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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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wild auf Vögel. Glauben Sie ja nicht, sie hätte je auf einen Vogel geschossen, nie! Ach, und dann all die Geschichten über Mrs Letherby. Die haben sie beinahe eingesperrt, wegen Ladendiebstahls. Sie soll es sehr schlau gemacht haben. Und dabei war sie so reich.«
    Nachdem Tuppence Mr Bodlicott überredet hatte, das Deckenfenster im Badezimmer auszuwechseln, überlegte sie, wie sie es anstellen konnte, die Unterhaltung auf eine Geschichte zu lenken, die das Geheimnis ihres Hauses enträtseln half, falls es überhaupt eines gab.
    Isaac ließ sich nie lange bitten, Reparaturarbeiten für Neuankömmlinge zu übernehmen. Für ihn gab es nichts Schöneres, als möglichst viele neue Menschen kennen zu lernen. Es war eine Sensation für ihn, wenn er Leute traf, die seine Erinnerungen und wunderbaren Geschichten aus der alten Zeit noch nie gehört hatten. Wer sie schon kannte, ermutigte ihn selten zu Wiederholungen. Aber ahnungslose Zuhörer! Das war jedes Mal ein Ereignis. Mit Vergnügen stürzte er sich ins Gespräch.
    »Ein Glück, dass der alte Joe sich nicht geschnitten hat. Das Gesicht hätte ihm aufgerissen werden können.«
    »Ja, gut möglich.«
    »Da muss noch ein Rest Glas aufgefegt werden, Madam.«
    »Ich weiß«, sagte Tuppence. »Wir sind noch nicht dazugekommen.«
    »Mit Glas sollten Sie vorsichtig sein. Glasscherben haben es in sich. Ein kleiner Splitter kann großen Schaden anrichten. Man kann dran sterben, wenn er in ein Blutgefäß gerät. Ich erinnere mich an Miss Lavinia Shotacomb. Sie…«
    Tuppence fand Miss Shotacomb nicht sehr verlockend. Sie hatte schon öfter von ihr gehört. Sie war zwischen siebzig und achtzig, völlig taub und fast blind.
    »Ich glaube«, sagte Tuppence rasch, ehe Isaacs Bericht über Miss Shotacomb in Gang kam, »dass Sie über die verschiedenen Leute und die merkwürdigen Begebenheiten in diesem Haus viel wissen.«
    »Ach, so jung wie ich mal war, bin ich auch nicht mehr. Ich gehe auf die Neunzig zu. Aber ich habe immer ein gutes Gedächtnis gehabt. Und wissen Sie, es gibt Dinge, die man nicht vergisst. Nein. Wie lange das auch her sein mag, irgendwas erinnert einen dran, und dann kommt alles wieder zurück. Sie glauben nicht, was ich Ihnen erzählen könnte!«
    »Es ist wirklich erstaunlich, wenn man überlegt, was Sie über die seltsamsten Leute alles wissen müssen.«
    »Ja, bei den Menschen kann man nie sicher sein, was? Manche sind nicht das, wofür man sie hält. Und es gibt Dinge, die man ihnen nicht im Traum zugetraut hätte.«
    »Dass sie Spione sind, zum Beispiel«, meinte Tuppence, »oder Kriminelle.«
    Sie sah ihn hoffnungsvoll an. Der alte Isaac bückte sich und hob einen Glassplitter auf.
    »Da!«, rief er. »Was würden Sie sagen, wenn Sie sich den in die Fußsohle getreten hätten?«
    Tuppence bekam das Gefühl, dass das Auswechseln einer Glasscheibe im Deckenfenster nicht ausreichte, um Isaacs aufregendere Geschichten aus der Vergangenheit herauf zubeschwören. Sie erwähnte, dass das kleine Glashaus, das auf der Seite des Esszimmers ans Haus angebaut war, ebenfalls repariert und mit einem gewissen Kostenaufwand für neue Glasscheiben in Ordnung gebracht werden müsste. Lohnte sich die Reparatur oder wäre es besser, es abzureißen? Isaac stürzte sich mit Eifer auf die neue Aufgabe. Sie gingen hinunter und um das Haus herum, bis sie das fragliche Bauwerk erreichten.
    »Aha, das da meinen Sie?«
    Tuppence bestätigte es.
    »KK«, sagte Isaac.
    Tuppence sah ihn an. Die beiden Buchstaben des Alphabets bedeuteten ihr wenig. Was meinte er damit?
    »Was haben Sie gesagt?«
    »KK habe ich gesagt. Früher, zur Zeit der alten Mrs Lottie Jones hieß es so.«
    »Ach! Und warum hat sie es so genannt?«
    »Weiß ich nicht. Wohl eine Art Name, wie man ihn damals für so ‘n Haus gebraucht hat. Ist ja nicht groß, nicht? Größere Häuser haben ein richtiges Gewächshaus. Wissen Sie, mit Frauenhaarfarnen in Töpfen.«
    »Ja.« Tuppence nickte. Sie erinnerte sich sehr gut. »Hatte sie denn Frauenhaarfarne?«
    »Nein, nein. Hier bewahrten die Kinder ihr Spielzeug auf. Vielleicht liegt es noch drin, wenn niemand aufgeräumt hat. Sie sehen ja, dass es schon halb zerfallen ist. Sie haben es einfach abgestützt und ein Dach drübergezogen. Ich glaub ja nicht, dass man das noch verwenden kann. Sie haben kaputtes Spielzeug und Stühle und so was abgestellt. Damals stand das Schaukelpferd schon drin und Wahreliebe auch.«
    »Können wir hineingehen?«, fragte Tuppence, die durch

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