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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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Schwester um. »Übrigens«, sagt sie, »es war Eleanor Roosevelt.«
     
    |285| Und so verbringen Hannah und Allison eine weitere Nacht in einem Motel. Sie checken noch vor fünf ein; der Mann, der den LKW abgeschleppt hat, setzt sie dort ab. In der Werkstatt hieß es, dass er bis morgen Mittag wieder fahrtüchtig ist; das bedeutet, dass sie dann sofort zum Flughafen fahren müssen, damit Allison ihren Flug vielleicht doch noch kriegt. Danach wird Hannah allein in die Stadt fahren, sich durch den furchterregenden Chicagoer Verkehr kämpfen, um Henry abzuholen und mit ihm den LKW auszuladen, und dann wird sie den LKW wohl allein zurückgeben. Jetzt, da es nicht mehr möglich ist, begreift Hannah erst, wie gern sie Allison dabeihaben wollte, wenn sie Henry begrüßt, wenn sie ganz offiziell in seine Stadt gezogen ist. Bei Fig hat sie dieses Gefühl nie, weil Fig und Hannah sich kein bisschen ähnlich sehen, aber wenn Hannah und Allison gemeinsam auftreten, kommt es Hannah manchmal so vor, als würde Allisons Schönheit ein wenig auf sie abfärben. Als sie auf die Pannenhilfe warteten, waren zwei Autos rechts rangefahren; beide Fahrer, die ihnen Hilfe anboten, waren männlich, und Hannah fragte sich, ob sie wohl auch angehalten hätten, wenn ihre Schwester nicht dabei gewesen wäre.
    Jetzt sind sie in der Stadt Carlton. Das einstöckige Motel ist ein Familienbetrieb, die Parkplätze liegen jeweils vor den Zimmern. Auf einer Seite des Gebäudes stehen ärmliche Häuser, auf der anderen sind Wälder, die in einem satten Grün leuchten, weil es in letzter Zeit wohl viel geregnet hat. Die Frau, die ihnen die Schlüssel aushändigt, erklärt ihnen, dass die nächstgelegenen Geschäfte und Restaurants sich etwa eineinhalb Kilometer hinter dem Wald befinden; an der Straße gebe es keinen Fußgängerweg. Kaum haben Allison und Hannah die Taschen abgestellt, verkündet Allison, sie wolle joggen gehen. Nach fast einer Stunde kehrt sie mit geröteten Wangen und schweißüberströmtem Gesicht |286| zurück. Inzwischen ist Hannah bei der zweiten Talkshow angelangt. Als Allison geduscht hat, verlässt sie das Zimmer erneut und kommt mit einem Päckchen Chips aus dem Automaten wieder; Hannah bietet sie keine Chips an. Sie legt sich auf das andere Bett und liest ein Buch zum Thema, wie man Kinder zur Selbstachtung erzieht.
    Wenn sie und ihre Schwester sich nicht gerade so hassen würden, denkt Hannah, wäre es eigentlich spaßig, derart gestrandet zu sein – so dem Zufall überlassen zu sein, selbst wenn man sich ärgert. Allisons Verhalten strengt Hannah aber so sehr an, dass sie ihrer Schwester am liebsten sagen würde, sie solle einfach gleich mit dem Bus zum Flughafen fahren. Soll sie doch, Hannah hätte absolut nichts dagegen. Aber sie sagt nichts. Gegen sechs gibt es ein kurzes Gewitter; als es zu regnen aufhört, sagt Hannah: »Wie sollen wir es mit dem Abendessen halten?«
    »Ich mag heute nichts mehr. Die Chips haben gereicht.«
    Meint sie das ernst? Hannah hatte gehofft, dass dieses Abendessen dem Tag wieder etwas Sinn und Form verleihen würde. »Hast du Lust, mit mir loszuziehen?«
    »Nein danke.«
    Da beschließt Hannah, chinesisches Essen zu bestellen – eine doppelte Genugtuung, weil es Allison nerven und Hannah froh machen wird. Sie zieht das Telefonbuch aus einer Schublade und bestellt drei Gerichte (Kung-Pao-Schrimps, Szechuaner Grüne Bohnen und Auberginen in scharfer Knoblauchsauce) sowie eine Portion Wan-Tan-Suppe und zwei Frühlingsrollen. Als sie den Hörer auflegt, sagt Allison: »Das alles wirst du schon allein bewältigen müssen, denn ich will garantiert nichts.«
    »Mal sehen«, sagt Hannah. »Ich wusste noch nicht genau, worauf ich Lust habe.«
    »Das ganze Zimmer wird danach stinken.«
    »Ich mag den Geruch chinesischer Küche.«
    |287| »Den Geschmack scheinst du auch nicht zu verachten.«
    »Oh, das ist mir jetzt aber peinlich, dass ich täglich drei Mahlzeiten zu mir nehme. Da hast du mich echt drangekriegt. Mann, wie ich mich schäme.«
    Allison sagt: »Andere würden vielleicht meinen, dass du mich etwas freundlicher behandeln könntest, wenn ich schon mein Baby allein lasse, um dir einen Gefallen zu tun und diesen LKW quer durch das ganze Land zu kutschieren.«
    Es dauert, bis das Essen kommt, fast eine Stunde. Doch dann klopft es an ihrer Tür, und ein Asiat mittleren Alters, in einem kurzärmligen Hemd, überreicht Hannah die Tüten. Sie stellt alle Pappbehälter auf den Schreibtisch. Wenn sie

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