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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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ist, werde ich Euch anrufen und Euch sagen, wo Ihr mich abholen könnt. Auf einen Anruf vor erfolgter Geldübergabe zu warten wäre sinnlos. Kommt nicht zum Treffpunkt ohne das Geld und versucht auch nicht, jemanden mitzubringen. Jeder, der sich ohne das Geld blicken läßt, wird hingerichtet. Dagegen hat die Person, die weisungsgemäß das Geld abliefert, nichts zu befürchten. Die Reichen sind dadurch reich geworden, daß sie die Armen ausgebeutet und bestohlen haben. Daraus folgt, daß diese Transaktion logisch ist, gerechtfertigt und begründet.
    Lieber Leo Du mußt alle Zahlungen an unsere Lieferanten umgehend einstellen. Sie vertrauen uns und wissen, daß sie ihr Geld bekommen werden, sobald das hier vorbei ist. Bitte meine liebe Freundin E. um Hilfe. Sie kann es sich leisten, uns beizustehen, ohne deshalb darben zu müssen. Den Rest wird Patrick übernehmen. Er weiß, an wen er sich wenden muß. Ich muß Dich und Caterina bitten, vorübergehend Euer Erbe abzutreten. Patrick wird sich auch darum kümmern. Ihr könnt das Geld von Euren Konten auf das seine transferieren. Die italienischen Gesetze greifen nicht in den Staaten. Ihr wißt, daß ich alles für Euch zurückverdienen werde. Wir haben in der Vergangenheit schon Schlimmeres überstanden, und sobald ich frei bin, werde ich mich um alles kümmern. Wenn nötig, Leo, nimm eine Hypothek auf das Haus auf. Die Bank wird sich nur zu gern darauf einlassen, und Eure beiden Unterschriften sind auch ohne die meine rechtsgültig, da Ihr mit Eurem Erbteil die Majorität haltet. Offiziell läßt Du den Kredit auf Patrick laufen, und wenn Du dafür bürgst, ist nach außen hin alles ganz legal. Wartet nicht bis zur letzten Minute, sondern erledigt alles so rasch wie möglich, denn ich leide zu sehr, als daß ich diesen Zustand noch lange ertragen könnte. Und versichere allen, sie werden ihr Geld bis auf die letzte Lira zurückbekommen, irgendwie.
    Ich habe Euch von ganzem Herzen lieb und denke, trotz meiner Leiden, Tag und Nacht an Euch. Sagt Patrick, daß ich ihn liebe und an ihn denke. Mein Leben ist in Eurer Hand, und ich vertraue auf Euch. Laßt mich nicht im Stich.
    8
    Es gibt Menschen, die angeblich ein Gespür dafür haben, ob ein Telefon in einem leeren Haus klingelt oder ob gleich jemand abheben wird. Beweiskräftig sind derlei Behauptungen nicht, und doch beschlich den Maresciallo, der sich selber nie auf einen solchen sechsten Sinn berufen hätte, an jenem Freitagnachmittag, als er zur gewohnten Stunde im Palazzo klingelte und auf Einlaß wartete, das Gefühl, im Hause Brunamonti müsse sich etwas verändert haben. Ohne weiter darüber nachzudenken, registrierte er einfach den Unterschied zur üblichen Wartezeit und auch, daß die Schritte, die sich durch die marmorgeflieste Halle näherten, nicht leise und zögerlich klangen wie sonst, sondern laut und energisch.
    Die Frau, die ihm öffnete, hatte er noch nie gesehen, und sie gehörte mit Sicherheit nicht zum Personal. Sie trug keinen Schmuck, war ungeschminkt, und ihre Kleidung hatte den Chic eines Secondhandladens. Aber sie strahlte ein Selbstbewußtsein aus und eine Autorität, die den Maresciallo veranlaßten, sich so zuvorkommend für die Störung zu entschuldigen, als hätte er die Hausherrin vor sich und keine Angestellte.
    Ohne darauf einzugehen, flüsterte die Frau ihm ebenso vertraulich wie vernehmbar zu: »Sind Sie der vom Palazzo Pitti? Wenn ja, dann würde ich Sie gern sprechen, aber nicht jetzt. Ich bin nur so in Sorge, weil… Kommen Sie rein, kommen Sie!«
    Er folgte ihr in den weißen Salon, und die Gesellschaft, die ihm dort entgegensah, musterte ihn alles andere als einladend. Mit der Mütze in der Hand ließ man ihn stehen, und das Schweigen im Raum war so greifbar wie der dichte Zigarettenrauch, der sich über Patrick Hines’ Kopf kräuselte. Ein Schweigen, in dem noch das Echo der heftigen Debatte nachhallte, die er mit seinem Erscheinen unterbrochen hatte; ein Schweigen, das diese Leute eher zermürben würde als ihn. Und weil Guarnaccia das wußte, starrte er stumm zurück. Die Frau, die ihn hereingelassen hatte, setzte sich hart an die Kante eines wuchtigen Lehnsessels, hielt die Beine geschlossen und den Rücken so gerade, als hätte sie einen Besenstiel verschluckt. Ihre Haare waren ebenso mausgrau wie ihr altmodisches Kostüm, und ihre dunklen Augen verrieten, mit welcher Ungeduld sie darauf wartete, mit ihm zu reden – aber nicht jetzt. Patrick Hines und Leonardo Brunamonti,

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