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Alta moda

Alta moda

Titel: Alta moda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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saß, greinte sie los: ›Ich will wieder runter! Holt mich runter!‹ Pegasus tat uns schließlich den Gefallen, sie über einem Graben abzuwerfen, und damit hatten wir die kleine Nervensäge vom Hals. Bestimmt hat sie Ihnen auch ihr Konterfei hoch zu Roß gezeigt?«
    »Ja, das hängt in ihrem Zimmer an der Wand.«
    »Und sie sieht aus, als hätte sie ›einen Quirl im Arsch stecken‹ – sagen die Amis nicht so?«
    »Ich weiß wirklich nicht…«
    »Ich war mal mit einem Amerikaner verheiratet. War ganz lustig, solange es dauerte, aber dann wollte er partout zurück in die Staaten, und da trennten sich unsere Wege. Er war ein begeisterter Segler. Ist ertrunken, der Arme. Schade eigentlich. Wird langsam kühl hier draußen, nicht? Darf ich Ihnen drinnen was anbieten? Einen Whisky? Ich will mal Sylvia rufen.«
    »Sylvia?«
    »Olivias Hausangestellte. Ich hab Ihnen doch gesagt, ich würde sie zu mir nehmen. Ich behalte sie, bis Olivia wieder da ist. Ehrlich gesagt ist sie zu fast nichts zu gebrauchen, aber wenigstens hilft sie mir, die Hunde zu baden. Also Whisky? Oder trinken Sie lieber Rotwein?«
    Der Maresciallo schlug den Wein aus, aber er verließ die Contessa so erwärmt und aufgeheitert, als ob er ihn getrunken hätte. Die Dame machte ihm ein wenig Angst, doch er zählte auf sie, vertraute ihrem gütigen Herzen und ihrem wachen Verstand. Nach Rücksprache mit dem Capitano wollte er sie überreden, die Banknoten, die sie der Familie zur Verfügung stellte, präparieren zu lassen. Nur so konnte man ihren Weg verfolgen und den Tätern auf die Spur kommen. In anderen Fällen hatte das schon funktioniert. Allerdings dürfte Puddu, bei seinen weitverzweigten Kontakten in der Verbrecherzunft, auch über gute Beziehungen zu Geldwäschern verfügen. Wieder ein Grund, sich zu wünschen, die Entführung wäre Salis’ Werk gewesen.
    Als er an dem Abend heimkam, duschte er erst und zog sich um, bevor er in der Küche erschien. Teresa seufzte erleichtert. Lange hätte sie seine Zerstreutheit und die gedrückte Stimmung nicht mehr ausgehalten, ohne daß ihr der Kragen geplatzt wäre. Und wenn sie ihn fragte, was denn los sei, speiste er sie immer nur mit der üblichen Litanei ab: Wie sollte er die Arbeit bewältigen, wenn seine Männer ständig zu außerdienstlichen Verpflichtungen abkommandiert wurden und Lorenzini das Revier im Alleingang verwalten mußte… »Du bist ja so gut aufgelegt«, begann sie vorsichtig.
    »Gibt’s was Neues? Kommt ihr voran?«
    Er legte ihr von hinten die Arme um die Taille, rückte aber mit keiner Neuigkeit heraus.
    »Ich hab Hunger.«
    »Also, das ist nun wahrhaftig nichts Neues. Heute gibt’s nur ein Steak und Rote-Bete-Salat, aber ich hab dir ein paar von diesen bemehlten Brötchen geholt, die du so gern magst.«
    Er aß mit großem Appetit und ließ sich hinterher ins Zimmer der Jungen dirigieren, um Toto die überfällige Lektion zu erteilen: mehr Fleiß und weniger Improvisation. Er hatte den Eindruck, er mache seine Sache ganz gut. Seine Predigt war sehr ernst, etwa drei Sätze lang und von grimmigen Blicken begleitet.
    Als er fertig war, sagte Toto: »Ach, Papa…«
    Die einzige Neuigkeit, die er Teresa vor dem Schlafengehen preisgab, war die Geschichte von Tessie, dem totgeglaubten Hündchen, das sich quicklebendig in einer Villa auf dem Lande wiedergefunden hatte.
    »Ach, Salva, hoffen wir, daß auch die arme Frau recht bald wieder heil nach Hause kommt! Hört man von ihr denn gar nichts?«
    »Der Capitano hat das sichere Gefühl, daß sie noch lebt. Die Familie hat wohl die Absicht zu zahlen, aber anscheinend haben sie nicht soviel, wie verlangt wird. Und da sie uns obendrein ausgeschaltet haben, könnte es für die Geisel gefährlich werden.«
    »Aber kannst du denn gar nichts tun?«
    »Nicht, bevor wir das Versteck gefunden haben. Und selbst dann wäre ein Eingreifen immer noch arg riskant.«
    Wenn er ihr nichts von der Contessa Elettra Cavicchioli Zelli erzählte, obwohl er wußte, wie sie für solche Originale schwärmte, dann weil das unweigerlich zu einem Gespräch über Caterina Brunamonti geführt hätte. Dieses Mädchen hatte bis jetzt sein Urteilsvermögen blockiert, weil er nicht wahrhaben wollte, was er doch schon so lange geargwöhnt hatte. Und nun, da es Gewißheit war, konnte er nicht darüber sprechen.
    Trotzdem hatte er seit Beginn des Falles nicht mehr so gut geschlafen wie in dieser Nacht. Er blieb unbehelligt von wirren Träumen über Hunde und Fotografen; und

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