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Alter Hass rostet nicht

Alter Hass rostet nicht

Titel: Alter Hass rostet nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jerry Cotton
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hörbar:
    »Sie können Ihr verdammtes Foto haben.«
    Phil zwinkerte mir zu, dann folgten wir Mrs Rowling zum gläsernen Aufzug.
    Ihr Apartment lag im siebten Stock. Es war größer als meine Wohnung und bot einen herrlichen Blick über den Park, in dem einige Heimbewohner ihren Rollator vorsichtig über die gepflegten Wege schoben, als würden sie an einer Schnur gezogen.
    Mrs Rowling zog ein grünes Fotoalbum aus dem Regal.
    »Suchen Sie sich eins aus«, sagte sie müde. Dann holte sie eine bauchige Kristallkaraffe aus dem Schrank, goss sich zwei Finger Whisky ein und kippte ihn in einem Zug runter, ohne die Miene zu verziehen.
    Ich blätterte durch das Album. Es waren ausschließlich Fotos von Rocky eingeklebt. Rocky als Baby, Rockys erster Schultag, Rocky im Football-Trikot, Rocky auf der Achterbahn, Rocky im Kreis der Familie.
    »Er hatte zehn Geschwister, zwei Mädchen und acht Jungs«, kommentierte seine Mutter mit schwerer Zunge. Sie hatte sich inzwischen nachgeschenkt. »Sieben davon sind schon tot. Fünf Schießereien und zwei Verkehrsunfälle.«
    Sie trank einen langen Zug.
    »Den Jüngsten hat sein eigener Vater erschossen. Frank war Alkoholiker. Er wollte seinen Colt Defender reinigen und hat einen Moment nicht aufgepasst. Damit ist Frank nicht klargekommen. Zwei Monate später hat er sich von der Brooklyn Bridge gestürzt.«
    Rocky mit Abschlusszeugnis, Rocky mit Freundinnen, Rocky lässig mit Zigarre, Rocky breit grinsend am Steuer eines zitronengelben Chevy Cavalier, Rocky im Boxring.
    »Das war seine glücklichste Zeit, als er in diesen Boxclub ging«, schwärmte seine Mutter. »Rocky war unheimlich ehrgeizig und hat sehr hart trainiert. Und nach dem Training ist er mit seinen Freunden um die Häuser gezogen. Er hatte viele Freunde damals. Nette Jungs. Einige davon hat er im Boxclub kennengelernt.«
    Phil stieß mich an, aber ich hatte es auch schon entdeckt.
    Quer über der Tür stand der Name des Boxclubs: Chinese Boxing Club .
    Daneben das Logo: Zwei große C und ein B, kunstvoll ineinander verschlungen.
    Dasselbe Zeichen hatte Colin Banks unmittelbar vor seinem Tod in den Staub der Straße gekritzelt.
    Martin Knudson trug es als Schlüsselanhänger bei sich.
    ***
    Der Chinese Boxing Club lag mitten in Brooklyn am Ende der Hoyt Street, wo die belebten Wohnviertel aufhören und unvermittelt in ein tristes, heruntergekommenes Industriegelände übergehen.
    Ich parkte den Wagen an der Ecke 3rd Street und warf einen Blick auf die fensterlose Eingangsfront. Eiserne Rollgitter und breite, zugemauerte Einfahrten ließen an ein ehemaliges Lagergebäude denken. Die rußgeschwärzten Backsteinwände waren in mehreren Schichten mit Plakaten und Flyern beklebt, die auf Veranstaltungen hinwiesen, an die sich niemand mehr erinnerte.
    »Sicher, dass hier noch jemand boxt?« Phil kniff skeptisch die Augen zusammen. »Sieht aus, als läge die große Zeit des CBC schon etwas länger zurück.«
    »Das werden wir gleich wissen«, munterte ich ihn auf und suchte nach einer Klingel neben der massiven Stahltür. Aber alles, was ich fand, war ein schmuddeliger Zettel, auf den eine Handynummer gekritzelt war.
    Ich wählte die Nummer. Schon bevor ich den ersten Signalton hörte, wurde auf der anderen Seite abgenommen.
    Eine dröhnende chinesische Stimme bellte irgendwas Unverständliches in den Hörer.
    Ich hielt mein Handy unwillkürlich vom Ohr weg.
    »FBI, Agents Cotton und Decker. Wir würden dem Leiter des Clubs gerne ein paar Fragen stellen.«
    Schweigen. Im Hintergrund hörte ich aufgeregtes Tuscheln. Dann meldete sich die Stimme wieder, diesmal etwas gedämpfter und auf Englisch.
    »Drehen Köpfe nach rechts.«
    Erst jetzt entdeckte ich die Minikamera, die in eine Mauerlücke eingelassen und auf uns gerichtet war. Wir folgten der Aufforderung.
    »Zeigen Ausweise.«
    Auch den Gefallen taten wir ihm. Kurz darauf wurde die Verbindung unterbrochen. Wir warteten. Eine Minute. Zwei Minuten. Drei Minuten. Ich wollte gerade auf die Wiederholungstaste drücken, als die Tür aufgestoßen wurde und uns ein schmächtiger Chinese im Armani-Anzug durch die dicken Gläser seiner schwarzen Hornbrille neugierig musterte. Offenbar ging die Prüfung günstig für uns aus, denn der Chinese trat zur Seite und deutete eine knappe Verbeugung an.
    »Kommen rein.«
    Er schloss die Tür hinter uns und wir taten ein paar Schritte in den weitläufigen Trainingsraum hinein. Als ich mich umdrehte, war der Mann verschwunden, als hätte er sich

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