ALTEA (Sturmflut) (German Edition)
Regierung ein paar Stunden Zeit geben sich zu ergeben und kooperationsbereit zu zeigen.“ Sagte Ibrahim mit ruhiger Stimme. „Sollten sie das Ultimatum verstreichen lassen, werden wir Europa, zusammen mit unseren Verbündeten, Stück für Stück befreien.“
„Was ist mit den Menschen?“ Die Besorgnis in meiner Stimme war deutlich zu hören, ich wollte sie aber auch gar nicht verstecken.
„Wir legen es nicht auf einen Krieg an, aber das ist es, was passieren wird, wenn die Regierung nicht kapituliert.“ Er sagte es völlig kalt und emotionslos. Genauso kannte ich ihn, doch in diesem Moment konnte ich es nicht ertragen. Es wirkte auf mich wie Arroganz. Arroganz und das Gefühl von Überlegenheit. „Wir werden versuchen die zivilen Opfer so gering wie möglich zu halten. Im Krieg gibt es dafür aber keine Garantien.“
Mir war nicht mehr einfach nur schlecht, ich spürte heftige Übelkeit. Wenn ich das wirklich tat, war eine mögliche Konsequenz, dass unzählige Menschen ihr Leben verlieren würden. Unschuldige Menschen. Alles würde von einer Entscheidung abhängen, die ich nicht treffen konnte. Es würde darauf ankommen, ob die Regierung Europas kapitulierte oder nicht. Würden sie das tun? Ich wusste es nicht. Mein Verstand war überfordert mit diesen Gedanken. Mit dieser Frage. Ich starrte nur auf die Tischplatte. War ich bereit dieses Risiko einzugehen? Ich allein würde die Verantwortung für das tragen, was danach geschah. Zumindest fühlte es sich so an. Ich sah hilfesuchend zu Aljoscha, der mir nur eindringlich in die Augen blickte. Jedes Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden. Ich verstand, er würde mir diese Entscheidung nicht abnehmen. Es war vielleicht die einzige Chance, die Europa hatte. Würde ich mich jetzt verweigern, würde ich zukünftigen Generationen die Möglichkeit auf Freiheit verweigern. Durfte ich diese Entscheidung treffen? Rechtfertigte es die vielen Opfer, die vielleicht dafür gebracht werden mussten? Ich wünschte mir so sehr zu wissen, was mein Vater in dieser Situation getan hätte. Ich wusste es nicht. Es gab bereits zu viele Opfer, damit ich überhaupt so weit kommen konnte. Ein ‚vielleicht‘ war nicht genug, um die Hoffnung einfach fallenzulassen. Ich begann langsam zu nicken und man konnte förmlich sehen, wie die Anspannung aus Rubinovs Gesicht wich und Zufriedenheit Platz machte. Anna wartete noch einen kurzen Moment und fuhr dann fort.
„Die erste Gruppe wird aus Frau Kovasana, Soldat Kolashin, Soldat Manyuk und der Ärztin Nelsson bestehen. Die zweite-„
„AUF KEINEN FALL!“ Radus wütende Stimme erfüllte den Raum und brachte alle dazu, sich zu ihm zu drehen. „Auf keinen Fall wird meine Schwester in einer anderen Gruppe sein als ich. Ich bleibe bei ihr!“ Forderte Radu lautstark. Anna war sichtlich irritiert, ließ sich aber nicht aus dem Konzept bringen.
„Als Mitglied des STEA brauchen wir Sie in der zweiten Gruppe, die als erstes ausrücken wird. Sie sind unser Kontaktmann.“
„ Ich werde auf jeden Fall in Millas Gruppe sein. Steckt doch Manyuk in die erste Gruppe! Der wird das schon hinkriegen. Ich werde ihm alles sagen, was er wissen muss, um mit den anderen STEA-Mitgliedern in Kontakt zu treten.“ Dieses ‚freundliche‘ Angebot triefte in jedem Wort vor Hass, doch Aljoscha blieb ganz gelassen.
„Okay, warum nicht? Ibrahim kennt die Abläufe genauso gut wie ich. Und vielleicht ist es gar nicht schlecht, wenn jemand von unseren Leuten und jemand vom STEA bei Frau Kovasana ist.“
Während Aljoscha meinen Nachnamen aussprach, verzog Radu weiter das Gesicht zu einer Fratze. Das alles gefiel mir überhaupt nicht. Ich wusste Radu wollte mich nur beschützen, doch wieder einmal traf er über meinen Kopf hinweg die Entscheidungen für mich. Ich wollte etwas sagen, fand aber einfach nicht die Stärke. Jedes Wort konnte den endgültigen Bruch mit meinem Bruder bedeuten und das wollte ich auf keinen Fall. Ich hatte keine andere Wahl, als es hinzunehmen.
„Nun gut. Dann besteht die erste Gruppe aus Frau Kovasana, Soldat Eldan, Soldat Kolashin und der Ärztin Nelsson. Das Kommando hat Soldat Kolashin. Die zweite Gruppe besteht aus Soldat Manyuk, dem neusten STEA-Mitglied Herr Grüner, dem Soldaten Jelzin und mir. Das Kommando habe ich.“
Anna sprach noch weiter und nannte die Mitglieder der dritten Gruppe.
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