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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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noch?«
    »Im Norden liegt die Zukunft.«
    »Missouri?«
    »›Oberstes Gebot ist das menschliche Wohlergehen‹. Einige wurden aus dem Lateinischen übernommen.«
    »Maryland?«
    »›Männlich handeln, weiblich reden.‹«
    »Das ist nie im Leben das Motto von Maryland«, sagt Hannah.
    »Was sonst?«
    »Was soll das überhaupt heißen: ›Männlich handeln, weiblich reden‹? Wann ist Handeln männlich und Reden weiblich?«
    »Ich würde sagen, Holzhacken ist männliches Handeln. Und Weiber reden … vielleicht über Wimperntusche? Oder Zierdeckchen? Übrigens, fahre ich richtig, wenn ich bis zur Sagamore Bridge auf der Drei bleibe?«
    Hannah hebt den Atlas vom Boden auf. »Sieht so aus, als würde die Drei danach zur Sechs, also die Mid-Cape-Autobahn. Bis dahin sind es noch etwa fünfzehn Kilometer.« |95| Sie schweigen eine Weile, und dann fragt Hannah: »Was macht dich eigentlich zu einem altmodischen Menschen?«
    »Ich meinte vor allem aus Figs Perspektive. Partys liegen mir nicht so. Als Single gehst du natürlich ständig aus, aber wenn du in einer Beziehung steckst … Manchmal wollte ich einfach zu Hause bleiben und mich entspannen. Deine Cousine will allerdings ihren Spaß. Und dazu viel Cuba Libre.«
    »Ihr habt doch nicht Schluss gemacht, weil sie gern auf Partys geht?«
    »Wir gehen in jeder Hinsicht unterschiedliche Wege. In ein paar Wochen mache ich meinen Abschluss, danach arbeite ich als Berater, das heißt, jeden Tag bis tief in die Nacht. Während Fig noch zwei Studienjahre vor sich hat. Ein sauberer Schnitt ist mir lieber, als mich ständig fragen zu müssen, was Fig als Nächstes einfällt.« Fig hatte ihn also betrogen. Etwas anderes konnte er nicht gemeint haben. »Es ist aber genau, wie du gesagt hast«, fährt er fort. »Man sollte Fig wegen ihrer guten Eigenschaften schätzen und sonst nicht allzu viel von ihr erwarten.«
    Hatte Hannah das wirklich gesagt? Sie kann sich jetzt kaum daran erinnern.
    »Mark Harris ist übrigens gar kein richtiger Prof«, fügt Henry hinzu. »Bloß so ein Depp von Aushilfsdozent, akademischer Nachwuchs, sein Thema ist Chaucer oder so was Literarisches –Typ
Hochsensibel
. Und er stellt Fig schon seit letztem Herbst nach.«
    »Ist er ihr Dozent?«
    »Nicht in diesem Semester. So oder so ist er der letzte Schleimscheißer. Wahrscheinlich trägt er einen Samtumhang.« Hannah lacht, Henry aber nicht. Er sagt: »Welcher Dozent kann sich schon ein Haus am Cape Cod leisten? Es gehört seinen Eltern, garantiert.« Er schüttelt den |96| Kopf. »Ehrlich gesagt, hätte ich nicht übel Lust, auf der Stelle umzukehren.«
    Hannah antwortet nicht gleich. Figs Anruf kam so unerwartet, dass der Situation von Anfang an eine gewisse Dramatik eigen war. Doch wer kann schon sagen, was wirklich los ist? Sie denkt an ihre Kindheit zurück, als Fig sie besuchte und sie gemeinsam malten oder Kekse backten, bis Fig plötzlich gehen wollte, ohne dass Hannah dafür einen Grund erkennen konnte. Das geschah manchmal auch mitten in der Nacht, so dass Hannahs Vater, der Fig ohnehin für ein verzogenes Gör hielt, ihr schließlich verbot, bei ihnen zu übernachten.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass Fig sich gerade in Nöten befindet, ist gering. Viel wahrscheinlicher ist, dass sie vom Dozenten die Nase voll hat – den sich Hannah jetzt aufgrund des Samtumhangs als Sir Walter Raleigh vorstellt. Wenn Hannah und Henry jetzt allerdings umkehrten, wäre ihre gemeinsame Zeit schneller vorbei. Und so denkt sie nicht in erster Linie an Fig, wenn sie sich dagegen ausspricht.
    »Wir sollten es lieber durchziehen«, sagt Hannah. »Soll ich dir was Komisches erzählen?«
    »Als Ablenkungsmanöver ist das nicht gerade subtil.«
    »Ich will dir doch nur was erzählen. Vor ein paar Tagen« – eigentlich hatte sie es gestern mit Dr. Lewin besprechen wollen, aber da war die Zeit schon um – »hatte ich eine Vorlesung in Politikwissenschaft. Ich saß ziemlich weit vorne und dachte,
den nächsten, der zur Tür hereinkommt, heirate ich
. Nur so ein Gedanke, der mir durch den Kopf schoss. Und dann ging die Tür auf und gleich wieder zu, ohne dass jemand hereinkam. Glaubst du, das bedeutet, ich werde für immer allein bleiben?«
    »Ist danach noch jemand reingekommen?«
    |97| »Ja. Aber es kam niemand, als ich diesen Gedanken hatte, und das war der entscheidende Moment.«
    »Das ist doch nicht dein Ernst?«
    »Ich sage ja nicht, dass ich voll und ganz davon überzeugt bin, aber es war trotzdem ein eigenartiger

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