Alter Adel rostet nicht
trotzdem machte ich nicht gleich die Tore weit. Die Vorsicht gebot es, zuerst genauere Nachforschungen anzustellen.
»Hast du dein Hundevieh bei dir?«
»Nein. Der Butler geht gerade mit ihm spazieren.«
»Na schön, dann darfst du hereinkommen.«
Das tat sie denn auch und fand sich mit einem Bertram konfrontiert, der mit verschränkten Armen dastand und sie strafend ansah. Sie schien meine drohende Positur jedoch gar nicht wahrzunehmen.
»Bertie, mein Schatz …«
Ein ziemlich wildes Knurren aus meinem Munde lief? sie verstummen.
»Spar dir diesen Schmus von wegen ›Bertie, mein Schatz‹ und beantworte mir lieber eine Frage, verehrte Stiffy. Hast du mir etwa diesen Helm in den Koffer gelegt?«
»Aber natürlich. Darüber wollte ich ja gerade mit dir reden. Du weißt doch noch, wie ich nach einem guten Versteck dafür gesucht habe. Und nach langem Kopfzerbrechen kam ich dann plötzlich auf diese Idee.«
»Aber jetzt habe ich das blöde Ding am Hals!«
Sie schien verblüfft ob der Heftigkeit meiner Worte und sah mich mit großen, erstaunten Kinderaugen an.
»Aber das macht dir doch nichts aus, Bertielein, oder?«
»Und ob mir das was ausmacht!«
»Aber warum denn? Ich dachte, es wäre dir eine Freude, mir helfen zu können.«
»Was du nicht sagst!« knurrte ich, und ich glaube, das saß.
»Ich konnte doch auf keinen Fall riskieren, daß Onkel Watkyn den Helm in meinem Zimmer findet.«
»Es ist dir also lieber, wenn er ihn in meinem Zimmer findet?«
»Aber wie sollte er? Er kann doch nicht einfach dein Zimmer durchsuchen.«
»So, glaubst du?«
»Natürlich nicht. Du bist ja sein Gast.«
»Und du meinst, das wäre für ihn ein Hindernis?« Ich setzte ein bitteres, fast könnte man sagen: spöttisches Lächeln auf. »Da unterstellst du dem alten Giftpilz aber ein Taktgefühl und einen Respekt vor den Geboten der Gastlichkeit, für die sich in seinem bisherigen Verhalten keinerlei Anhaltspunkte finden. Ich garantiere dir, daß er dieses Zimmer durchsuchen wird, und der einzige Grund, weshalb er nicht schon längst am Werk ist, dürfte der sein, daß er das Haus noch nach Gussie durchforstet.«
»Gussie?«
»Er ist zur Zeit mit einer Reitpeitsche hinter Gussie her. Aber so was kann man natürlich nicht endlos fortsetzen. Irgendwann wird er die Verfolgungsjagd aufgeben, und dann werden wir ihn hier haben – mit Spürhund und Vergrößerungsglas.«
Endlich begann sie zu begreifen, wie ernst die Lage war. Sie stieß ein erschrockenes Quieken aus, und ihre Augen wurden so groß wie Untertassen.
»Ach, Bertielein! Dann habe ich dich ja in eine richtige Klemme gebracht.«
»Darauf kannst du Gift nehmen.«
»Jetzt tut es mir direkt leid, daß ich Harold gebeten habe, das Ding zu stibitzen. Das war ein Fehler, ich geb’s zu. Aber selbst wenn Onkel Watkyn kommt und den Helm hier findet – das wäre doch auch nicht weiter schlimm, oder?«
»Haben Sie das gehört, Jeeves?«
»Jawohl, Sir.«
»Du glaubst also, das wäre nicht weiter schlimm, ja?«
»Na ja, ich meine, deinem Ruf würde das kaum schaden. Alle Welt weiß doch, wie wild du auf Polizeihelme bist. Dieser hier wäre nur einer von vielen.«
»Und was gibt dir die Gewißheit, beste Stiffy, daß ich im Augenblick der höchsten Gefahr für Leib und Leben alle Schuld still auf mich nehmen werde, anstatt die Wahrheit laut hinauszuposaunen?«
Ich hätte nicht gedacht, daß ihre Augen noch größer werden könnten, aber bei diesen Worten wurden sie merklich größer, und sie stieß noch ein erschrockenes Quieken aus. In Anbetracht seiner Lautstärke sollte man vielleicht besser von einem Aufkreischen sprechen.
»Aber Bertie!«
»Was ist?«
»Bertie, hör doch mal!«
»Ich höre.«
»Du wirst das doch hoffentlich auf deine Kappe nehmen? Du kannst schließlich Harold nicht im Regen stehen lassen! Heute nachmittag hast du mir noch erzählt, daß man ihn wegen so was suspendieren würde, und ich will nicht, daß er suspendiert wird. Was soll denn aus ihm werden, wenn man ihn suspendiert? Warum kannst du nicht einfach sagen, daß du es warst? Die Folge wäre doch nur, daß man dich aus dem Haus wirft, und du legst ja bestimmt keinen Wert darauf, noch länger hierzubleiben, oder?«
»Du hast wohl übersehen, daß dein sauberer Onkel beabsichtigt, den Schuldigen einzulochen?«
»Ach wo! Im schlimmsten Fall gibt’s eine Geldbuße.«
»Mitnichten. Er sprach ausdrücklich von Knast.«
»Das hat er bestimmt nicht so gemeint, und
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