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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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weißt, was ich meine.« Allison hält kurz inne. »Hannah, du solltest unbedingt mit Dad sprechen. Wenn du ihn um Verzeihung bittest, übernimmt er sicher auch dieses Jahr deine Studiengebühren.«
    Da ist es also – Hannah hat es nicht anders erwartet. Sie sagt: »Ich werde ihn nie und nimmer um Verzeihung bitten.«
    »Und wie willst du das Geld auftreiben?«
    »Ich war schon bei diesem Typen von der studentischen Kreditvergabestelle. Du musst dir meinetwegen keinen Kopf machen.«
    »Muss ich wohl. Für Mom ist das nämlich auch eine Belastung. Sie kann deine Studiengebühren nicht komplett übernehmen.«
    »Darum habe ich sie nie gebeten. Ich nehme einen Studienkredit auf.«
    »Und das findest du angemessen? Ich denke, dass dieses Geld lieber jemandem aus ärmeren Verhältnissen zugute kommen sollte.«
    »Allison, ein Studienkredit ist kein Stipendium. Ich muss alles zurückzahlen, und darum halte ich diese Lösung tatsächlich für angemessen.«
    |159| »Dad hat meinen Master finanziert«, sagt Allison. »Ich bin sicher, dass er das auch für dich tun würde, wenn du es zulässt. Im Grunde ist er ein unglaublich großzügiger Mensch.«
    »Dad ist ein Arsch«, erwidert Hannah. »Um das Thema zu wechseln: Weiß Sam eigentlich, wie scharf sein Bruder auf dich ist?«
    Allison lacht. »Was redest du da?«
    Klar, dass Allison darüber
lacht
. Was aber, wenn dieses fröhliche Leugnen einen Mangel an Tiefgang anzeigt? Naivität allein kann es nicht sein. Hannah erzählt anderen gern, wie nah sie und ihre Schwester sich stehen (sie hat es auch Dr. Lewin erzählt), doch entspricht es der Wahrheit? Verbringen Allison und sie wirklich gern Zeit miteinander, wissen sie überhaupt noch das Mindeste voneinander?
    »Hat er dich schon mal angegraben?«, fragt Hannah.
    »Was soll die Frage?«, antwortet Allison; sie streitet es nicht einmal ab.
    »Dieser Schleimscheißer«, sagt Hannah.
    »Einmal. Da hat er versucht, mich auf einer Party zu küssen, er war total betrunken. Am nächsten Tag war es ihm furchtbar peinlich.«
    »Hast du Sam davon erzählt?«
    »Was geht es dich an?« Allisons Tonfall schwankt zwischen Angriffslust und Selbstmitleid. »Du würdest es doch so oder so nicht gutheißen.«
    Wie sehr Hannah diese Allison vermisst hat, diese Allison aus alten Grundschulzeiten, die sich zur Wehr setzte, wenn man sie nur richtig provozierte!
    »Früher hast du mir fast leid getan, weil du ständig angebaggert wurdest«, erklärt Hannah. »Eigentlich hätte ich dich ja darum beneiden müssen, aber diese vielen Männer schienen dir eher lästig. Und obwohl sie dich meistens kaltließen, hast du sie trotzdem immer zurückgerufen |160| oder ihnen erlaubt, dir die Wange zu küssen, oder ihre Gefühle sonst wie
gesteuert
, anstatt sie zu erwidern. Auf mich wirkte das öde und anstrengend. Jetzt aber glaube ich, dass ich mich geirrt habe. Du zehrst von diesen Gefühlen. Warum solltest du Elliot sonst einladen, wenn du genau weißt, dass er in dich verliebt ist?«
    »Das ist so unfair!«
    »Wolltest du vielleicht, dass Elliot dir und Sam in freier Wildbahn zugucken kann?«
    »Jetzt reicht’s.« Wütend steht Allison auf, beinah wäre sie dabei hingefallen. Ihre Wangen glühen. Als sie weg ist, bleibt Hannah in der grauenhaften Stille sitzen, die sie durch ihre Feindseligkeit herbeigeführt hat. Doch dann kommt Allison zurück. Mit zusammengekniffenen Augen steht sie vor Hannah. »Mom fragt mich manchmal, ob mit dir alles in Ordnung ist. Wusstest du das? Sie sagt: ›Warum hat Hannah keinen Freund? Warum ist sie so isoliert? Was hat sie für Probleme?‹ Und jedes Mal verteidige ich dich. Ich sage: ›Hannah hat eben ihr eigenes Tempo.‹ Das stimmt aber gar nicht. Du bist einfach völlig stur und frustriert. Du glaubst, du hast jeden von uns durchschaut, mit seinem armseligen kleinen Leben, vielleicht hast du sogar recht, aber du bist richtig arm dran. Du quälst dich selbst und genauso quälst du die anderen um dich herum.« Allison hält zögernd inne.
    Los, sag’s schon
, denkt Hannah.
Was immer du sagen willst.
    »Ironischerweise«, fährt Allison fort, »erinnerst du mich an Dad.«
     
    Es ist ihre letzte Nacht in der Wildnis. Sie verbringen sie auf einer weiteren Insel, der dritten und letzten (die Reise ist bald vorbei, bald vorbei, bald vorbei). Hannah hat keine Ahnung, wie spät es ist, aber sie hat das Gefühl, seit |161| Stunden tief und fest geschlafen zu haben, als sie davon aufwacht, dass Elliot auf ihr liegt und ihr

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