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Alte Liebe: Roman

Alte Liebe: Roman

Titel: Alte Liebe: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Heidenreich , Bernd Schroeder
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Ungeduld?«
    »Ja und nein. Ich weiß es nicht. Du hast dir ja jahrelang Mühe gegeben. Er hat’s einem ja nicht leicht gemacht.«
    »Er war, wie er war. Er konnte wohl nicht anders sein.«
    »Ich glaube, er musste so werden, wie er war. Er hat Liebe bei den falschen Leuten gesucht, weil er sie bei seinen nicht bekam.«
    »Leni hat mal zu mir gesagt, ›er taugt nichts, weil er wie sein Vater ist‹.«
    »Nachdem er uns verlassen hat, hat Mutter unseren Vater gehasst. Ich war zehn, Theo acht. An ihm hat sie all ihre Wut und Enttäuschung ausgelassen. Er hatte keine Chance, war schlecht in der Schule, blieb sitzen, brach Schule und Lehre ab – na ja, den Rest hast du selbst erlebt.«
    »Ja.«
    »Er kam einfach mit seinem Leben nicht zurecht.«
    »Und du warst das bevorzugte Kind.«
    »Klar. Und ihm wurde ich immer als leuchtendes Beispiel entgegengehalten.«
    »Ein Wunder eigentlich, dass er dich nicht gehasst hat.«
    »Er hat doch so sehr überall um Liebe gebuhlt. Er konnte nicht hassen.«
    »Was können wir jetzt um Gottes willen für Rita tun?«
    »Erst mal trösten – wenn sie das zulässt, hysterisch, wie sie ist.«
    »Es wird furchtbar für sie. Soweit ich es jetzt überblicke, ist sie völlig verschuldet – und sie hatten keine Gütertrennung.«
    »Was heißt das?«
    »Seine Schulden sind ihre Schulden.«
    »Haben wir so was?«
    »Eine Gütertrennung? Wozu? Wir haben keine Schulden.«
    »Ach so. Weißt du, was sie am Telefon gesagt hat? Gesagt ist gut. Geschrien hat sie in ihrer Verzweiflung. ›Aber ins Grab eurer Mutter kommt er nicht!‹«
    »Das ist pure Verzweiflung, wie du sagst. Mehr Verzweiflung vermutlich als Trauer. Ja, Lore, nun sind wir dran.«
    »Und ich hab mich diesmal so sehr aufs Meer gefreut, mehr denn je.«
    »Das Meer läuft uns nicht davon. Es ist immer da – und steht niemals still – wie heißt es noch mal in dem Lied von Paolo Conte?«
    »Quel mare scuro che si muove anche di notte e non sta fermo mai.«
    »Genova per noi.«
    »Dies dunkle Meer bewegt sich auch bei Nacht und steht niemals still.«
    »Weißt du noch – damals –, unser Urlaub mit Theo auf der Île de Ré? Wir haben ihn – irgendwie, glaube ich, aus Mitleid – mitgenommen, und es war wunderbar und unkompliziert.«
    »Es war lustig und harmonisch, einfach gut – so konnte er eben auch sein.«
    »Wann war das noch mal? Fünfundachtzig – sechsundachtzig?«
    »Achtundachtzig im Juli. Das weiß ich genau. Er war gerade vierzig geworden, und am Geburtstag – die Gäste waren schon da, um ihn zu feiern – hat ihn Elisabeth verlassen.«
    »Ach ja! Das hatte ich ganz vergessen.«
    »Da saß er doch heulend bei uns, und wir hatten schon die Koffer für den Urlaub gepackt – na ja, was sollten wir tun – haben wir ihn eben mitgenommen.«
    »Ich glaube, er war damals richtig glücklich – trotz der Trennung.«
    »Die ja wirklich überfällig war.«
    »Ich hab mich in den drei Wochen mit ihm so gut verstanden, dass ich dachte, ich habe nicht nur einen Schwager, sondern auch einen Freund. Aber kaum war er zurück in seinem alten Leben –«
    »– bei den Trümmern seines Lebens –«
    »– war er wieder der Alte. Unzuverlässig, verlogen, windig.«
    »Ach, Harry, ich bin das alles so leid. Erst Mutter, jetzt Theo. Ich möchte einfach weglaufen, ja, einfach weglaufen.«
    »Lore, wenn wir Theo unter der Erde, Rita unter Kontrolle und Gloria unter der Haube haben, fahren wir beide wie in alten Zeiten mit dem Auto durch Italien, einfach so, ohne festes Ziel – drei, vier Wochen –«
    »Eine wunderbare Vorstellung.«
    »Du hast doch noch so viel Urlaub?«
    »Ja. Aber ans Meer fahren wir auch – versprochen?«
    »Natürlich.«
    »Nach Genua – Genova per noi.«
    »Und wir schauen, ob das Meer dort tatsächlich auch nachts nicht still steht.«
    »Ach Harry, können wir das noch?«
    »Wenn wir’s wollen, können wir’s.«

25 LORE

    Jetzt ist mein Bruder auch tot. Nur noch ich bin übrig von der Familie. Dass er den Mut zu so einem Selbstmord hatte – ich hätte ihm das nie zugetraut. Und natürlich mache ich mir Vorwürfe. Dass ich nicht gemerkt habe, wie ernst es ist, wie verzweifelt er ist, dass alles nur dummes Gerede ist und er innen drin Angst hat wie damals als Kind. Er hatte immer Angst, allein zu Hause, im Dunkeln, bei Gewitter, Theo war der Angsthase. Und ich habe ihn dann immer noch mehr verängstigt, habe ihn erschreckt – ach. Wir waren Kinder … Ich laufe herum wie ein Gespenst. Mutter ist tot, Theo

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