ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
Brücke. Wir nehmen den Lincoln-Tunnel unter dem Fluss am anderen Ende der Stadt.«
»Und wieso glaubst du, dass er nicht von den … den Mutanten besetzt ist?«
»Sie können im Dunkeln nicht sehen. Der in deinem Hausflur hat sich überall angestoßen. Sie wirken zwar ziemlich dumm, aber ich glaube nicht, dass sie von selbst in eine solche Falle rennen. Denn der Strom ist bestimmt auch im Tunnel ausgefallen.«
Tobias seufzte.
»Wir haben sowieso keine Wahl, oder?«
Matt näherte sich dem Ausgang, prüfte vorsichtig, ob die Luft rein war, und stapfte los, Tobias hinter ihm.
Bald erblickten sie die hellen Lichter der Stelzenläufer, die in den Avenues patrouillierten, und Matt blieb im Wald, um ihrem scharfen Blick zu entgehen. Als plötzlich dicht neben ihnen ein Ast knackste, dachte Matt sofort an die Eisbären aus dem Zoo und setzte zu einem Sprint an. Stattdessen sahen sie einen Mann oder vielmehr einen Mutanten, nach seinem faltigen Gesicht und den riesigen Pusteln zu urteilen, der auf dem Boden hockte und eine Konservendose gegen einen Stein schlug, ohne sie zu bemerken. Der Anblick eines mutierten Erwachsenen, der in tiefster Nacht mitten im Central Park vergebens versuchte, eine Büchse zu öffnen, war gruselig und traurig zugleich.
Matt zögerte, ob er sein Schwert zücken sollte, verhielt sich aber lieber so still wie möglich, um den Mutanten nicht auf sie aufmerksam zu machen. Der schlug seine Konservendose heftig auf den Stein und knurrte wütend, als er feststellte, dass sie nicht aufgebrochen war. Matt und Tobias gelang es, sich unbemerkt davonzuschleichen.
Schließlich erreichten sie den Parkrand, und Matt bedauerte es jetzt, den Wald verlassen zu müssen, den er am Tag zuvor noch so sehr gefürchtet hatte. Sie mussten den Broadway überqueren, um in schmalere, unauffälligere Straßen zu gelangen, doch drei Stelzenläufer sicherten die Umgebung.
»Beeilung, und keinen Mucks!«, schärfte Matt Tobias ein. »Wenn eins von diesen Dingern uns sieht, wird es wie gestern anfangen zu schreien, um die anderen zu rufen, und dann ist der Ofen aus.«
»Bei all dem Schnee auf der Straße kommen wir nicht schnell genug voran«, wandte Tobias ein. »Schau, können wir nicht diesen Weg nehmen?« Er zeigte auf die U-Bahn-Station. »Wir gehen die Treppe runter, laufen die Gleise entlang und kommen nicht weit vom Lincoln-Tunnel wieder raus.«
Matt wollte gerade eifrig nicken, als sie einen Stelzenläufer aus der U-Bahn-Station kommen sahen.
»Kommando zurück«, sagte Tobias.
»Dann bleiben wir beim ersten Plan. Bist du bereit? Auf drei!«
Matt lief nach vorne gebeugt los, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, dicht gefolgt von Tobias. Sie mussten die Beine sehr hoch heben und sanken bei jedem Schritt bis zu den Oberschenkeln ein. An der nächstgelegenen Kreuzung tauchte ein Stelzenläufer auf, seine Augen musterten den Boden vor ihm. Matt ging schneller. Der Stelzenläufer zögerte und stakste schließlich in ihre Richtung, wobei seine Stelzen tiefe Löcher im Schnee hinterließen. Er lief viel müheloser und kam viel besser voran als sie. Seine Augen durchsuchten den Schnee zwei Meter vor ihm. Würde er den Kopf heben – oder die Kapuze, die ihm als Kopf diente –, so würde er die beiden Jungen nicht verfehlen können. Matt warf seinem Freund, der ebenfalls das Tempo beschleunigte, einen Blick zu.
Sie erreichten die andere Straßenseite, bevor der Stelzenläufer bei ihnen angelangt war, und Tobias zog Matt in eine Nische, die er gerade noch rechtzeitig entdeckt hatte. Ohne anzuhalten, stakste der Stelzenläufer an ihnen vorbei.
»Das war knapp«, seufzte Tobias, als die Kreatur weg war.
Danach lief es besser. Sie fanden ihren Rhythmus, drückten sich an Hauswänden entlang und überquerten die Straßen erst, wenn die Stelzenläufer weit genug entfernt waren. In einer Stunde legten sie so etwa zwanzig Häuserblocks zurück, bis sie endlich in die Nähe des Lincoln-Tunnels kamen, zu Tode erschöpft von dem anstrengenden Marsch durch den Schnee und der ständigen Wachsamkeit. Zwischen zwei Häuserreihen hatten sie verblüfft einen Stelzenläufer beobachtet, der minutenlang zwei wankende Mutanten gemustert hatte und dann einfach weitergegangen war. Von einem Bündnis konnte man zwar nicht unbedingt sprechen, aber es schien eine Art »wohlwollender Neutralität« zwischen den beiden Gruppen zu geben. »Wohlwollende Neutralität« war der Lieblingsbegriff ihres Geschichtslehrers gewesen. Die
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