Alter schützt vor Scharfsinn nicht
und wütend.
»Sei still!«, rief Tuppence. »Sei still!«
Hannibal fand sich bereit, das laute Bellen einzustellen. Er legte sich hin, streckte die Vorderpfoten aus und gab lang gezogene Grolltöne von sich.
»Ach, Mrs Beresford«, rief Miss Mullins beim Eintreten, »es tut mir so leid, wenn ich störe, aber ich dachte, Sie würden sich vielleicht gern mal dieses Gartenbuch ansehen. Es enthält viele Vorschläge, was man jetzt pflanzen soll. Auch ein paar sehr seltene und ausgefallene Sträucher werden erwähnt. Übrigens wachsen sie in diesem Boden sehr gut, obwohl manche Leute behaupten… Oh, wie reizend! Ja, ich trinke gern eine Tasse Kaffee. Bitte, darf ich Ihnen einschenken? Wenn man im Bett liegt, ist das immer so umständlich. Ich dachte, vielleicht – « Miss Mullins sah zu Albert auf, der ihr zuvorkommend einen Stuhl heranrückte.
»Ist es Ihnen so recht?«, fragte er.
»Ja, danke, sehr schön. Du meine Güte! Hat es eben nicht geklingelt?«
»Wird wohl der Milchmann sein«, sagte Albert. »Oder der Bote vom Laden. Es ist sein Vormittag. Wenn Sie mich bitte entschuldigen.«
Er verließ das Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Hannibal knurrte wieder.
»Das ist mein Hund«, erklärte Tuppence. »Er nimmt es übel, dass er uns nicht Gesellschaft leisten darf, aber er macht zu viel Lärm.«
»Nehmen Sie Zucker, Mrs Beresford?«
»Ein Stück, bitte.«
Miss Mullins goss Kaffee ein. Tuppence sagte: »Keine Milch.«
Miss Mullins stellte die Tasse neben Tuppence ab und schenkte sich dann selbst ein.
Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht, versuchte sich an einem Tisch festzuhalten und landete mit einem Schreckensruf auf den Knien.
»Haben Sie sich wehgetan?«, fragte Tuppence.
»Nein, nein, aber ich habe eine Vase zerbrochen. Ich bin mit dem Fuß hängen geblieben. Wie ungeschickt von mir. Und Ihre schöne Vase ist kaputt. Ach, meine liebe Mrs Beresford, was müssen Sie von mir denken. Oh, glauben Sie mir, es war ein reines Versehen.«
»Aber natürlich«, sagte Tuppence freundlich. »Zeigen Sie mal her! Das ist nicht so schlimm. Es sind nur zwei Stücke. Die können wir wieder kitten. Den Sprung wird man kaum merken.«
»Es ist mir trotzdem schrecklich peinlich«, sagte Miss Mullins. »Sicher fühlen Sie sich nicht sehr wohl und ich hätte nicht kommen sollen, aber ich wollte Ihnen unbedingt erzählen…«
Hannibal begann wieder zu bellen.
»Der arme kleine Hund«, sagte Miss Mullins. »Soll ich ihn rauslassen?«
»Lieber nicht. Manchmal ist kein Verlass auf ihn.«
»Oh! Hat es schon wieder geklingelt?«
»Nein«, sagte Tuppence, »das ist das Telefon.«
»Soll ich vielleicht abnehmen?«
»Nein, das macht Albert. Wenn er mich braucht, gibt er Bescheid.«
In diesem Fall nahm Tommy unten den Hörer ab.
»Hallo?«, sagte er. »Ja? Aha, ich verstehe. Wer? Hm – ja. So, einer von der Gegenseite? Ist das sicher? Ja. Wir sind auf alles vorbereitet. Vielen Dank.«
Er legte den Hörer auf und sah Mr Crispin an.
»Eine Warnung?«, fragte der.
»Ja.«
Tommy sah ihn immer noch unverwandt an.
»Manchmal ist es schwer zu wissen, wer der Freund und wer der Feind ist, nicht wahr?«
»Manchmal erfährt man es auch zu spät. ›Tor des Schicksals, Höhle des Unglücks‹«, sagte Tommy.
Mr Crispin betrachtete ihn überrascht.
»Entschuldigen Sie«, sagte Tommy, »aus irgendeinem Grund haben wir uns angewöhnt, andauernd Gedichte zu zitieren.«
»Das ist doch Flecker? Aus Die Tore von Ba g dad oder ist es Die T o re von Damaskus?«
»Ach, kommen Sie doch mit nach oben«, sagte Tommy. »Tuppence ruht sich nur aus. Sie ist weder krank noch sonst was. Nicht mal einen Schnupfen hat sie!«
»Ich habe Kaffee raufgebracht«, meldete Albert, der plötzlich auftauchte. »Und noch eine zweite Tasse für diese Miss Mullins, die mit einem Gartenbuch oder einem Katalog bei ihr ist.«
»Hm, ja«, sagte Tommy. »Es läuft wie am Schnürchen. Wo ist Hannibal?«
»Den habe ich ins Bad gesperrt.«
»Haben Sie die Tür sehr fest zugemacht? Sie wissen ja, dass er es nicht mag.«
»Nein, Sir. Ich habe es genau nach Ihren Anweisungen erledigt.«
Tommy ging die Treppe hinauf, gefolgt von Mr Crispin, klopfte leise und trat ein. Im Bad bellte Hannibal noch einmal wütend los, dann sprang er gegen die Tür, das Schloss schnappte zurück, und er schoss ins Zimmer. Er warf einen Blick auf Mr Crispin und stürzte sich mit voller Wucht und wütendem Knurren auf Miss Mullins.
»Oje!«, rief Tuppence.
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