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Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
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kennengelernt?«
    Sie wird tatsächlich rot. »Da wusste ich ja noch gar nicht, dass sie ein Paar sind, wenn man so sagen darf. Frank und ich haben die beiden zufällig getroffen, im
Striped Bass
, oh, das wird im November gewesen sein. Wir haben dann zusammen einen Drink genommen.« Ihre Mutter als heimliche Sympathisantin der Schwulenbewegung? Am liebsten würde Hannah es jetzt Allison brühwarm erzählen. »Eine sehr ansprechende junge Dame«, fährt ihre Mutter fort. Da springt der Toaster mit einem kleinen Klingeln auf. »Möchtest du einen Muffin?«
    Hannah sagt ja, bevor sie begriffen hat, dass ihre Mutter diesen Muffin meint, der gerade fertig getoastet ist. »Ich kann mir selbst einen machen«, sagt sie dann.
    |261| »Och, stell dich nicht so an, Schätzchen. Im Handumdrehen hab ich mir einen neuen gemacht. Setz dich hin und iss, solange es noch warm ist.«
    Hannah fügt sich, aus Bequemlichkeit, weil ihre Mutter es offenbar nicht anders wünscht. Als sie Hannah den Teller reicht, sagt ihre Mutter: »Das Wichtigste ist, mit jemandem zusammen zu sein, in dessen Gesellschaft man sich wohl fühlt.« Dann – ihre Mutter war schon immer so zögerlich gewesen und plump zugleich – fügt sie hinzu: »Oliver scheint recht eigen zu sein, nicht wahr?« Sie hat leiser gesprochen; Oliver schläft vermutlich immer noch, im Arbeitszimmer.
    »Wie meinst du das?«, fragt Hannah.
    »Nun, ich bin sicher, dass er viele interessante Erfahrungen gesammelt hat. Wahrscheinlich hat er sogar die ganze Welt bereist. Jeder wächst ja auf seine Weise auf, so ist es doch?« Nach den Maßstäben ihrer Mutter ist das zweifellos ein vernichtendes Urteil. Hannah wüsste gern, ob sich Oliver in Gegenwart ihrer Mutter grob danebenbenommen hat, von der Sache mit dem Schneeball abgesehen, oder ob ihre Einschätzung eher auf Intuition beruht. »Er sieht natürlich umwerfend gut aus«, fährt ihre Mutter fort, »aber das war bei deinem Vater auch der Fall, als er noch jung war.«
    Hannah reagiert eher neugierig als beleidigt. Da ihre Mutter alles andere als boshaft ist, rutschen ihr diese Bemerkungen nur aus Nervosität heraus, weil sie sich um Hannah sorgt, um Hannahs Zukunft.
    »Hast du dich deshalb in Dad verliebt? Weil er so gut aussah?«, fragt Hannah, was ihre Mutter erstaunlicherweise zum Lachen bringt.
    »Geschadet hat es sicher nicht. Hoffentlich gab es noch andere Gründe … Als wir geheiratet haben, war ich zweiundzwanzig, heute erscheint mir das unerhört. Ich habe |262| mein Elternhaus verlassen, um direkt mit deinem Vater zusammenzuziehen. Allerdings habe ich die Ehe mit deinem Vater niemals bereut, Hannah. Früher habe ich mir noch Vorwürfe gemacht, weil ich dir und Allison kein gutes Vorbild war, aber irgendwann ist mir klargeworden, dass ich euch beide ja nie bekommen hätte, wenn ich ihn nicht geheiratet hätte. Es lässt sich nicht immer sagen, ob eine Entscheidung gut oder schlecht war.« Nach einer Pause ergänzt ihre Mutter: »Schön, dass du ihn gestern besucht hast. Ich weiß, es hat ihn gefreut.«
    »Woher?«
    »Er selbst hat es mir gesagt, als er anrief, um mir zu gratulieren.«
    »Wie ausgesprochen untypisch reizend von ihm.«
    Ihre Mutter lächelt. »Hoffen wir mal, dass es für keinen von uns jemals zu spät ist.«
    Hannah beißt in ihren Muffin und stellt fest, wie köstlich er ist: schön knusprig, und ihre Mutter hat ihn mit dreimal mehr Butter bestrichen, als es Hannah tun würde, so dass er dreimal so gut schmeckt. »Mom«, sagt sie.
    Ihre Mutter schaut zu ihr rüber.
    »Ich mag Frank richtig gern«, sagt Hannah. »Ich bin froh, dass du ihn geheiratet hast.«
     
    Eigentlich hatte sie das nicht vorgehabt, doch als sie auf dem Weg zu ihrem Zimmer im ersten Stock an der geschlossenen Tür des Arbeitzimmers vorbeigeht, bleibt sie plötzlich stehen und dreht den Türgriff. Drinnen sind die Vorhänge noch zugezogen, es ist ziemlich dunkel; Oliver zeichnet sich unter den Decken als länglicher Klumpen ab. Aus einem weiteren Impuls heraus legt sie sich zu ihm. Er liegt auf dem Rücken, und sie schmiegt sich an ihn, birgt das Gesicht in der Mulde zwischen seiner Schulter und seinem Hals, einen Arm legt sie an die linke Seite seines |263| Brustkorbs, den anderen quer über seine Brust. Als er sich bewegt, um ihr Platz zu machen, scheint er nicht wirklich wach zu werden, auch nicht, als er ihr einen Arm um die Taille legt. Mit einem Blick stellt sie fest, wie entspannt sein Gesicht im Schlaf wirkt. Er schnarcht zwar

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