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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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kein Tier
gegessen
, das überfahren wurde, wenn du das meinst. Vergiss es, Hannah, bitte. Soll ich wieder fahren?«
    »Ist vielleicht besser.«
    »Es ist echt kein Drama. Dieses kleine Wesen hatte bestimmt ein tolles Leben, und jetzt landet es im Paradies.«
    |277| Sie schweigen eine Weile –
Verzeih mir, ’Possum,
denkt Hannah –, bis Allison sagt: »Weißt du, woran ich eben im Halbschlaf gedacht habe? Erinnerst du dich an das mexikanische Restaurant, wo wir uns immer diesen Schichtsalat besorgt haben? Mom holte uns immer zwei Portionen, wenn sie mit Dad zum Dinner eingeladen war oder sonst wie ausging. Salat konnte man das eigentlich nicht nennen – Saure Sahne auf Käse auf Rindfleisch auf Guacamole.«
    Hannah wirft ein: »O ja, der schmeckte toll.« Gleichzeitig sagt Allison: »Schon seltsam, wie ungesund wir als Kinder gegessen haben.«
    »Kopfsalat war auch dabei«, sagt Hannah.
    »Kaum. Und das Rindfleisch war grausig. Unfassbar, dass ich jemals Fleisch gegessen habe.« Allison und Sam essen inzwischen fast ausschließlich Bio-Lebensmittel, und plötzlich begreift Hannah, was Allison eigentlich gemeint hatte: War es nicht ein Wunder, dass sie sich als Erwachsene so weise und naturnah verhielt, nachdem sie als Kind lauter Pestizide und gesättigte Fettsäuren hatte zu sich nehmen müssen? Das Angebot an Bio-Produkten war um einiges breiter, als Hannah gedacht hätte, wie sie in Allisons und Sams Wohnung feststellte: Ketchup war darunter, auch Spaghetti.
    »Eins hast du aber wahnsinnig gern gegessen«, sagt Hannah. »Diese saufette Pizza im Laden an der Lancaster Avenue, weißt du noch?«
    »O ja, das war der beste Pizzaladen. Und von den Grissinis konnte ich nie genug kriegen – die waren irgendwie schick.«
    »Weil man sie in Sauce tunkt«, erwidert Hannah. »Mom hatte uns von Fondue erzählt, weißt du noch? Und wir stellten uns vor, dass wir in einem Pariser Bistro sitzen. Warum warst du vorhin eigentlich so schlecht drauf?«
    |278| »Wann war ich schlecht drauf?«
    »Du meinst, von den letzten fünf Stunden abgesehen?«
    »Komm schon, Hannah, das mit dem Krankenhaus hättest du auch früher klären können.«
    Aus Allisons Ton hört Hannah wieder diese Gereiztheit heraus. Sie hätte das Thema nicht ansprechen dürfen, vor allem nicht, wenn es ihr gelungen war, Allison vom Irrweg bewusster Ernährung auf den Traumpfad kindlicher Kohlenhydratexzesse zurückzubringen. »Hast du denn keinen Mordshunger?«, fragt Hannah. »Du hast den ganzen Tag nichts gegessen.«
    »Ich hatte keinen richtigen Hunger«, antwortet Allison. Zum ersten Mal fällt Hannah ein, dass ihre Schwester etwas bedrücken könnte, das mit Hannah nichts zu tun hat, dass hinter Allisons mieser Stimmung mehr stecken könnte als schwesterlicher Unmut. In Krisensituationen verliert Allison jeden Appetit – für Hannah unvorstellbar.
    Hannah überlegt, ob sie
Was ist los?
fragen soll. Stattdessen sagt sie: »Es ist noch ein bisschen Popcorn übrig.« Sie zeigt auf den Platz zwischen ihnen beiden.
    »Ich hab wirklich keinen Hunger. Bald ist es sowieso Zeit zum Abendessen, dann machen wir eine Pause.« Wieder gähnt Allison. »Hat dir schon mal einer gesagt, dass du dich wie eine greise Lady ans Steuer klammerst?«
    »Du hast es gerade gesagt.«
    »Ist auch so. Ich sollte dich Else nennen. Oder Grete. Ja, Grete würde richtig gut zu dir passen.«
    Hannah wirft einen Blick zur Seite. »Bist du beleidigt, wenn ich sage, dass du mir schlafend besser gefallen hast?«
     
    Die Nacht verbringen sie in einem Motel außerhalb Buffalos, die Kosten für diesen Spaß übernimmt Hannah, falls man bei einem Days Inn im Westen New Yorks überhaupt von Spaß sprechen kann. Als sie vor dem Schlafengehen |279| noch ein bisschen fernsehen, klingelt Allisons Handy. Sam ist dran. Offenbar hält er den Hörer zunächst aber an Isabels Ohr.
    »Mommy vermisst dich ganz doll, Izzylein«, sagt Allison. »Mommy kann es
gar nicht
erwarten, dich endlich wiederzusehen.«
    Hannah fällt wieder einmal auf, mit welcher Hingabe und Selbstlosigkeit Allison ihre Tochter liebt. Natürlich ist sie eine gute Mutter, aber sie hat auch Glück. Hat Allison jemals darauf warten müssen, dass einer ihrer Wünsche in Erfüllung geht? Erst hat sie geheiratet, dann hat sie das Kind bekommen – lauter Beweise dafür, dass Allison geliebt wird, dass in ihrem Leben alles wie am Schnürchen läuft. Was immer Allison sich wünscht, ist normal und angemessen.
    Nachdem sie Isabel gute Nacht

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