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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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früh.«
    »Haben wir den Proviant nicht hoch genug gehängt?«, ruft Elliot. Dabei klingt seine Stimme so wie immer, und er liegt immer noch auf Hannah. Inzwischen macht ihr sein Mundgeruch doch zu schaffen.
    »Genauso hoch wie an den anderen Abenden«, sagt Sam. »Ich glaube nicht, dass er was erwischt hat. Wahrscheinlich war er bloß neugierig.«
    »Oder er wollte uns einen Anstandsbesuch abstatten«, meint Elliot trocken. Unter ihm lacht Hannah – nicht, weil seine Bemerkung besonders komisch gewesen wäre, sondern weil sich in ihr so viel Energie angestaut hat. Sie alle wollen die Situation zum Besseren wenden, und sie wendet sich bereits, birgt diese Stimmung in sich, die sie später entfalten wird, als Geschichte, die man anderen erzählt.
    »Er wollte Hannah nicht enttäuschen«, erklärt Sam. »Er wusste, sie würde sich betrogen fühlen, wenn wir ihn nicht wenigstens einmal gesichtet hätten.«
    |164| »Es war doch gar kein echter Bär«, sagt Allison. »Es war dieser Typ aus dem Laden in Anchorage, der sich als Bär verkleidet hat. Aus Angst, dass du den Pfefferspray zurückgibst.«
    Jetzt lachen sie alle. Und Elliot bekommt einen Steifen. Wäre sie eine andere, keine Jungfrau mehr, würde Hannah wohl – was eigentlich? Ihren Schlafsack aufmachen, ihren Sport-BH ausziehen? Um das Ganze ins Rollen zu bringen, müsste sie kaum größere Anstrengungen unternehmen. Ein zusätzlicher Reiz bestünde darin, leise zu sein, um es vor Sam und Allison geheim zu halten. Auf dem Rückflug wird sie sich dafür hassen, die Gunst der Stunde nicht genutzt zu haben. Elliot war scharf, sie waren in Alaska, Gott, und dann wären sie auch noch fast von einem Grizzly in Stücke gerissen worden. Dass es mit ihr und den Jungs einfach nicht klappen will – mal ehrlich, das liegt doch an Hannah, allein an Hannah? Offenbar bringt sie in den entscheidenden Momenten nicht die erforderliche Energie auf. Doch wenn sie die Situation noch einmal überdenkt, und zwar intensiv, sie nicht bloß flüchtig als Teil eines Gesamtbilds in den Blick nimmt, muss sie sich eingestehen, dass sie jederzeit wieder so handeln würde. Sie war müde. Er hatte Mundgeruch. Unter ihrem rechten Oberschenkel lag ein Stein, der sich durch Zeltboden, Isomatte und Schlafsack hindurch in sie hineinbohrte. Am Morgen danach hätten sie sich wohl kaum mehr in die Augen sehen können, womöglich auf Jahre hinaus; zwanghaft hätte sie sich mit der Frage beschäftigt, ob er ihr die Unerfahrenheit angemerkt habe oder der Meinung sei, sie könne einfach nur nicht küssen. Außerdem begehrte er ja ihre Schwester, nicht sie. Dass er sich auch mit ihr hätte arrangieren können, weil ihn die gefährliche Nähe des Bären so erregt hatte, reichte da wohl kaum aus.
    |165| Sie wälzt sich von der Seite auf den Bauch, und er rollt von ihr herunter.
     
    Am Morgen tauschen sie sich erwartungsgemäß über den nächtlichen Besucher aus, laufen wieder und wieder die Spuren ab, die der Bär durch ihre Lagerstätte gezogen hat. Zum letzten Mal packen sie ihre Sachen zusammen und paddeln hinaus. Am Nachmittag wird sie der Kapitän am gleichen Strand abholen, an dem sie angekommen sind.
    Nach dem Mittagessen senkt sich der Himmel über sie herab und wird immer dunkler. »Hannah«, sagt Allison unvermittelt, so dass Hannah vor Anspannung erstarrt; jedes Haar auf ihrer Kopfhaut ist elektrisiert. »Ich weiß, dass auf dieser Reise alles schiefgegangen ist, und zwar von Anfang an«, fährt Allison fort. »Ich wünschte, ich könnte das wiedergutmachen, vielleicht wären wir besser nicht als Gruppe hergekommen. Aber du musst akzeptieren, dass ich Sam heirate. Er ist ein wunderbarer Mensch, glaub mir, und er mag dich. Und wenn du dich weiterhin so wenig bemühst, wird es für alle sehr unangenehm werden.«
    »Ich will dir nicht widersprechen«, sagt Hannah. »Kannst du mir nur erklären,
warum
du ihn heiratest? Das ist nicht böse gemeint, es interessiert mich wirklich. Ich möchte verstehen, was du an ihm so schätzt.«
    »Ich heirate ihn, weil er mich glücklich macht«, antwortet Allison, und da setzt plötzlich Regen ein. Richtiger Regen, kein Nieseln. Hannah kann sich kaum umwenden – nur den Kopf so weit zur Seite drehen, dass Allison an den Rand ihres Blickfelds rückt. »Mit ihm fühle ich mich wohler, als wenn ich allein bin«, führt Allison aus, und weil der Regen immer lauter wird, brüllt sie geradezu. In weiter Ferne – die Entfernung lässt sich vom Wasser aus schwer

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