte Carla, in Simones Benehmen etwas Verräterisches zu sehen, etwas Selbstgefälliges. Ging das womöglich schon seit Paris so? Sie konfrontierte Antoney nicht mit ihrem Verdacht, sondern beobachtete und wartete ab.
    Als sie an einem Dezembernachmittag mit ihrer Mutter durch Holland Park spazieren ging, fragte sie: »Mum, warst du dir bei Dad eigentlich immer sicher?«
    »Wobei sicher?«, fragte Toreth. Sie schob den Kinderwagen, nachdem sie ihn, wie immer, von Carla erst einmal loseisen musste. Denise war beschäftigt. Sie versuchte, drei benutzte Make-up-Schwämmchen in einen Beutel zu stecken, und hatte Mühe mit der Kordel. Sie näherten sich dem Blumengarten.
    »Warst du dir immer sicher, dass er dich geliebt hat?«
    Toreth sagte, nein, anfangs gar nicht. »Es hat

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