Also lieb ich ihn - Roman
Zufall.«
»Hannah, du bist nicht ganz dicht. Noch nie habe ich so einen Blödsinn gehört. Und wenn ein Mädchen durch diese Tür gekommen wäre – hättest du dich verpflichtet gefühlt, das Mädchen zu heiraten?«
»Na ja, ich werd schon gedacht haben, den nächsten
Typen
, der reinkommt.«
»Und es sind noch Typen reingekommen. Oder nicht?«
»Ja schon, aber nicht als ich …«
»Wenn du nicht heiraten willst, ist das okay. Aber du kannst dir doch nicht aufgrund solcher Hirngespinste einreden, es sei vorherbestimmt.«
»Hast du so was nicht auch mal gemacht? ›Wenn ich auf die Sekunde genau pünktlich aufwache, bestehe ich die Prüfung mit Eins‹?«
»›Wenn ich einen Penny finde, bringt er mir Glück‹?«
»Doch nicht dieser allgemeine Aberglaube«, sagt Hannah. »Sondern etwas, das du selbst erfunden hast und das trotzdem eine Wahrheit enthält. So dass du dich kaum entsinnen kannst, es wirklich erfunden zu haben.«
»›Wenn eine Schneeflocke in mein linkes Ohr fällt, gewinne ich im Lotto.‹«
»Egal«, sagt sie. Seinetwegen gibt sie vor zu schmollen.
»›Wenn ich auf der Straße eine Giraffe treffe, wächst mir eine dritte Brustwarze‹«, sagt er.
»Sehr witzig.«
»›Wenn ich gleichzeitig furze und niese …‹«
»Ich erzähle dir nie wieder was. Im Ernst.«
»Wieso?« Henry grinst. »Hab ich etwa deine Gefühle verletzt?« Mit dem Daumen und Mittelfinger seiner rechten |98| Hand schnippt er gegen Hannahs Kopf. Sie verspürt einen leichten Schwindel, zunächst einmal, weil er sie einfach so berührt hat. Und weil sie sich jetzt nicht mehr vorwerfen muss, ihm einen Schlag auf den Arm versetzt zu haben. Betrachtete man ihre Begegnung rein rechnerisch, war sie bisher im Rückstand gewesen, aber jetzt ist es ausgeglichen. Dann sagt er: »Ich wette, du glaubst auch noch an Liebe auf den ersten Blick«, und auf einmal wird ihr Herz warm und wachsweich. Denn nun flirtet er doch
definitiv
mit ihr?
Ihre Stimme klingt erstaunlich normal, als Hannah antwortet: »Warum – du etwa nicht?«
»Ich glaube an Anziehung auf den ersten Blick«, sagt Henry, und auch seine Stimme klingt normal, ohne diesen belustigten Unterton. »Es ist nicht ausgeschlossen, dass man sich später ineinander verliebt, wenn man sich näher kennenlernt. Wahrscheinlich glaube ich einfach an Chemie auf den ersten Blick.«
Für Hannah ist es wie auf einem Schwebebalken – fällt ihre Antwort zu verkitscht oder im Gegenteil zu sachlich aus, kann sie das Gleichgewicht nicht halten. Wenn sie aber die richtige Antwort gibt, wird sich Henry vielleicht in sie verlieben. (Aber nein, natürlich wird er sich nicht in sie verlieben! Er ist Figs Ex-Freund. Und wenn ein Typ sich auf Fig einlässt … Und natürlich flirtet er auch nicht mit Hannah; ein Gespräch über romantische Themen bedeutet doch nicht, dass sich die Romantik zwangsläufig auf die Gesprächspartner überträgt? Wenn sich Henry auch nur im Entferntesten zu Hannah hingezogen fühlte, wäre das Ganze dann nicht viel zu offensichtlich?) »Ich weiß nicht, woran ich glaube«, sagt sie.
Henry schüttelt den Kopf. »Mach keinen Rückzieher.«
»Okay, dann glaube ich wohl eher nicht an Liebe auf den ersten Blick. Bist du jetzt enttäuscht?«
|99| »Und was ist mit dem Typen, der als nächster durch die Hörsaaltür kommen sollte?«
»Wir hätten uns nicht gleich am ersten Tag ineinander verliebt. Das wäre nur eine Art Probelauf gewesen. Vielleicht hätten wir in dieser Vorlesung nicht einmal ein Wort miteinander gewechselt, auch nicht in diesem Jahr, aber dann hätten wir im Jahr darauf wieder eine gemeinsame Veranstaltung besucht – und da hätten wir uns richtig kennengelernt.«
»Das ist ja ein ziemlich ausgeklügelter Plan.«
»Na ja, das hatte ich mir gar nicht so zurechtgelegt. Das sage ich jetzt bloß, weil du mich gefragt hast.«
»Interessant«, sagt Henry. »Fig ist irgendwie verrückt, du bist irgendwie verrückt, aber ihr seid beide auf ganz unterschiedliche Weise verrückt.«
»Und auf welche Weise bist du verrückt?«
»Wie gesagt, ich bin der typische All-American-Superlangweiler. Auf der High School habe ich Baseball gespielt. Wir hatten einen Golden Retriever. Meine Eltern sind immer noch miteinander verheiratet.«
»Und jetzt wirst du auch noch Berater – ein Traumberuf für jeden Langweiler.«
»Touché«, sagt Henry, allerdings – sie sieht ihn aufmerksam an – mit einem Lächeln.
»Du hast mich doch gerade verrückt
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