Alterra: Der Herr des Nebels: Roman (German Edition)
galoppierte zurück zu den anderen.
Die Explosion dröhnte so laut, dass sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Ohren zuhielten. Eine Wolke aus Rauch und Staub stob auf. Der Beton knirschte, das Metall kreischte, die Brücke begann zu schwanken, und plötzlich stürzte der Teil, der ihrem Ufer am nächsten war, mit einem Riesenkrach ins Wasser.
Die Pans jubelten und hüpften vor Freude, als hätten sie einen Erzfeind besiegt.
»Das dürfte unsere Verfolger erst einmal aufhalten«, rief Matt freudestrahlend. »Wie weit ist die nächste Brücke weg?«
»Keine Ahnung«, antwortete Amy. »Aber sie ist sicher ein ganzes Stück entfernt, sonst hätte die Garnison von Fort Strafe sie erfasst.«
»Umso besser.«
»Allerdings wissen wir nicht, wie wir zurückkommen …«, gab Amy zu bedenken.
»Alles zu seiner Zeit. Weiter geht’s! Wir müssen hier so schnell wie möglich weg.«
Vor Einbruch der Dunkelheit überquerten die Pans zwei kleinere Flüsse, den einen auf einem dicken Baumstamm, den zweiten auf einer seichten Furt in eiskaltem Wasser und inmitten schwarzer Algen, die bei der Berührung mit den Pfoten der Hunde zu zittern anfingen.
Als es Zeit wurde, das Nachtlager aufzuschlagen, stellten sie ihre Zelte in einer unwirtlichen Ebene auf, inmitten von kahlen Sträuchern, verkrustetem Schnee, halb zugefrorenen Teichen, schlammigen Wasserlachen und Rinnsalen. Die schützenden Nadelwälder waren einem düsteren Sumpfgebiet gewichen.
Im Norden schob sich die Wand aus grauen Wolken immer näher heran, und sie konnten deutlich die blauen, wie Skelettarme geformten Blitze erkennen, die bei jedem elektrischen Aufflackern Bäume, Erde und Steine fortzureißen schienen.
Der Wind heulte, die Böen rüttelten an den Zeltwänden, die Abspannseile surrten.
»Vergewissert euch, dass eure Pflöcke fest im Boden stecken!«, brüllte Floyd, damit die anderen ihn hörten. »Ich glaube, es wird eine unruhige Nacht.«
Seine Befürchtung sollte sich bewahrheiten.
Sie aßen ihre Mahlzeit kalt, da sie bei dem Wind kein Feuer machen konnten, und hockten zum Essen dicht beieinander.
Sobald sie sich schlafen gelegt hatten, wurde der Wind noch stärker. Er drückte die Zelte auf die sich schlaflos hin und her wälzenden Pans. Die Hunde krochen zu ihren Herrchen und Frauchen und schmiegten sich an sie.
Der Sturm hielt die ganze Nacht lang an. Mehrmals musste Matt aufstehen und rausgehen, um herausgerissene Pflöcke wieder im Boden zu versenken. Er legte große Steine darauf und bohrte sie tief in die Erde, aber es half alles nichts.
Bei einem dieser Abstecher nach draußen glaubte er, in der Ferne ein Quieken zu hören. Er kauerte sich nieder und lauschte in den Wind, aber als er nichts mehr hörte, kehrte er in sein Zelt zurück.
Einen kurzen Moment lang war ihm der Schreck in die Glieder gefahren. Er hatte befürchtet, dass es sich um eine der Riesenspinnen handelte, auf denen die Foltergeister ritten.
Als er sich wieder hinlegte, behielt er sein Schwert in Reichweite. Er war bereit, sofort aufzuspringen und die Zeltwand zu zerfetzen.
Bei Tagesanbruch steckte Matt seine Nase nach draußen. Es war erstaunlich ruhig, fast schon beunruhigend still. Wie alle anderen hatte er stundenlang wach gelegen, war dann aber doch eingeschlafen. Er wusste nicht, ob er den Sturm irgendwann nicht mehr wahrgenommen hatte oder ob er in den frühen Morgenstunden abgeflaut war.
Jedenfalls hatte sich der Wind gelegt.
Dichter Nebel hüllte die Landschaft in einen milchigen, unheimlichen Schleier. Im Vergleich zum Vorabend schienen die Blitze am Horizont näher gekommen zu sein.
Als die Mitglieder der Expedition gerade die Zelte abbauten, um weiterzuziehen, kamen Hunderte von Hasen von Norden her angehoppelt und sprangen in südlicher Richtung davon. Manche fegten in ihrer Panik sogar zwischen ihren Beinen hindurch.
Das Geräusch von Flügelschlägen über ihnen zeugte davon, dass mindestens ebenso viele Vögel dicht über ihren Köpfen nach Süden flogen.
Als Nächstes tauchten Rehe auf, stolze Hirsche, ganze Rotten von Wildschweinen und andere wilde Tiere, die sie nicht benennen konnten, weil sie neuen Arten angehörten. Auch ein paar Raubtiere waren dabei, doch sie waren viel zu sehr mit der Flucht beschäftigt, als dass sie die Pans angegriffen hätten.
Die ganze Tierwelt floh aus dem Norden.
»Auweia«, meinte Tobias, »das ist kein gutes Zeichen. Gar kein gutes Zeichen.«
Plötzlich hörten sie ein Donnergrollen.
Wie ein endloser
Weitere Kostenlose Bücher