Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
zurückkehrte, waren die Zyniks schon dabei, seine Freunde mit Hieben in die Käfige der Bärserker zu treiben.
»Deswegen macht mir der Krieg keine Angst. Denen werd ich’s heimzahlen, und wie! Jetzt muss ich nur noch einen Platz in unserer Armee finden, mit dem ich auch klarkomme. Als Infanterist brav in Reih und Glied marschieren, das geht mir gegen den Strich.«
»Warum besuchst du nicht die Akademie der Alteration, vielleicht kannst du da …«
Horace lachte trocken auf.
»Meine Alteration bringt uns im Kampf gar nichts!«
»Wieso nicht?«
»Wieso nicht?«, wiederholte Horace, indem er Matts Stimme imitierte.
Matt verschluckte sich beinahe.
»Du klingst ja haargenau wie ich! Wie machst du das?«
»Das ist meine Alteration. Leute nachmachen. Tolle Waffe, was?«
»Kannst du alle Stimmen nachahmen, die du hörst?«
»Mit ein wenig Übung, ja. Und das ist nicht alles. Sieh her und staune!«
Seine Stirn krümmte sich, seine Augenbrauen wurden schmaler und länger, seine Wangenknochen höher und seine Lippen dünner. Innerhalb weniger Sekunden war Horace nicht wiederzuerkennen. Mit einer hohlen Stimme, die seiner eigenen nicht im Geringsten ähnelte, sagte er:
»Ich kann mich nach Belieben verwandeln!«
»Kannst du auch das Gesicht eines anderen annehmen?«
»Nein, das nun auch wieder nicht. Aber ich kann meine Gesichtszüge so verändern, dass man mich nicht mehr erkennt. Na, würde ich damit einen Zynik in die Flucht schlagen?«
»Ich verstehe gar nicht, was du hast, das ist doch genial. Wie bist du dazu gekommen?«
»Ich habe schon immer den Klassenclown gespielt, wenn du weißt, was ich meine. Habe ständig die Leute nachgeäfft, Grimassen geschnitten und Stimmen nachgemacht. Inzwischen imitiere ich allerdings nicht mehr, ich reproduziere die charakteristischen Eigenschaften einer Stimme.«
»Das ist echt abgefahren.«
»Es ist super, um die Leute bei Laune zu halten, klar, aber ein Überlebenstraining würde ich damit nicht bestehen.«
Matt schwieg eine Weile und musterte ihn nachdenklich.
»Du hast mit ansehen müssen, wie deine Freunde entführt wurden, deshalb bist du so …«
Matt suchte nach dem richtigen Wort.
»Zynisch«, ergänzte Horace grimmig. »Wahrscheinlich, ja.«
Matt streckte ihm die Hand hin.
»Ich hatte jedenfalls einen tollen Abend.«
Matt schlief.
Tief und fest. Die Art von Schlaf, die keine Erinnerung an Träume hinterlässt.
Jeden Abend hoffte er beim Einschlafen, dass ihn der Torvaderon wieder in seinen Träumen aufsuchen würde, um in sein Innerstes vorzudringen. Diesmal wollte Matt ihm alle Türen öffnen, in der Hoffnung, sich seinerseits in das Innere des Monsters stehlen zu können und dort Spuren von Tobias ausfindig zu machen.
Aber der Torvaderon erschien nicht.
War er noch hinter ihm her? Bestimmt, aber die Entfernung zwischen ihnen war gegenwärtig wohl zu groß, als dass der Torvaderon seine Träume orten konnte. Früher oder später würde sich das ändern, da war Matt sicher.
Als es an der Tür klopfte, glaubte Matt einen kurzen Augenblick, sein Feind habe ihn gefunden.
Es war nur ein Wächter der Miliz.
»Matt, steh auf!«
»Wie? Was ist los? Ein Gewitter? Ist ein Gewitter aufgezogen? Mit Blitzen, die wie Finger aussehen?«
Der Wächter musterte ihn, als sei er nicht ganz richtig im Kopf.
»Nein, nein. Es geht … um deine Hündin.«
Matt war schlagartig hellwach.
»Plusch? Habt ihr sie gefunden?«
»Äh, na ja … Das wissen wir nicht so genau, ehrlich gesagt.«
»Wie bitte? Ist sie nun wieder da oder nicht?«
»Es ist besser, wenn du dir das selbst ansiehst.«
Matt schnappte sich seinen schwarzen Mantel und rannte in den Flur.
10. Eine etwas andere Kavallerie
D rei Wächter klammerten sich an ihre Lanzen, als Matt herbeigelaufen kam.
»Ich sage ihnen, dass sie sofort alle Fenster und Türen verriegeln und Alarm schlagen sollen!«, schlug der Kleinste der Gruppe vor.
»Krieg dich wieder ein! Es besteht kein Grund zur Panik! Das fehlte noch, dass du deswegen die ganze Stadt aufweckst!«
»Was ist los?«, rief Matt. »Wo ist Plusch?«
»Sag du es uns.«
Die Wächter wichen zur Seite, und Matt blickte auf die dunklen Felder. Dichte Wolken hatten sich vor den Mond geschoben, und im ersten Augenblick sah er gar nichts.
Schatten. Vage Gestalten.
In der Finsternis leuchteten unzählige Augenpaare, die auf Eden gerichtet waren.
Da tauchte der Mond auf und erhellte das Tal.
Sie waren zu Hunderten.
Groß wie Pferde. Sie saßen
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