Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
teure französische Reinigung auf der Upper West Side, in die seine Sekretärin seine Sachen trug, würde den Fleck möglicherweise nicht herausbringen.
Scheiß drauf. Wenn Yasmine in den nächsten fünf Minuten nicht anrief, würde er Nikolai anrufen. Besser er wusste sofort, ob Nikolai den Film hatte, dann konnte er das Heft des Handelns wieder selbst in die Hand nehmen.
Es war beinahe komisch, wenn man darüber nachdachte. Er hatte alles mit eigenen Augen gesehen, aber die einzigen Bilder, die er sich je in Erinnerung rufen konnte, waren die Standfotos auf diesem verdammten Film, die Mike O’Malley gemacht hatte. Die Bilder von ihm in dieser dämlichen Eisenbahneruniform, wie er das Gewehr von Mike entgegennimmt.
Yasmine hatte recht. Er hatte gedacht, er selbst habe die Fäden in der Hand gehalten und Nikolai Popow und den KGB manipuliert, das Attentat auszuführen. Aber er hätte ahnen müssen, dass die Dinge bei Popow nicht so waren, wie sie aussahen.
Besonders als Popow ihn gezwungen hatte, an der dreckigen Geschichte teilzunehmen, indem er drohte, ihn sonst als kommunistischen Spion zu enttarnen. Ihn sozusagen mit aufs Bild zerrte, wörtlich, wie sich herausstellen sollte, dank O’Malley und seinem verdammten Film.
Miles drehte sich um und humpelte zu seinem Schreibtisch zurück. Er starrte auf sein Telefon, das schwarz und schlicht war und zweimal täglich von seinem Sicherheitsdienst auf Wanzen untersucht wurde und dessen Nummer nur einer Handvoll Menschen auf der Welt bekannt war.
Läute, verdammt noch mal. Läute.
Es läutete nicht.
Er ging um den Schreibtisch herum und setzte sich, das Leder seines Kapitänssessels seufzte leise unter seinem Gewicht. Er zog das Telefon zu sich, nahm den Hörer und wartete noch ein paar Sekunden, dann wählte er die Nummer eines Telefons am anderen Ende der Welt, das wahrscheinlich ebenfalls schlicht und schwarz war und zweimal täglich auf Wanzen untersucht wurde.
Es läutete vier Mal, er hörte ein Klicken, aber niemand meldete sich am anderen Ende der Leitung. Kein » Da?« oder das formalere » Zdraste«. Nur Stille.
» Nikolai?« Miles lauschte nach dem leisesten Einatmen, nach einem Anzeichen von Überraschung, aber was er hörte, war leises Gelächter.
» Miles, bist das wirklich du? Natürlich bist du es. Aber warum rufst du an nach so langer Zeit? Was willst du?«
» Kann ein alter Freund sich nicht melden und schauen, wie es dir geht?«
» Wie lange ist es her, seit wir uns zuletzt gesprochen haben? Fünfundzwanzig Jahre? Dreißig? Ein treuer Genosse fällt in Ungnade und wird fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Und jetzt plötzlich rufst du an und willst wissen, wie es mir geht?« Nikolai stieß einen langen, traurigen Seufzer aus. » Aber da du schon fragst– ich lebe noch. In meinem Alter ist das eine ziemliche Leistung. Die meiste Zeit bin ich allerdings zufrieden damit, dazusitzen und auf den hübschen Teich in meinem Garten zu blicken. Im Moment ist er allerdings zugefroren.«
Miles sah, wie eine Taube geflogen kam, auf dem Fensterbrett landete und es vollschiss. » Du musst dich zu Tode langweilen.«
Nikolai lachte. » Nun ja, mit der einen oder anderen Sache beschäftige ich mich gelegentlich noch aus Liebhaberei.«
Die Taube flog fort. » War das in San Francisco eine solche Beschäftigung? Aus Liebhaberei? Wenn ja, dann bringst du es nämlich nicht mehr.«
Ein, zwei Sekunden lang hörte Miles nur statisches Rauschen. Zögerte Popow? Oder war es nur eine Störung in der Satellitenübertragung?
» Ich fürchte, ich weiß nicht, wovon du redest, Miles. Ich war seit Jahren nicht in eurem schönen Land.«
» Lass den Quatsch, Nikolai. Ich mag ja ein bisschen geschlafen haben, aber ich weiß alles über O’Malleys neunundvierzig Jahre währenden Bluff. Er hatte den Film nie. Jedenfalls nicht lange. Seine Frau ist ihm davongelaufen und hat ihn mitgenommen, schon vor langer, langer Zeit.«
Weiteres statisches Rauschen, dann: » Da bist du nun Amerikas Königsmacher, und ich bin nur der Sohn eines armen russischen Bauern, aber ich bin dir wie immer einen Schritt voraus. Ja, du hast recht, ich wusste die ganze Zeit von Katja Orlowa und dass sie den Film hatte. Und jetzt glaubst du, weil sie tot ist, muss ich ihn haben, und du rufst an, um zu sehen, wie hoch der Preis ist.«
» Es ist mir egal, wie hoch dein Preis ist, ich bezahle ihn nicht.«
» Aber mein lieber Miles, du bist so ein beredtes Zeugnis für die Wunder des
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