Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
von der Lampe geblendet zu werden. »Junger Mann, ich habe meine Personalien bereits Ihren Kollegen, die etwas schneller als Sie hier waren, zum Besten gegeben. Und nehmen Sie erst einmal Ihr Blendwerkzeug weg!«
Hurtz trat hinzu. »Das ist Jakob Kratz, er ist Bewohner eines unserer vielen Seniorenheime und konnte nicht schlafen. Auf einem Spaziergang kam er vorbei und stolperte über die Leiche.«
»Danke, Herr Kollege, aber ich hätte dies lieber von dem Herrn selber gehört«, antwortete der Kripobeamte.
Willi Hurtz hob beschwichtigend die Hände und wollte noch etwas sagen. Doch er wurde abgelenkt vom Aufflammen mehrerer großer Scheinwerfer, die mittlerweile am Tatort aufgestellt worden waren und nun die Szenerie mit gleißendem Licht fluteten.
Jetzt erst sah Lorenz die Leiche. Wilhelm Floto lag quer über dem Weg. Der Boden war dunkel und feucht vom Blut, das aus einer großen Kopfwunde geflossen war. Im grellen Licht der Scheinwerfer fiel eine weitere Wunde auf, die mitten auf der Stirn des Toten ein seltsames Muster von geronnenem Blut zeigte. Lorenz bewegte sich reflexartig auf die Leiche zu. Mit wenigen Schritten war er herangetreten und beugte sich, noch ehe einer der anwesenden Polizisten reagieren konnte, herunter.
»Das gibt’s doch nicht«, murmelte er leise. »So etwas hatte selbst der erfahrene Ermittler noch nie zu Gesicht bekommen.«
»Hey, was machen Sie da!« Ein Polizist eilte herbei und wollte Lorenz beiseiteschieben.
Auch Willi Hurtz trat schnell hinzu. »Nee, Opa Bertold – dat jeht jetzt wirklich zu weit.«
Lorenz warf noch einen schnellen Blick auf das Gesicht des Toten. Flotos Augen waren geschlossen. Am Scheitel und an einer Seite war der Schädel regelrecht zertrümmert, wodurch die rechte Gesichtshälfte deformiert wirkte und voller Blut war. So schrecklich dieser Anblick auch war – unweigerlich fiel einem die Stirn des Toten ins Auge. Dort befanden sich mehrere Schnitte, die alles andere als zufällig beigebracht wirkten. Doch bevor Lorenz dieses Muster genauer betrachten konnte, wurde er von der Leiche weggezerrt.
»Nicht so grob, meine Herren!«, rief Gustav aus und eilte herbei, um seinen Freund aus dem Griff der Polizisten zu befreien.
»Genau!«, mischte sich auch Bärbel ein. »Er ist doch nur neugierig. Herr Floto ist unser Hausgenosse!«
»Wir werden Sie dazu auch noch befragen«, antwortete der Kriminalbeamte. »Wir sind nämlich auch nur neugierig.«
»Brauchen Sie mich noch?«, fragte Kratz dazwischen. »Ich würde gerne versuchen, etwas zu schlafen.«
»Machen Sie Witze?«, versetzte der Kriminaler. »Solange ich keine vernünftige Antwort darauf habe, was Sie hier zu suchen hatten, gehen Sie nirgendwohin, außer aufs Revier, wenn’s denn sein muss.«
»Das muss nicht sein«, versetzte Jakob Kratz ruhig. »Und was ich hier zu suchen hatte, war nichts als Ruhe. Und wie Sie sehen, ist diese hier wohl momentan nicht zu finden.«
»Ich dreh’ durch«, wandte sich der Kriminalbeamte an Willi Hurtz. »Nideggen ist anscheinend ein Sammelbecken für verrückte Alte.«
»Das haben wir gehört«, murmelte Lorenz. »Auch das schrieb der greise Vater in sein Tagebuch.« Er drehte sich um und sah zu Bärbel, die leise in ihr Mobiltelefon sprach und es in diesem Moment zuklappte. »Mit wem telefonierst du?«
Bärbel lächelte. »Ich habe Benny angerufen. Der soll uns hier rausholen, bevor du dich mit den Beamten in die Wolle kriegst und den Rest der Nacht in einer Zelle verbringen musst.«
Gustav kicherte: »Das ist doch eine Erfahrung, die Kommissar Wollbrand noch in seiner Sammlung fehlt. Lassen wir’s doch drauf ankommen.«
»Das hättest du wohl gerne!«, entrüstete sich Bärbel. »Der arme Lorenz, das würde eine Tortur werden!«
»Siehst du«, grinste Lorenz. »Sie hat nicht nur ein Herz für abgehalfterte Eintänzer, sondern auch für echte Männer.«
Mittlerweile hatten die Spezialisten der Mordkommission unter dem gleißenden Licht der Scheinwerfer ihre Arbeit an der Leiche aufgenommen. Bärbel drehte sich erschauernd zur Seite.
Willi Hurtz bemerkte dies und kam auf sie zu. »Wie war das eben, junge Frau?«, begann er. »Sie haben den Toten am Abend noch lebend hier gesehen? Wie kam es dazu?«
Lorenz murmelte: »Die Dame hat sicherlich nicht behauptet, einen lebenden Toten gesehen zu haben.«
Hurtz lachte. »Opa Bertold, nu halt ens die Luft an. Jetzt tu ich mit einem Zeugen sprechen.«
»Das ist richtig, Herr Hurtz«, antwortete Bärbel schnell,
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