Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
eine Eingangshalle, deren besten Tage drei Jahrhunderte zurücklagen. Farbe blätterte von den Wänden, und der Parkettboden war schmutzig und aufgeworfen. Ry sah nirgendwo Möbel.
Mit zwei Männern vor und zwei hinter ihnen stiegen sie eine Marmortreppe hinauf, durchquerten eine Doppeltür und standen unvermittelt in einem strahlend schönen, sonnendurchfluteten Raum. Ry stieß einen leisen Pfiff aus.
» Wow«, sagte Zoe. » Mir ist, als sollte ich ein Ballkleid tragen und Walzer tanzen.«
Ry drehte sich langsam im Kreis und bewunderte die Kassettendecke und die geschnitzten und vergoldeten Friese von Früchten. » Das war einmal ein Ballsaal. Er hat ihn in seiner ganzen früheren Pracht wiederhergestellt.«
Vor einem der raumhohen Fenster stand ein runder Tisch, der mit weißem Leinen, Porzellan mit Blumenmuster und einem silbernen Kaffeeservice gedeckt war. Ein Mann saß am Tisch und las die Zeitung.
» Agim, du Bastard«, rief Ry durch den Saal. » Wo sind die Geigen? Wie sollen Zoe und ich tanzen ohne Geigen?«
Agim Latifi warf die Zeitung auf den Boden, sprang auf und war mit wenigen Schritten bei Ry.
» Mein Bruder!«, sagte er und schloss ihn in eine herzhafte Umarmung. » Ist verdammt schön, dich wiederzusehen.«
Ry setzte ein breites Grinsen auf. Sein Freund hatte sich nicht verändert, er war noch der alte Agim.
Hinter sich hörte er Zoe murmeln: » Stimmt, er ist wirklich hässlich wie die Nacht«, und er lächelte in sich hinein, denn Agim Latifi sah aus, als wäre er direkt einer Parfumwerbung entstiegen mit seinem dichten schwarzen Haar, den dunklen Augen und den vollen Lippen über leuchtend weißen Zähnen. Er trug ein weißes Seidenhemd mit fließenden Ärmeln, das wie gemacht für den Ballsaal schien und unter dessen offenem Kragen glatte, golden gebräunte Haut hervorschimmerte.
» Und das ist deine neue Frau«, wandte er sich an Zoe und bedachte sie mit einem Lächeln, das sie in den Knien weich werden ließ. » So wie du sie mir am Telefon beschrieben hast, mein Bruder, dachte ich mir schon, sie könnte die eine für dich sein. Und jetzt, da ich sie sehe, weiß ich, sie ist es.«
Ry fühlte seine Ohren heiß werden. Er merkte sich im Geist vor, nie wieder mit einem Kosovo-Albaner um drei Uhr morgens über Liebe zu sprechen.
» Miss Zoe Dmitroff, ich freue mich, Sie kennenzulernen.« Agim beugte sich vor, ergriff ihre Hand und drückte einen Kuss darauf. » Ich bin Agim Latifi, und ich würde Sie rauben, wenn Sie nicht Ry O’Malleys Frau wären. Aber ich werde mich benehmen, denn er ist mein Blutsbruder.«
Ry öffnete den Mund, um seinen Freund zu berichtigen, aber dann schloss er ihn wieder. Um manche Dinge kümmerte man sich am besten einfach nicht.
» Das ist ein wunderschöner Raum«, sagte Zoe.
» Danke. Ich renoviere dieses Haus nach und nach. Ich glaube allerdings, dass es ein Leben lang dauern und mich mehr als ein Vermögen kosten wird.« Er machte eine Handbewegung zu einem Garten voller Efeu und Feigenbäume. » Vielleicht nehme ich den Garten als Nächstes in Angriff.«
Ry sah sich noch einmal um und fragte sich, woher das Geld stammte. Er hatte geglaubt zu übertreiben, als er Agim Latifi als den größten Waffenschmuggler Osteuropas bezeichnete, aber jetzt war er sich nicht mehr so sicher.
» Kommen Sie«, sagte Agim, fasste Zoe leicht am Arm und führte sie zum Tisch. » Lassen Sie uns frühstücken. Das hier«, sagte er und rückte Zoe einen Stuhl zurecht, » sind Biskuits mit Hüttenkäse und Rosinen. Ich schlage vor, Sie nehmen sich einen, bevor Ry sie alle wegisst.«
Agim schenkte Kaffee aus der silbernen Kanne in die zierlichen Porzellantassen. Ry biss in ein Biskuittörtchen und geriet schier in Verzückung, so gut waren sie.
» Jetzt zum Geschäftlichen«, sagte Agim. » Ich weiß ja, ihr habt nicht viel Zeit.«
Er bückte sich und zog eine Holzkiste unter dem Tisch hervor. » Erst die Pistolen. Du sagtest, du willst etwas Verlässliches, nichts Schickes, deshalb habe ich zwei Glocks, Modell 19, für euch. Mit jeweils zwei Dutzend Magazinen.«
Ry nahm eine der Pistolen aus der Kiste, und es gefiel ihm auf Anhieb, wie sie in der Hand lag. » Was heutzutage wirklich nervt daran, in der Welt herumzufliegen, ist, dass man sich an jedem Ort eine neue Waffe besorgen muss.«
Agim grinste. » Deshalb ist es hilfreich, einen Waffenschmuggler zu kennen.«
Ry nickte in Richtung der Kiste. » Das ist eine Menge Munition. Du glaubst anscheinend, wir müssen in
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