Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)
Botschafterinnen ab. Unser Mann dort hat ihn sofort verschwinden lassen, das macht er nur, wenn er ganz sicher ist, nicht erwischt zu werden. Wir müssen ihn schnell zurückbringen, bevor der Bote den beiden Schwestern begegnet.«
Das Grinsen des Unschuldstrinkers wurde noch breiter.
»Ich liebe diese Momente«, sagte er. »Dann wollen wir mal.«
Er brach vorsichtig das Siegel und entfaltete die beiden Papierbögen. Beim Lesen sanken seine Hände auf den Schreibtisch herab, und sein Grinsen verblasste.
»Alles in Ordnung, Sir?«, fragte Grimm.
»Ja, alles in Ordnung«, antwortete sein Herr nachdenklich.
Der Unschuldstrinker schickte den Soldaten weg und starrte seinen Assistenten an.
»Habe ich dir schon von dem Jungen erzählt, den ich über alles verabscheue?«
»Dem Jungen, der von den Pans verehrt wird? Matt, nicht wahr?«
»Genau. Ich glaube, ich habe ein Mittel gefunden, um ihn für all das bezahlen zu lassen, was er mir angetan hat.«
Grimm rieb sich die Hände.
»Ah? War es eine kompromittierende Botschaft?«
»Besser noch! Eine sehr delikate Information. Stell dir vor, Eden wurde angegriffen. Von seltsamen Wesen, die die Gören ›Foltergeister‹ nennen, wenn ich dem Inhalt des Briefes Glauben schenken darf. Eine Gefahr aus dem Norden. Und Melchiot zufolge versuchen diese Foltergeister offenbar, diesen berühmten Matt in ihre Finger zu bekommen! Mein lieber Grimm, was wissen wir über den Norden?«
»Nichts, Sir. Niemand war jemals dort. Um dorthin zu kommen, müsste man das Gebiet der Pans durchqueren, wenn man nicht einen langen Umweg nach Westen in Kauf nehmen will.«
Der Unschuldstrinker spitzte die Lippen, während sich seine Gedanken überschlugen:
»Ich habe die Erlaubnis erhalten, Patrouillen in ihr Gebiet zu schicken«, erklärte er. »Mir schwebte zwar ursprünglich etwas anderes vor, aber wir werden dieses Recht nutzen, um Männer von uns nach Norden zu schicken. So weit wie möglich. Ich glaube, ich habe da eine Idee.«
»Sie ist ganz bestimmt großartig«, schmeichelte ihm Grimm schleimig.
»Wenn diese Foltergeister hinter Matt her sind, schlage ich vor, dass wir ihnen helfen, ihn zu schnappen. Im Gegenzug könnten diese Wesen aus dem Norden uns einen wertvollen Dienst erweisen. Hol mir mein Tintenfass, ich muss einen Brief aufsetzen. Und lass diesen hier in das Postbüro zurückbringen, achte aber darauf, dass er wieder ordentlich versiegelt ist. Die beiden Schwestern dürfen nichts merken.«
Der Unschuldstrinker sank in seinen Schreibtischsessel zurück.
Er war äußerst zufrieden mit der Wendung der Ereignisse. Alles lief bestens. Wäre da nur nicht diese Einbruchsgeschichte gewesen. Doch er war zuversichtlich, dass sich die Sache in seiner Abwesenheit aufklären würde. Mit ein wenig Glück würde der Vorfall sogar seinen Plänen dienen.
Alles hing davon ab, wer der Eindringling war.
29. Ein nebliger Morgen
M att hatte gerade eben die Metallbrücke in der Ferne erblickt, als Amy plötzlich schrie:
»Ein toter Vogel! Sie haben uns entdeckt!«
Ein großer Rabe segelte ein Stück weiter hinten durch die Luft und starrte mit seinen Knopfaugen auf die kleine Gruppe herab, die flott dahinmarschierte.
»Wer noch daran gezweifelt hat, dass zwischen den besessenen Pans und den Foltergeistern eine Verbindung besteht, dürfte jetzt eines Besseren belehrt sein«, meinte Matt.
»Er beobachtet uns«, erklärte Floyd.
»Und er wird uns folgen, bis einer der Foltergeister uns erwischt!«, sagte Matt.
»Dieses Problem können wir lösen«, meldete sich Tobias und packte seinen Bogen. »Ambre, bist du dabei?«
»Allzeit bereit«, antwortete sie.
Tobias spannte seinen Bogen, zielte und schoss. Der Pfeil stieg rasch auf und schien ins Schwarze zu treffen, doch dann verlor er an Geschwindigkeit und kam vom Kurs ab. Ambre konzentrierte sich und lenkte das Geschoss wieder in die vorgesehene Richtung, so dass es den Vogel durchbohrte, bevor er ausweichen konnte.
»Das wäre erledigt«, meinte sie.
Sie überquerten die Brücke. Dann kletterte Matt zum Fuß des Bauwerks hinab und lehnte die Dynamitstangen direkt unterhalb des Metallbogens an den Betonpfeiler.
»Heb eine oder zwei auf«, rief Tobias zu ihm herab.
»Nein! Ich habe so schon Angst, dass die Sprengkraft nicht ausreicht.«
Nachdem er die Zündschnüre verdrillt und sich vergewissert hatte, dass seine Kameraden genug Abstand hielten, zündete er sie mit einem Feuerzeug an. Hastig stieg er auf Pluschs Rücken und
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