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Alte Feinde Thriller

Titel: Alte Feinde Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duane Louis
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Vergangenheit war das Büro leer. DeMeo war dort, wo auch immer er nachts seinen Arsch parkte. Und die Eingangstür war verschlossen.
    Glücklicherweise ließ sich das Schloss von innen ohne Schlüssel öffnen, ich musste also nur den Sperrriegel zurückschnappen lassen und den Knauf herumdrehen. Doch mit meinem anderen Selbst gestalteten sich einfache Tätigkeiten bekanntermaßen erschreckend kompliziert. Ich ließ den Sperrriegel zurückschnappen, war jedoch nicht in der Lage, den Knauf festzuhalten. Und als ich den Knauf umklammerte, rutschte der Schnappriegel aus den mir noch verbliebenen Fingern. Und … nochmal.
    Ein paar Minuten später schaffte ich es schließlich aus der Vordertür. Als ich die Hälfte der Treppe zurückgelegt hatte, hörte ich ein schrilles Lachen, als würde jemand zu Tode gekitzelt. Nein, Irrtum. Das war kein Lachen. Sondern ein Schrei - der Schrei eines Kindes.
    Er kam aus 2-C.

    Plötzlich ertönte ein furchtbarer dumpfer Schlag, als etwas gegen die Wand direkt neben der Tür knallte, so heftig, dass ich spürte, wie der ganze Flur um mich herum vibrierte. Dann ertönte ein weiterer Schrei, gefolgt von einem klatschenden Geräusch - ein Schlag. Dann erneut ein dumpfer Knall gegen die Wand, und ein Bitte, bitte, Mom, nicht.
    Verdammt, ich hab dir doch gesagt, dass du still sein sollst!
    Das ging mich nichts an. Das war mir schon klar. Was hinter verschlossenen Türen passierte, sollte hinter - Ach, scheiß drauf.
    Ich rannte zur Tür und packte den Griff. Verschlossen. Ich schätze, wenn man seinen Sohn verprügeln will, verriegelt man vorher die Eingangstür, um ungestört zu sein.
    Also hämmerte ich, so kräftig ich konnte, mit der Faust in kurzen Abständen fünfmal gegen die Tür. Das Geschrei verstummte und wurde von einem erschreckten Röcheln abgelöst. Ich hörte ein Psssst. Schritte näherten sich der Tür. Dann ertönte ein gedämpftes Sei still! Sofort! Es ist mein Ernst! Dann ein Schniefen und Husten. Der Schlüssel wurde herumgedreht, und quietschend öffnete sich die Tür. Erna, die Frau aus DeMeos Büro, spähte hinaus in den Flur. Seitlich an ihren Wangen lief Wimperntusche herunter. Ihre Haut war gerötet, ihr Haar verrutscht. Natürlich konnte sie mich nicht sehen.
    »Ist da jemand?«

    »Ja, Erna. Ich bin’s. Wie wär’s, wenn du damit aufhörst, dein Kind zu schlagen?«
    »Hallo?«
    Ich möchte bezweifeln, dass ich im echten Leben so mutig gewesen wäre. Aber hier war mein anderes Selbst unsichtbar. Niemand konnte meine Worte hören - außer dem Jungen vielleicht. Und darauf zählte ich. Er sollte wissen, dass jemand zuhörte. Dass seine Misshandlung nicht unbemerkt blieb.
    Erna ließ ihren Blick erneut durch den Flur wandern, dann trat sie einen Schritt zurück und schloss langsam die Tür. Doch bevor sie ganz zufiel, schaute sie mir direkt in die Augen. Es war kein flüchtiger Blick, kein zufälliger Augenkontakt. Ich schwöre, für eine Sekunde sah sie mich.
    Dann knallte sie die Tür zu.
    Ich blieb eine Weile vor der Tür und lauschte, ob erneut Schläge oder Schreie ertönten. In dem Fall hätte ich erneut gegen die Tür gehämmert. Ich konnte so bis zum Morgengrauen weitermachen oder bis die Wirkung der Tabletten nachließ, je nachdem. Doch in 2-C blieb es ruhig. Auf einmal war es mir unangenehm, in einem dunklen Flur des Jahres 1972 herumzustehen. Also legte ich ein letztes Mal mein Ohr an die Tür, und da nichts als Stille zu hören war, lief ich die Treppe zur Frankford Avenue hinunter.
     
    Draußen war es bitterkalt. Der Verkehr kroch im Schneckentempo die Avenue entlang. Über mir rumpelte die
Hochbahn, voller Arbeiter, die aus der Innenstadt nach Hause fuhren. Es war ein gutes Gefühl, die eisige Luft in meinen anderen Lungen zu spüren.
    Da ich noch nicht ganz bereit war, die Darrah Street aufzusuchen, lief ich zum Zeitungskiosk auf der anderen Straßenseite. Eine Schlagzeile auf der Titelseite fiel mir sofort ins Auge:
     
    VIERJÄHRIGES MÄDCHEN VERMISST
     
    Mit dem Bauch gegen den Tresen gedrückt - in der Hoffnung, dass niemand in mich hinein- oder durch mich hindurchrannte - überflog ich den Artikel. Es war nicht leicht, die Worte im Halbdunkel zu entziffern, und es waren nur ein paar Zentimeter, bis der Artikel auf einer anderen Seite fortgesetzt wurde, doch es reichte, um einen ungefähren Eindruck zu bekommen. Ein vierjähriges Mädchen namens Patty Glenhart war in einem Billigladen, nur ein paar Blocks von hier, verlorengegangen.
    Zunächst

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