Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
Vom Netzwerk:
würde. Es ist, als würden sie sich immer etwas zu sagen haben, und falls nicht, wäre auch das gut und kein bisschen beklemmend.
    Als Fig und Henry zum Auto zurückkommen, strahlen sie eine Verbundenheit aus, die für Dritte keinen Raum lässt; Henry bemüht sich, diese Aura zu durchbrechen, während Fig sich damit sichtlich wohl fühlt (als sie fünfzehn |110| waren, brachte Fig Hannah einmal dazu, mit ihr kilometerweit zum Haus eines Jungen zu laufen, mit dem Fig dann auf dem Dachboden verschwand, während Hannah in der Küche saß und wartete; peinlicherweise sah die Mutter des Jungen beim Heimkommen, wie Hannah eine Birne aus der Schale aß, die auf dem Küchentisch stand). Hannah sagt nichts, als Fig auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Henry versucht, mit Fragen auf Hannah einzugehen, als hätten sie nicht bereits zwei Stunden gemeinsam in diesem Auto verbracht: Bis wann geht ihr Semester? Was hat sie im Sommer vor?
    Ein paar Tage später schickt er ihr eine E-Mail.
Hey, Hannah
, heißt es da.
Hoffe, bei Dir ist alles in Ordnung. Deine Adresse habe ich auf der Tufts-Homepage gefunden.
(Das ist ihre liebste Stelle, die Vorstellung, wie er ihren Namen dort eingibt.)
War echt ein irrer Samstag, oder? Fig und ich haben noch Zeit zusammen verbracht, und es geht ihr gut. Dachte, das interessiert Dich vielleicht. Pass auf Dich auf, Henry. PS: Sicher komme ich Dir vor wie der letzte Heuchler. Ich kann mir gut vorstellen, wie Du mir deswegen in einem Gespräch zusetzen würdest.
    Hannah druckt die E-Mail aus, und selbst nachdem sie jedes Wort auswendig kann – der letzte Satz ist ihr zweitliebster –, liest sie manchmal den Ausdruck. Weil sie nicht unglücklich ist, dass Fig und Henry wieder zusammen sind – ausnahmsweise mal kann Dr. Lewin etwas nicht begreifen, sie begreift nicht, dass Hannah Henry nicht als Verkörperung ihres Ideals sieht, sondern als Individuum; es geht Hannah um Henry und sonst um keinen, Henry ist derjenige, der einzige, mit dem sie zusammen sein möchte.
    Doch wiederum gilt: jetzt noch nicht. Später, wenn sie dafür bereit ist. Und darum macht es Hannah fast nichts aus, als sie auf der Rückfahrt von Cape Cod diejenige ist, |111| die von den beiden anderen am Wohnheim abgesetzt und zum Abschied mit einer Umarmung abgespeist wird. Als Fig wieder einsteigt, beugt sich Hannah vor und winkt Henry zu, der im Auto sitzen geblieben ist. »Mach’s gut, Henry«, sagt sie. »War schön, dich mal wiederzusehen.« Ob ihm klar ist, was sie mit dieser freundlich harmlosen Stimme verbirgt?
    Nach kurzem Zögern sagt er: »Ging mir genauso, Hannah.«
    Als sie dem Auto nachblickt, ist es bereits stockfinster. Zum ersten Mal seit Jahren verspürt Hannah keine Eifersucht auf Fig, und das liegt nicht allein an der geplatzten Unterlippe. Fig scheint ihr auf Abwege zu geraten. Henry so zu behandeln, wie sie es getan hat – das wird er ihr nicht auf unbestimmte Zeit durchgehen lassen, oder ihr Karma wird es nicht zulassen, da ist sich Hannah sicher. Bevor die Rücklichter aus ihrem Blickfeld verschwinden, konzentriert sie sich ganz stark, als könnte sie so dafür sorgen, dass die Botschaft garantiert bei Fig ankommt, als läge es in ihrer Macht, Fig eine solche Verantwortung zu übertragen. Hannah denkt:
Pass gut auf die Liebe meines Lebens auf
.

|112| 4
Juli 1998
    Als Hannah vor Antritt ihres Sommerpraktikums im Mai nach Hause kommt, trifft sie sich mit ihrem Vater in der Nähe seines Büros zum Mittagessen. (Mittags ist ihr lieber als abends, weil er bei Tag harmloser wirkt.) Sie gehen zu einem Restaurant und setzen sich an einen Tisch auf dem Bürgersteig. Hannah bestellt Spinatravioli, die ihr mit einer Sahne- statt der erwarteten Tomatensauce serviert werden; sicher stand es auch genau so auf der Speisekarte, und sie hat es bloß übersehen. Zwar nimmt sie einige Bissen zu sich, aber es ist ein Uhr mittags an einem sonnig heißen Tag, und allein bei der Vorstellung, diese ganze dampfende sahneschwere Portion auf ihrem Teller zu vertilgen, dreht sich ihr der Magen um. Ihr Vater hat seinen
Caesar salad
mit gegrilltem Huhn bereits verspeist, als er fragt: »Schmeckt deins nicht?«
    »Doch, schon«, sagt Hannah. »Möchtest du probieren? Ich bin einfach nicht so hungrig.«
    »Schick’s in die Küche zurück, wenn’s nicht gut ist.«
    »Das ist nicht das Problem. Ich bin bloß nicht in Pasta-Stimmung.«
    Kaum hat sie das gesagt, weiß Hannah auch schon, was ihr gleich blüht. Eines der Zeichen, eigentlich

Weitere Kostenlose Bücher