Alterra - Der Krieg der Kinder: Roman (German Edition)
ansprach.
»Hallo, Matt.«
»Mia?«
Das Mädchen stützte sich auf eine Krücke. Den anderen Arm trug sie in einer Schlinge, und sie sah noch recht blass aus.
»Man hat mir erzählt, dass du oft bei mir warst. Ich wollte mich bedanken.«
»Seit wann bist du raus?«
»Seit heute Morgen. Offenbar habe ich das Gröbste überstanden. Ganz fit bin ich noch nicht, wie du siehst, aber es geht bergauf.«
»Wir haben uns echt Sorgen gemacht! Ich bin froh, dass du wieder auf den Beinen bist.«
»Ich wollte dir für alles danken, das du für uns getan hast. Bei unserer Flucht hatte ich dazu keine Gelegenheit.«
Matt zuckte die Achseln.
»Das war doch selbstverständlich.«
Mia stellte sich auf die Zehenspitzen, strich sich die blonden Haare aus dem Gesicht und gab ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
Am nächsten Morgen brach in der Akademie ein verheerender Brand aus.
Melchiot hatte versäumt, seine Alteration in Gegenwart der Käfer ausreichend zu kontrollieren, so dass sich das Feuer an seinen Fingerspitzen in riesige Stichflammen verwandelte und er ohnmächtig zusammenbrach. Wie durch ein Wunder wurde kein Pan verletzt, und Ambre konnte Melchiot gerade noch rechtzeitig aus dem lichterloh brennenden Gebäude schaffen.
Aus Sicherheitsgründen wurde die Akademie daraufhin fernab der Wohnhäuser hinter den Ställen und Scheunen im Norden der Stadt eingerichtet, in einem Steinhaus, in dem Landwirtschaftsgeräte untergebracht waren.
Ambre und Matt trafen sich am frühen Nachmittag am Ufer des Flusses.
»Wir müssen bald aufbrechen«, sagte sie. »Wir können nicht länger warten.«
»Die Ratsversammlung will zuerst die Rückkehr der Weitwanderer aus dem Süden abwarten, damit wir über die neuesten Informationen über den Pass der Wölfe verfügen, bevor sich der Spähtrupp mit uns auf den Weg macht. Ich finde, das ist eine kluge Entscheidung. Wir sollten nicht blind drauflosrennen, ohne zu wissen, wie die Lage dort ist.«
»Und wenn sie nicht zurückkommen? Wenn sie … Ich meine, du weißt schon.«
»Für jemanden, der davon träumt, Weitwanderer zu werden, vertraust du ihnen aber nicht besonders!«
»Seit ich ihre Ausbildung durchlaufe, ist mir erst so richtig bewusst geworden, welche Gefahren die neue Welt birgt.«
»Warten wir noch etwas ab.«
»Wenn sie in drei Tagen nicht zurück sind, müssen wir los. Uns bleibt nichts anderes übrig. Malronce’ Armeen werden nicht warten, bis wir bereit sind.«
Matt wusch sich die Hände im klaren Flusswasser und musterte die vielen Schrunden und Narben auf seinen braun gebrannten Armen. In den vergangenen Monaten hatte sich sein Körper stark verändert: Seine Muskeln traten klar hervor, und seine Pausbacken waren verschwunden.
»Ich habe gesehen, dass Mia die Krankenstation verlassen hat«, sagte Ambre.
»Ja, gestern schon.«
»Ihr versteht euch gut, ihr beide, nicht wahr?«
Matt hörte an Ambres Stimme, dass etwas nicht stimmte.
»Warum fragst du das?«
»Ich habe euch gestern gesehen, ihr habt sehr … nah beieinandergestanden.«
Er zuckte die Achseln.
»Sie hat …«
»Matt, du musst dich nicht rechtfertigen. Ich wollte dir nur sagen, dass … dass ich es weiß, mehr nicht. Damit es zwischen uns kein Problem gibt.«
»Was für ein Problem denn?«
Ambre biss sich auf die Lippe.
»Ach nichts, ich bin blöd.«
»Nein, sag es.«
»Nichts, ich rede nur Unsinn. Ich bin total müde, die Akademie schlaucht mich ganz schön.«
Sie setzte ein breites Lächeln auf, aber Matt spürte, dass es nicht echt war.
Himmel, musste er sich denn immer so ungeschickt anstellen? Er glaubte zu verstehen, was Ambre ihm mitteilen wollte, aber er wusste einfach nicht, wie er darauf reagieren sollte. Er hatte den Eindruck, dass sie eifersüchtig war.
So wie ich auf Ben?
Er verscheuchte diesen albernen Gedanken sofort. Er war nicht eifersüchtig auf Ben. Ambre gehörte ihm nicht, sie konnte machen, was sie wollte.
»Ich muss los, die Arbeit ruft«, sagte Ambre und stand auf. »Wir geben uns drei Tage, dann brechen wir ins Reich der Königin auf. Nach Wyrd’Lon-Deis.«
Als hätten sie geahnt, wie ungeduldig sie erwartet wurden, kehrten die Weitwanderer aus dem Süden noch am selben Abend zurück. Einer der drei war verletzt und wurde direkt zur Krankenstation gebracht, während die beiden anderen zunächst zum Haus der Gesandten gingen, um ihre Ausrüstung abzulegen. Ihre dunkelgrünen Umhänge waren zerrissen, und einer schien seine Kleider unterwegs
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