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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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auch zurückweisen, aber dann aus dem einfachen Grund, dass er meinen Kuss nicht erwidern wollte, was viel klarer ist als alles, was in Worte gefasst werden kann.
    Henry blieb zunächst stumm, mir kam dieser Moment endlos vor, der immer noch diese zwei Möglichkeiten barg, bis er schließlich sagte: »Das Gefühl habe ich manchmal auch.« Und auch wenn es eine Art Bestätigung war, erkannte ich sofort, dass die folgende Unterhaltung mich unglücklich machen würde. Es würde helle Momente geben, keine Frage, aber eingefangen in einem Netz aus Traurigkeit. Er verstummte wieder für eine ganze Weile, dann sagte er: »Du weißt gar nicht, wie viel du mir bedeutest.« Kurz dachte ich, dass er weinen würde.
    »Henry, du bedeutest mir auch sehr viel.«
    »Aber Dana ist eben auch eine tolle Frau«, sagte er. »Und ich bin mit ihr zusammen.«
    »Ich will dir nur eins sagen«, erwiderte ich. »Es fing im College an und hat seither nicht mehr aufgehört.«
    Henry blinzelte. »Seit dem College?«
    »Das musst du doch gemerkt haben?«
    »Ich weiß nicht. Manchmal …« Er schüttelte den Kopf, seufzte. »Das ist ziemlich verzwickt.«
    Rückblickend denke ich,
Nein, ist es nicht.
Ich denke auch:
Nein, Dana ist keineswegs eine tolle Frau.
Damals |301| war ich aber noch bereit, Henrys Worten Glauben zu schenken.
    Henry sagte: »Als ich noch in Seoul lebte, habe ich wirklich gehofft, dass du mich besuchst. Weißt du noch?«
    Ich nickte.
    »Damals war ich irgendwie in dich verknallt. Und als du mir mailtest, dass du einen Freund hast, war ich eifersüchtig.« Er lächelte etwas spöttisch, während mein Herz Funken schlug – er war in mich verknallt gewesen! –, und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ich danach mindestens hundertmal über den Fehler von damals nachgedacht habe – ich hätte ihn besuchen müssen. Erst seit meinem Umzug nach New Mexico ist mir klargeworden, dass es niemals auf die eine Sache ankommt, die du getan oder gelassen, gesagt oder nicht gesagt hast. Selbst wenn man es sich gern einzureden versucht.
    »Kannst du dir jetzt vorstellen, dass wir beide ein Paar werden?«, fragte ich ihn.
    »Sicher.« Wieder dauerte es Ewigkeiten, bis er weitersprach. Diesmal klang er traurig: »Mir scheint, ich mache alles kaputt.«
    »Nein«, sagte ich. »Wenn, dann ist es meine Schuld, weil ich es von mir aus angesprochen habe.«
    »Jetzt wird es richtig seltsam werden. Aber
so was
von seltsam.« Er grinste. Wir hörten den Song noch zu Ende – »Mansion on the Hill« –, und dann sagte er: »Es ist spät. Bleib doch einfach hier, du kannst mein Bett haben, und ich schlafe auf dem Sofa.«
    Als er mich in sein Zimmer geleitet hatte, blieben wir beide im Türrahmen stehen. Er legte mir die Hand auf die Schulter und sagte: »Das heißt nicht, dass ich mich nicht zu dir hingezogen fühle, denn das Gegenteil ist der Fall.« Und das hat mich vermutlich am meisten verletzt. Es hörte sich an wie:
Nimm es dir nicht so zu Herzen, kleine
|302|
Schwester.
Inzwischen erkenne ich, dass er mir Anknüpfungspunkte bot, allerdings unter der Maßgabe, dass ich die Initiative ergreife. Ich sollte schuld sein, zumindest mehr als er. Damals begriff ich aber nicht, dass das eine Bedingung war, oder ich begriff es nur halb – unterbewusst vielleicht, und ich traute mich nicht, ich wollte auch nicht, dass es auf eine solche Weise passierte, solange er noch mit einer anderen Frau zusammen war. Ich lächelte tapfer und sagte: »Danke, dass ich hier schlafen darf, Henry.« Wir sahen uns an, dann sagte er: »Schlaf tief und fest, Gavener.« Dass er mich beim Nachnamen nannte, tat mir damals auch weh.
    Wie es weiterging, werden Sie sich denken können. Es lief immer wieder nach dem gleichen Muster ab, so dass selbst die Kenntnis eines kleinen Ausschnitts genügt, um sich das Ganze vorzustellen. Diese Nacht hielt ich fälschlicherweise für einen Wendepunkt, ich dachte, wir stünden kurz davor, eine Beziehung einzugehen, ich dachte, dieses Gespräch wäre einmalig gewesen und völlig aus dem Rahmen gefallen, doch dann führten wir es wieder und wieder, mit jedem Mal verblasste die Möglichkeit gegenseitiger Anziehung etwas mehr, dafür schien ich ihn umso stärker mit der Tatsache meiner unerwiderten Liebe zu konfrontieren – und ihn an meine ständige Verfügbarkeit zu erinnern, sollte er jemals davon Gebrauch machen wollen. Er hingegen erinnerte mich daran, wie sehr er mich
schätzte
, wie gut ich ihn verstand. Falls die Diskussion mal

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