Altar der Ewigkeit: Thriller (German Edition)
zweites Mal zu drücken. » Deshalb würde ich sagen, ja. Drück ihn.«
Sie drückte, und beide hielten den Atem an. Nichts geschah.
Dann hörten sie ein leises Klicken, und die Augenhöhlen des Totenschädels glitten auf. Unter ihnen kamen zwei Hohlräume im Holz zum Vorschein. Einer war leer, aber in dem anderen lag ein winziges Amulett aus dunkelgrünem Glas, das wie ein Schädel geformt war und einen silbernen Verschluss besaß.
Es war genauso, wie es Rys Vater beschrieben hatte, nur dass es keine Kette hatte. An dem silbernen Verschluss war allerdings eine Öse für eine. Das Amulett schmiegte sich so nahtlos in die Vertiefung, dass es Zoe mit dem Fingernagel herausholen musste.
» Schau, Ry…« Sie hielt das Amulett zwischen Daumen und Zeigefinger und hob es gegen die untergehende Sonne. In das Glas waren runenartige Zeichen geritzt, und es war etwa zur Hälfte mit einer dunklen, sirupartigen Flüssigkeit gefüllt.
» Der Knochenaltar.«
Teil Sechs
Der Altar
44
Ry blickte von dem Amulett zu Zoes Gesicht. Ihr Mund stand leicht offen, und ihre Augen glänzten wie das von der Sonne getroffene Glas.
» Sag mir, dass du nicht überlegst, davon zu trinken«, sagte er.
Sie schauderte. » Großer Gott, nein.« Aber sie ließ das Amulett sinken und drückte es in ihrer Hand an die Brust, als würde sie es von nun an vor ihm genauso beschützen wie vor dem Rest der Welt. » Aber was, wenn es stimmt, Ry? Wenn es uns ewiges Leben schenken könnte?«
» Und uns obendrein wahnsinnig machte?«
Sie schauderte wieder, und Ry legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an sich. Es war kalt geworden, jetzt, da die Sonne untergegangen war.
» Es ist nur eine alte Reliquie«, sagte er. » Ein Stück Glas.«
» Mit etwas darin, Ry. Einer Flüssigkeit.«
» Wahrscheinlich nur das Gebräu eines sibirischen Kleinbauern, aus Molchaugen und Rentier-Eiern.«
Zoe lachte halb, halb seufzte sie. » Du hast recht. Zumindest sagt mir mein Verstand, dass du recht hast. Der sibirische Kleinbauer in mir erschaudert allerdings, wenn er das Ding nur ansieht.«
Er zog sie fester an sich. » Ich finde es auch gruslig. Ich glaube, ein Teil seiner Macht, ein Teil unserer Empfindungen ihm gegenüber, hat mit dem Wissen zu tun, dass Menschen dafür getötet haben und noch immer töten. Aber auch das beweist nicht, dass es einem das ewige Leben schenkt. Es beweist nur, dass es Leute gibt, die daran glauben.«
Zoe war still und sah auf das Amulett in ihrer Hand. Dann hob sie den Blick, ein schalkhaftes Leuchten in den Augen. » Okay, O’Malley. Warum lässt du nicht Taten sprechen. Trink davon.«
» Geht nicht. Ich bin allergisch gegen Rentier-Eier.«
Sie biss sich auf die Unterlippe, um ein Lachen zu unterdrücken, aber es kam trotzdem heraus. Sie lehnte sich an ihn und spürte, wie die Spannung aus ihr wich. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf den Mund.
» Wofür war der?«, fragte er.
» Dafür, dass du bist, wie du bist.«
Er sah in ihr Gesicht. Er wollte sie gern noch einmal lieben, langsam diesmal, tiefer. Er wollte sie, alles an ihr, so sehr, dass es ihm Angst machte.
Er machte einen Schritt zurück, und Zoe zuckte ein wenig, als wäre sie ebenfalls in dem Zauber gefangen gewesen.
Sie nahm den Blick von ihm und sah die leere Straße entlang. Die ganze Welt war so still, so leise, dass er seinen eigenen Atem hörte und ihren dazu.
» So«, sagte Zoe mit leicht brüchiger Stimme. » Und was machen wir jetzt?«
» Wir fliegen nach St. Petersburg, wie geplant, und hoffen bei Gott, dass wir vor unserer Ankunft eine gute Idee haben, wie wir mit Popows Sohn fertigwerden, ohne dabei draufzugehen. Außerdem kenne ich jemanden dort, der Molekularbiologie an der Universität lehrt. Er hat wahrscheinlich Zugang zu allerlei Ausrüstung, mit der man die physikalischen Eigenschaften von dem Zeug in dem Amulett testen kann. Wir bräuchten ihm nicht das ganze Ding zu geben. Nur ein paar Tropfen.«
» Ich weiß nicht…«
» Oder du legst es in die Ikone zurück und versteckst es in einem Bankschließfach in der Schweiz. Es ist deine Entscheidung, Zoe. Du bist die Hüterin.«
Sie schaute auf das Amulett in ihrer Hand.
Es sieht nicht mehr so magisch aus, dachte Ry. Mehr wie ein billiges Stück Tand, das man auf einem griechischen Basar kaufen konnte.
» Nein, du hast recht«, sagte sie. » Wir müssen wissen, was es ist. Leute wurden dafür getötet. Und ein Präsident der Vereinigten Staaten
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