Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
torkelten weiter.
Nicht mehr weit jetzt. Nur noch ein Schritt, Nikki. So ist es gut. Fall mir nicht. Fall nicht …
Er fiel, und diesmal nahm er sie mit.
Sie tauchte durch schwarzen Raum, traf in tiefen, kissenweichen Schnee und blieb liegen. Sie waren in einer Schneewehe gelandet, und es war so weich und warm. Sie wäre gern liegen geblieben, um sich ein wenig auszuruhen.
Sie wusste, liegen bleiben bedeutete den Tod.
Sie schlug mit den Beinen, um sich aus dem Griff des Schnees zu befreien, und plötzlich erkannte sie, dass das nicht der Tundraboden war unter dem Schnee. Es war Eis.
Sie hatten den See gefunden.
Nikolai lag immer noch reglos in der Schneewehe. Sie sank neben ihm auf die Knie und schüttelte ihn heftig. Sie hatte keine Luft übrig, um ihn anzuschreien, und er hätte sie ohnehin nicht gehört.
Sie schüttelte ihn wieder und spürte, wie er sich bewegte. Steh auf, steh auf, steh auf, sagte sie sich in Gedanken. Und irgendwie kam er mit ihrer Hilfe tatsächlich auf die Beine.
Nur noch ein Schritt, Nikki. So ist es gut, noch ein Schritt.
Sie selbst setzte ihre Schritte jetzt rein instinktiv. Sie war so gut wie blind und bewegte sich durch einen Albtraum aus Schnee und Wind. Nur noch ein Schritt, noch einer …
Sie stießen an eine Wand aus Eis.
Der Wasserfall.
Im Sommer ließen Schneeschmelze und angeschwollene Bäche das Wasser von einer hohen, steilen Klippe in den See darunter stürzen. Im Winter war der Wasserfall gefroren.
Doch egal welche Jahreszeit, der Wasserfall verbarg immer den Eingang zur Höhle. Zunächst musste man wissen, dass es möglich war, auf dem schmalen Sims zwischen herabstürzendem Wasser und Klippe zu gehen, aber auch dann sah man nichts weiter als eine glatte, geschlossene Felswand. Es sei denn, man war eine Tochter der Toapotror, des Zaubervolks.
Eine Tochter des Zaubervolks wusste, dass das, was wie eine glatte Felswand aussah, in Wirklichkeit zwei Wände waren, die sich übereinanderschoben, mit einem vielleicht dreißig Zentimeter breiten Schlitz dazwischen. Und wenn man sich traute, sich in den Schlitz zu quetschen und langsam darin vorwärtszuschieben, wobei der Schlitz immer enger und enger wurde, bis man glaubte, einen Schritt zu viel getan zu haben und für immer festzustecken… dann wurde er plötzlich wieder breiter und öffnete sich zum Eingang einer geheimen Höhle.
Lena wusste nicht, wie sie es fertiggebracht hatte, Nikolai durch den Schlitz zum Eingang der Höhle zu schaffen, und es wäre ihr niemals gelungen, wenn er sich nicht aus seinem Fieber gekämpft und die Kraft gefunden hätte, sich größtenteils allein aufrecht zu halten. Ich bin ein ganz schön zäher Bursche, hatte er gesagt, und sie liebte ihn dafür.
Um in die Höhle zu gelangen, musste man eine steile Treppe hinuntersteigen, die das Zaubervolk vor langer Zeit in den Fels geschlagen hatte. Als sie unten ankamen, zitterten Lenas Arme und Beine vor Anstrengung, und sie wusste nicht, wie Nikolai es fertiggebracht hatte, auch wenn sie möglichst viel von seinem Gewicht getragen hatte. Die Schwärze war vollkommen, und sie musste nach der Pechfackel tasten, die hoffentlich noch in ihrer Halterung an der Wand steckte.
Sie fand sie und entzündete sie mit der Zunderbüchse, die sie tief in den Rucksack gestopft hatte. Das Pech loderte auf und beleuchtete die runde unterirdische Höhle.
Und da war er, wo er immer gewesen war, in die Wand gebaut: ein uralter Altar aus menschlichen Knochen.
Der Knochenaltar.
Sie wollte darauf zugehen, es war, als würden sich ihre schmerzenden Muskeln von allein bewegen, als Nikolai fürchterlich aufstöhnte und langsam auf den Boden sank. Wie hypnotisiert starrte Lena noch einen Moment auf den Altar, dann schaute sie auf den Mann hinunter, der zu ihren Füßen lag, und bei dem Anblick blieb ihr fast das Herz stehen.
» Nikki! O Gott, Nikki…«
Sie fiel neben ihm auf die Knie. Wie war er überhaupt so weit gekommen? Seine Lippen waren blau und geschwollen, seine Wimpern an die Wangen gefroren. Sein Atem ging stoßweise und gefährlich flach.
Rasch errichtete sie ein Feuer aus Trümmern zerfallener Särge. Sobald die Flammen hoch genug waren, bereitete sie mithilfe einer Opferschale vom Altar einen dünnen Brei aus geschmolzenem Schnee, Brot und Fett aus ihrem Rucksack zu.
» Du wirst mir nicht sterben, Nikki. Ich verspreche es. Du wirst mir nicht sterben«, wiederholte sie wie ein Gebet, aber er war nicht bei Sinnen vor Fieber.
Die Schale mit dem
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