ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
verändern. Er steht eben noch unter Schock, nach allem, was wir erlebt haben. Er wird schon wieder der Alte , versuchte Matt sich zu überzeugen. Seinen Freund zu verlieren war das Schlimmste, was ihm jetzt noch passieren konnte. Er war das Einzige, was ihm von der Welt blieb, in der sie bis vor kurzem gelebt hatten.
Tobias hob die Flasche hoch. Die Insekten, die in ihrem Gefängnis hin und her krabbelten, warfen einen blauen Schimmer auf sein Gesicht.
Da erstarb auf einmal sein triumphierendes Grinsen. Er murmelte etwas Unverständliches und ließ die Käfer schnell wieder frei.
»Na los, lauft zu, Jungs«, sagte er leise. »Beeilt euch. Tut mir leid, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
Matt und Plusch sahen ihn beifällig an.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Tobias. »Das war bescheuert. Kommt, wir gehen wieder rauf und suchen uns ein Plätzchen zum Schlafen.«
Wortlos stapften sie die Anhöhe hinauf und fanden einen breiten Spalt zwischen zwei Felsen, in dem sie die Nacht verbringen konnten. Als Plusch sich in ihre Mitte legte, fühlten sie sich vollkommen sicher. Die Hündin war ein Geschenk des Himmels. Matt konnte sein Glück immer noch nicht fassen. Woher kam Plusch? Warum lief sie mit ihnen mit, als hätte sie genau sie und niemand anderen gesucht? Wahrscheinlich würde er die Antwort auf diese Fragen nie finden – wenn es überhaupt eine Antwort gab. Vielleicht war Plusch einfach nur ein streunender Hund, der ausnahmsweise nicht in ein wildes Tier verwandelt worden war, so wie Tobias und er die Blitze überlebt hatten. Er legte eine Hand auf die große behaarte Pfote und schlief sofort tief ein.
Sie verbrachten eine friedliche Nacht ohne böse Überraschungen.
Am Morgen tranken sie und Plusch die letzten Tropfen Wasser aus ihren Feldflaschen. Sie mussten eine Stadt finden, um ihre Vorräte aufzufüllen. Tiefe Wolken hingen am Himmel, aber es war nicht kalt.
Nachdem sie den ganzen Vormittag auf dem Hügel neben der leuchtenden Autobahn entlangmarschiert waren, entdeckten sie in der Nähe eine Stadt oder vielmehr das, was davon noch übrig war. Auch hier war alles von Pflanzen überwuchert, die an den Fassaden emporkletterten, sich um Stromleitungen ringelten und die einstige Ortschaft in einen regelrechten Urwald verwandelten. Die Wanderer deckten sich mit Wasserflaschen ein und bedienten sich in einem Lebensmittelgeschäft. Matt beobachtete Plusch, die durch die Regalreihen streifte: Wollte sie sich etwa auch mit Futter versorgen? Tobias lief durch die Süßwarenabteilung im hinteren Teil des Ladens, während Matt wehmütig in einem Comic blätterte. Bei der Geschwindigkeit, mit der die Natur die besiedelte Welt zurückeroberte, würde er schon bald keine mehr finden können. Niemand würde mehr neue Comics zeichnen, genauso wenig wie er mit seinen Freunden ins Kino gehen würde.
Matt war so sehr in diesen trüben Gedanken vertieft, dass er nicht bemerkte, wie sich hinten im Laden eine Tür öffnete. Erst als die tiefe Stimme eines Mannes die Stille zerriss, zuckte er zusammen und warf sich hastig auf die moosbewachsenen Fliesen.
»Keine Bewegung!«
Tobias schrie auf und wollte wegrennen, aber der Mann packte ihn an den Haaren.
»Hiergeblieben!«
Matt hob den Kopf und stellte fest, dass der Mann, der Tobias festhielt, ihn nicht gesehen hatte. Er war klein und kräftig. Ein Kranz brauner Haare zierte seinen Schädel, und in seinem Gesicht wucherte ein dichter Bart.
»Lauf nicht weg. Hab ich dich erschreckt?«
»Lassen Sie mich los«, fauchte Tobias.
»Wenn ich das tue, haust du ab. Das sehe ich dir an.«
»Sie tun mir weh!«
Der Mann schob Tobias in eine Ecke, ließ seine Haare los und verstellte ihm den Weg.
»So besser?«, fragte er trocken.
Dann streckte er die Hand aus.
»Ich heiße Johnny.«
Tobias antwortete nicht.
»Kriegst den Mund nicht auf, was? Na, du kannst von Glück sagen, dass du mich getroffen hast. Da draußen ist es verdammt gefährlich.«
Tobias entspannte sich ein wenig.
»Lassen Sie mich bitte vorbei.«
Johnny rührte sich nicht vom Fleck.
»Wo willst du denn hin?«, fragte er. »Da draußen ist nichts mehr, das hast du sicher bemerkt. Los, komm mit mir nach hinten. Ich zeige dir alles. Wir beide werden zusammenhalten, nicht wahr? Du hilfst mir, ich helfe dir.«
Als Tobias ausreißen wollte, packte Johnny ihn am Arm.
»Lassen Sie mich los!«, schrie Tobias. »Lassen Sie mich los!«
»Wirst du wohl still sein!« Sein Ton wurde schärfer. »Freust
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