Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
hier?« Gustav sah sie überrascht an.
Lorenz brummte: »Das scheint wohl die Frage der Woche zu sein.«
Bärbel fuhr ungerührt fort. »Wir haben uns Sorgen gemacht und dich gesucht. Deine Zimmertür stand offen, und keine Spur von dir.«
»Na so was«, gab Gustav zurück. »Wenn ich das nächste Mal schlafwandle, werde ich mein Apartment der Hausordnung gemäß verschließen.«
»Alberner Kerl«, sagte Bärbel und knuffte den Alten. »Ich bin froh, dass wir dich gefunden haben. Du hättest auch hier irgendwo den Hang hinunterpurzeln können.«
Gustav stand auf. »Ach was, ich laufe so schon vierundsiebzig Jahre herum. So schnell passiert mir nichts.«
Bärbel hakte sich zwischen Lorenz und Gustav ein, und die drei machten sich auf den Rückweg. Als sie den Marktplatz überquerten, durchbrach ein Martinshorn die Stille des nachtschlafenden Ortes. Ein weiteres Sirenenfahrzeug schien dem ersten zu folgen. Dann sahen sie blaue Lichter im Dunkel über den Dächern in den Nachthimmel zucken.
Lorenz wies voraus. »Es sieht aus, als hätte man unsere Flucht bemerkt und im Heim Ausbruchsalarm gegeben.«
Gustav meinte: »Nee, das ist noch weiter weg, kommt von jenseits der Stadtmauer.«
»Das will ich jetzt aber genau wissen!« Lorenz schritt schneller voran.
Gustav grinste Bärbel an. »Da haben wir es mal wieder. Kommissar Wollbrand wittert einen Tatort.«
Sie eilten die Zülpicher Straße hinauf und gingen durch das Stadttor. Laute Stimmen schallten vom alten Kurpark herauf. Hektisch stocherten Lichtstrahlen wie lange Finger zwischen den Bäumen herum. Die drei suchten so schnell wie möglich den steilen Weg hinabzugelangen. Als sie sich dem Ausgangsort des Stimmen- und Lichtergewirrs genähert hatten, kam jemand, der eine stark strahlende Lampe in der Hand hielt, auf sie zu und leuchtete ihnen in die Gesichter.
»Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen!«, herrschte der Mann sie an.
Lorenz lachte und entgegnete: »Immer wenn man dies sagt, ist genau das Gegenteil der Fall.«
»Wer sind Sie überhaupt, und was wollen Sie hier?«, schnauzte der andere zurück und blendete Lorenz mit dem Strahl seiner Lampe.
Ein weiterer Mann trat auf sie zu. »Ach, lass mal, Kollege. Dat is der Opa Bertold. Der taucht immer auf, wenn in Nideggen wat passiert ist.«
»N’abend Willi«, knurrte Lorenz. »Was ist los?«
Willi Hurtz legte eine Hand auf Lorenz’ Schulter. »Ihr seid mitten in der Nacht unterwegs, janz zufällig, wenn hier ein Toter im Park liegt. Und du fragst mich, wat los ist?«
Gustav schob sich neben die beiden. »Willi, du alter Dorfpolizist. Was soll das heißen, ein Toter im Park?«
Hurtz wies hinter sich, wo noch mehr Polizisten herumstanden. Bärbel spähte zwischen Lorenz und Gustav hindurch und hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. Dann rief sie: »Ist das nicht die Gehhilfe vom alten Floto?«
Willi Hurtz sah sie überrascht an. »Junge Frau, woran können Sie dat denn erkennen?«
Bärbel atmete einige Male tief durch, bevor sie antwortete. »Ich habe Herrn Floto nach dem Abendessen hier in dem Park spazieren sehen. Und daher habe ich direkt an den gedacht, als ich den Rollator dort habe liegen sehen.«
»Darüber müssen Sie mir mehr erzählen«, meinte der Polizist. Doch bevor er sich Bärbel widmen konnte, trafen weitere Personen ein.
Hurtz reichte einem Mann die Hand. »Ich heiße die Krippo Düren herzlich willkommen. Schön, dass ihr da seid, dat hier is mir zu gruselig.« Hurtz trat mit dem Kollegen der Kriminalpolizei zur Seite und besprach sich leise mit ihm.
Lorenz flüsterte Bärbel ins Ohr: »Pass auf, was du gleich erzählst. Denk dran, du hast den Floto nicht verfolgt, um ihm etwas zu entlocken, sondern ihr habt lediglich den gleichen Weg für einen Verdauungsspaziergang genommen.« Lorenz verstummte, als einer der neu eingetroffenen Kriminalbeamten auf sie zukam.
»Haben Sie den Toten gefunden?«
Noch bevor einer der drei antworten konnte, schälte sich eine Gestalt aus dem Dunkel, die sie bislang noch nicht bemerkt hatten. »Nein, das war ich.«
Jakob Kratz deutete eine Verbeugung an. »Ich fand den Toten.«
Lorenz betrachtete den Alten mit großen Augen und brummte in seinen Bart: »Kommissar Wollbrand hätte eigentlich nicht überrascht sein müssen, dass dieser alte Sonderling auch an einem nächtlichen Tatort auftauchte.«
Der Polizist beleuchtete das Gesicht des Alten mit einer Taschenlampe. »Wie ist Ihr Name?«
Kratz drehte sich halb weg, um nicht
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