Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
alle sie hören konnten. »Ihr werdet bald sehen, dass wir damit über eine unglaublich wichtige Waffe verfügen!«
Ambre bedeutete der Menge, die Straße zwischen ihr und dem gegenüberliegenden Gebäude frei zu machen, einer alten Scheune mit eingestürztem Dach. Dann holte sie die Behälter und entfernte die Tücher, mit denen sie die Gläser zugedeckt hatte. In der Dämmerung waren die rot und blau leuchtenden Käfer gut zu sehen.
Sie öffnete die Deckel und konzentrierte sich.
Der bunte Schein tanzte wie das Licht einer Discokugel auf ihrem Gesicht.
Sie streckte die Hand zur Scheune aus.
Einige Pans lachten.
Ambre bewegte ihre Finger, als taste sie die morschen Wände aus der Ferne ab.
Sie nahm ein großes Risiko in Kauf. Sie hatte nicht genug geübt und konnte nicht einschätzen, wie viel Energie ihr die Käfer verleihen würden.
Doch dann spürte sie die Kraft in sich anwachsen und begann vorsichtig, mit ihren Gedanken auf die etwa zehn Meter entfernte Materie einzuwirken.
Das Holz knirschte, der Dachstuhl wölbte sich, die Bretterwände knarrten, und plötzlich hob sich das Dach. Erst ein Balken, dann der nächste bogen sich unter dem First, bevor sich das Dach in einer Wolke aus Staub und Sägespänen wieder senkte.
Die Menge schwieg ehrfürchtig. Ambre entspannte sich und stützte sich auf Chen, um nicht umzukippen. Ihr wurde kurz schwarz vor Augen, so erschöpft war sie.
»Da seht ihr, was man mit der Alteration bewerkstelligen kann!«, rief Melchiot, der noch immer auf seinem Stuhl stand.
»Niemand außer diesem Mädchen ist zu so etwas imstande!«, entgegnete ein Junge aus der Mitte der versammelten Pans.
Ambre atmete tief ein, um wieder zu Kräften zu kommen, und erklärte:
»Die Käfer verstärken meine Alteration um ein Vielfaches. Besucht die Akademie, dann seid ihr bald in der Lage, weitaus bessere Leistungen zu vollbringen als das, was ihr soeben gesehen habt!«
Die Pans begannen aufgeregt zu diskutieren. Alle hatten von Alterationsunfällen im Zusammenhang mit dem Skaraheer gehört, aber auf diese Idee wären sie nie gekommen. Was sie gerade erlebt hatten, brachte selbst die größten Skeptiker ins Grübeln.
Schließlich trat ein Mädchen mit langen blonden Haaren vor.
»Ambre, kannst du uns wirklich helfen, unsere Alteration zu entwickeln?«
»Mit dem Skaraheer auf unserer Seite werden wir die Armeen der Zyniks das Fürchten lehren, glaub mir.«
»Also ich bin dabei.«
»Ich auch! Ich auch!«, rief ein Junge.
»Ich will auch mitmachen!«
»Und ich!«
»Schreib mich ein! Ich habe immer an die Alteration geglaubt!«, schrie ein anderer.
Wenige Sekunden später drängte sich die Hälfte der Anwesenden vor der Tür der Akademie, und Ambre musste sie bitten, etwas Platz zu machen, damit sie ihre Anmeldeliste holen konnte.
Die Pans hatten zwar kaum erfahrene Kämpfer in ihren Reihen, aber die Alteration war ein nicht zu unterschätzender Trumpf.
Das war besser als nichts.
Matt hatte seinen Abend damit verbracht, vor dem Stadtwall auf und ab zu gehen und Richtung Wald zu starren. Er hoffte noch immer, dass Plusch zurückkommen würde. Beim Einbruch der Dunkelheit gab er auf und ging zur Krankenstation, um nach Mia zu sehen.
Ihr Zustand hatte sich nicht verändert. Ihre Wunden, vor allem die am Oberschenkel, eiterten noch immer. Sie zitterte und schwitzte am ganzen Leib.
Matt blieb eine ganze Weile bei ihr sitzen.
Sie kannten sich kaum, und doch fühlte er sich ihr nahe. Nachdem Tobias sie von dem Nabelring befreit hatte, waren sie gemeinsam vor den Zyniks und den Schattenfressern geflohen und hatten den Absturz des Zeppelins des Unschuldstrinkers überlebt. Diese Erlebnisse hatten sie zusammengeschweißt.
Matt untersuchte den Nabel des Mädchens. Die Schwellung nässte noch stark. Etwas Abartigeres als den Nabelring hätten sich die Zyniks wirklich nicht ausdenken können.
Schließlich brach er zum Haus der Gesandten auf, da er hoffte, dort Floyd, Jon oder Nournia anzutreffen. Er wollte an diesem Abend nicht allein sein und wusste, dass Ambre in der Akademie bis spät in die Nacht beschäftigt sein würde.
Unterwegs kam er am Salon der Erinnerung vorbei und trat spontan ein.
Fast die ganze Stadt war aus Materialien und Überresten aus der früheren Welt errichtet worden, aber der Salon der Erinnerung wirkte wie aus der Zeit gefallen. Mit seinen Holzverkleidungen, dem langen Tresen, den runden Tischen und der Bühne für das Orchester ähnelte er einem Saloon in einem
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