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Alter Hass rostet nicht

Alter Hass rostet nicht

Titel: Alter Hass rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerry Cotton
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Stadt bis auf Weiteres nicht verlassen.«
    Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. Mit seinem Überbiss, den schütteren, grauen Haaren und der viel zu großen Hornbrille sah er aus wie eine in die Enge getriebene, kurzsichtige Ratte.
    Ich trat einen Schritt vor und warf einen Blick in das Zimmer, aus dem er gekommen war. Dort standen weitere Koffer, mindestens sechs.
    »Wie lange wollten Sie Urlaub machen? Zwei Jahre?« fragte ich trocken.
    Das hier sah nicht nach Urlaub aus. Es sah eher so aus, als wollte John Reeves seine Zelte in New York für immer abbrechen. Wären wir nur zehn Minuten später gekommen, wäre der Vogel ausgeflogen gewesen und niemand hätte ihn jemals wiedergesehen. So aber stand er vor uns wie ein ertappter Schuljunge.
    »Was wollen Sie hören?«
    Seine Stimme glich dem leisen Rascheln vertrockneter Blätter.
    »Alles, was Sie über Kailee Anderson, Michael Blum und Colin Banks wissen.«
    Reeves runzelte die Stirn. »Wer ist Colin Banks?«
    Seine Irritation war so ungekünstelt, dass sie nur echt sein konnte.
    »Ein toter Anwalt, der sich zu Lebzeiten offenbar sehr für die Galerie Mimi Blum interessiert hat.«
    »Was seiner Gesundheit nicht unbedingt förderlich war«, ergänzte Phil.
    Wieder blitzte die Panik in Reeves’ Augen auf. Hier hat jemand eine Scheißangst um sein Leben, ging es mir unwillkürlich durch den Kopf.
    »Ich habe den Namen noch nie gehört«, brachte Reeves mühsam heraus.
    »Was ist mit Michael Blum?« forschte ich weiter.
    Reeves biss sich auf die Unterlippe. »Ihm gehört die Galerie Mimi Blum im Garment District. Ich habe ab und zu die Echtheit von Gemälden für ihn zertifiziert.«
    »Zum Beispiel Bilder eines gewissen Canaletto«, schaltete mein Partner sich ein. Reeves zeigte keine Reaktion, aber man sah ihm an, dass er sich Mühe geben musste. Er nickte knapp.
    »Welche Rolle hat dabei die sogenannte Sammlung Kailee Anderson gespielt?«
    »Die Initiatoren der Sammlung unterhalten enge Kontakte zu einem Treuhänder in Bologna, der sich um einen großen Teil der erhaltenen Canaletto-Gemälde kümmert.«
    »Von ihm kauft Kailee Anderson die Bilder für ihre Sammlung?«
    »Nicht nur Kailee. Es gibt Sammler in der ganzen Welt, die sich für die italienische Landschaftsmalerei dieser Zeit interessieren.«
    »Und Galeristen«, warf ich ein. »Wie Michael Blum.«
    »Richtig. Die Preise für einen Canaletto steigen seit Jahren. Die Gewinnspannen sind enorm.«
    »Was sich vermutlich auch in den Kosten für ein entsprechendes Echtheitszertifikat niederschlägt.«
    Das ließ John Reeves unkommentiert.
    »Haben Sie sich eigentlich noch nie geirrt?«, schaltete Phil sich ein.
    Reeves sah ihn verwirrt an.
    »Wenn Sie die Echtheit eines Gemäldes beurteilen. Sind Sie immer ganz sicher, dass Sie recht haben?«
    Auf der hohen Stirn des Gutachters breitete sich ein dünner Schweißfilm aus.
    »Es gibt wissenschaftliche Methoden, mit deren Hilfe man das Alter der Leinwand und der verwendeten Farbmaterialien exakt bestimmen kann«, erklärte er gepresst.
    »Und wenn Sie sich doch mal irren?«, bohrte Phil weiter. »Immerhin geht es im Kunsthandel um erhebliche Summen.«
    Reeves tupfte sich den Schweiß mit einem Taschentuch ab.
    »In dem Fall«, flüsterte er heiser, »hätte ich ein Problem.«
    ***
    Im Field Office traten wir im 23. Stock aus dem Aufzug. Unterwegs zur Federal Plaza hatten wir noch einmal angehalten und bei einem Kaffee, den wir beide dringend nötig hatten, das weitere Vorgehen besprochen. Wir waren gerade auf dem Weg ins Büro, um uns die Informationen, die wir brauchten, aus den diversen Datenbanken und Websites zu besorgen, als Helen uns vom Ende des Flurs zuwinkte.
    »Der Chef ruft«, konstatierte Phil trocken, während wir uns auf den Weg zum Allerheiligsten machten.
    »Und eine Tasse vom besten Kaffee der Welt«, munterte ich ihn auf. Wie ich hätte er sich jetzt lieber auf die Recherche gestürzt, um die Ermittlungen voranzutreiben. Aber es war auch wichtig, Mr High auf den aktuellen Stand zu bringen. Vielleicht konnte er uns ja mit seiner Erfahrung und seinem untrüglichen Sinn für die innere Dynamik einer Ermittlung einen entscheidenden Schritt weiterbringen.
    Helen deutete auf die halboffene Tür zu seinem Büro.
    »Der Chef wartet schon auf euch«, zwinkerte sie uns zu. »Der Kaffee auch.«
    »Was würden wir bloß ohne dich tun?«, schmachtete mein Partner sie im Vorübergehen an.
    »Kaffee kochen«, bemerkte Helen trocken. Als ich Phils verblüffte Miene

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