Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Also lieb ich ihn - Roman

Also lieb ich ihn - Roman

Titel: Also lieb ich ihn - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Curtis Sittenfeld
Vom Netzwerk:
zu ihr bekennt. Nach einem Mann, der zwar mit ihr zusammen ist, aber nicht zu ihr gehört. Hat sie deswegen mit Mike Schluss gemacht – nicht, weil er zum Jurastudium in den Norden Carolinas zog (er wollte sie mitnehmen, aber das |253| hat sie abgelehnt), sondern weil er sie anbetete? Wenn sie ihn bat, das Bett zu verlassen und ihr ein Glas Wasser zu besorgen, tat er das. Wenn sie schlechter Laune war, versuchte er, sie zu beschwichtigen. Wenn sie weinte oder sich die Haare nicht wusch oder die Beine nicht rasierte oder nichts Interessantes zu erzählen hatte, störte er sich nicht daran. Er verzieh ihr alles, er fand sie immer schön, er wollte ständig bei ihr sein. Auf Dauer war das entsetzlich langweilig! Schließlich hatte man sie dazu erzogen, es anderen recht zu machen, nicht, es sich von anderen recht machen zu lassen, und wenn sie für Mike tatsächlich die Welt bedeutete, dann war es eine kleine Welt, und er gab sich mit wenig zufrieden. Nachdem sie bereits eine Weile zusammen waren, brauchte er nur mit der Zunge zwischen ihre Lippen zu dringen, damit sie dachte:
Jetzt geht das schon wieder los.
Sie sehnte sich nach dem Gefühl, nach vorne zu preschen, an der frischen, belebenden Luft, und aus ihren Fehlern zu lernen, statt dessen kam es ihr so vor, als hocke sie auf einem weichen, durchgesessenen Sofa in einem überheizten Raum und stopfe
Cheetos
in sich hinein. Mit Oliver erhalten ihre Tage ganz neue Konturen, die Spannung zwischen ihnen bringt immerzu Leben ins Spiel:
Du bist mir fremd, du bist mir nah. Wir streiten, wir kämpfen, wir verstehen uns.
    Hannah hat auf Figs Frage gar nicht reagiert, die sich nun ohne Vorwarnung zu ihr aufs Bett wirft. Während sie sich die Kissen zurechtlegt, sagt Fig: »Ich wusste ja gar nicht, dass
Lesbe
zu deinem aktiven Wortschatz gehört. Ganz schön gewagt.«
    »Tut mir leid, dass ich dich vor unseren Müttern geoutet habe«, sagt Hannah. »Willst du jetzt weg?«
    »Meine Mom wusste schon Bescheid, und deine auch.« Natürlich. Als Fig vorhin sagte, das habe sie noch niemandem erzählt, war das rein rhetorisch gemeint. Wahrscheinlich |254| hat sie es Oliver von sich aus erzählt, und das dürfte ihm gefallen haben. »Die haben beide irgendeinen
Newsweek -Artikel
über bisexuelle Spielchen gelesen und folgern daraus, dass es mir nicht so ernst ist.«
    »Ist es dir das denn?«
    »Na ja, mit Zoe bin ich seit Juni zusammen, was denkst du?«
    »Seit Juni? Das ist ja doppelt so lang wie ich mit Oliver.«
    »Wer hätte das gedacht?«, sagt Fig. »Vielleicht bin ich ja wirklich eine Hardcore-Lesbe.«
    »Und wenn es so wäre, ich stehe auf jeden Fall zu dir. Es ist ja kein Verbrechen, schwul zu sein.«
    »Was soll’s«, erwidert Fig, und ihre Gelassenheit wirkt echt. Wie schafft sie es nur, das Leben so angstfrei anzugehen? Unwillkürlich denkt Hannah an den Sommer nach der vierten Klasse, als die Stadtbibliothek eine Aktion eigens für Mädchen veranstaltete; dafür mussten sie die Biographien aller Präsidentengattinnen lesen. Im Gegenzug wurden ihre Namen auf einen Papierstern ausgedruckt und an die Korktafel der Kinderbuch- und Jugendbuchabteilung gepinnt. (Die Jungs sollten die Biographien der Präsidenten lesen.) Hannah hatte diese Bücher geliebt, die so munter und ordentlich die Leben nacherzählten – Martha Washington war nicht gut in Rechtschreibung, Bess Truman traf immer ins Schwarze –, so dass sie sich Anfang August bereits bis Nancy Reagan vorgekämpft hatte. Währenddessen war Fig, deren Legasthenie man noch nicht festgestellt hatte, bei Abigail Fillmore steckengeblieben. Damals war Hannah positiv gestimmt, sie hatte das Gefühl, einem Ziel entgegenzustreben.
    »Trotzdem wollte ich dir sagen, dass Oliver und ich bloß rumgealbert haben. Es war total harmlos.«
    Hannah schweigt.
    »Und es sollte auch dabei bleiben«, fügt Fig hinzu.
    |255| Danach schweigen sie beide, fast eine Minute lang, bis Hannah sagt: »Er betrügt mich ständig. Man kann es nicht einmal als Betrügen bezeichnen. Es ist ganz selbstverständlich. Genauso gut könnte ich sagen, dass ich Luft atme. Oder dass ich in Wasser schwimme.«
    »Hat er eine Affäre oder sind es mehrere Frauen?«
    »Letzteres.«
    »Mir ist klar, dass ich selbst nicht gerade mustergültig treu bin, aber du solltest ihm vielleicht den Laufpass geben.«
    »In letzter Zeit dachte ich eher daran, ihn zu heiraten«, sagt Hannah.
    »Das denkst du nur, weil er seit Mike dein erster Typ ist. Du hast dir das mit den Männern

Weitere Kostenlose Bücher