ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
beruhigende Zimmer … ein Bett! Matt lebte jetzt in einem großen weichen Bett. Nach einer Weile rückten zwei Fenster in seine Wahrnehmung. Das Sonnenlicht flutete durch pfirsichfarbene Vorhänge aus feiner Baumwolle. Schließlich sah er auch hellgelbe Wände.
Die Tage und Nächte verstrichen.
Allmählich erschienen Lebewesen in seinen Erinnerungen. Zarte Stimmen. Gestalten, die sich über ihn beugten. Die mit ihm sprachen, ohne dass er sie verstand.
Sein Körper wurde immer schlaffer. Jede Bewegung kostete ihn ungemeine Kraft; danach dämmerte er wieder lange reglos dahin.
Er war nur ein Zuschauer in diesem endlosen Reigen von Schlafen und Wachen, er ließ sich einfach davontragen wie ein Floß auf dem Meer der Zeit, fernab jeglicher Zivilisation, völlig allein auf der Welt. Er hatte sich so an diese wechselnden Phasen gewöhnt, dass sich wohl lange nichts geändert hätte, wenn ihm nicht eines Morgens ein Engel erschienen wäre.
An jenem Tag wachte Matt auf und erkannte die verschwommenen Umrisse einer Gestalt mit langen rotblonden Haaren. Er zwinkerte, um den Schleier vor seinen Augen zu verjagen.
Da saß sie. Neben ihm.
Ein Mädchen. Sie mochte etwa fünfzehn Jahre alt sein, hatte hohe Wangenknochen und rot schimmernde Lippen unter einer schmalen Nase. Kerzengerade saß sie auf ihrem Stuhl, schön wie eine Blume zu Frühlingsbeginn, die stolz ihre bunten Blütenblätter entfaltet, entschlossen und doch seidenweich. Ihre sanfte Stimme weckte ihn behutsam.
»Es stimmt also gar nicht, was man über dich sagt.«
In Matts Ohren klangen ihre Worte wie ein süßes Lied.
»Du liegst gar nicht im Koma, stimmt’s?«
Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht und zog ihre Sommersprossen in die Breite. Matt wollte das Mädchen zu seinem Himmel machen, ihre Sommersprossen zu Sternen und ihre Augen zu zwei grünen Gestirnen, die er für immer betrachten konnte.
Was war mit ihm? Wieso sprach sie von Koma? Wo war er? In einem Haus …
»Du verstehst mich, das sehe ich ganz genau!«, sagte sie vergnügt.
Hinter den beiden großen Fenstern mit den durchsichtigen Vorhängen schimmerte die Sonne. Die Decke war außergewöhnlich hoch. Ein makelloser, weicher Teppich bedeckte den Boden, schneeweiße, mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Holzmöbel glänzten in einem Licht, das alles wie verzaubert wirken ließ. Ganz wie in Der Herr der Ringe , seinem Lieblingsfilm. Er war in Bruchtal.
»Ich … bin …«, röchelte er.
Seine Stimme war heiser, sein Hals ausgetrocknet. Das Mädchen reichte ihm ein Glas Wasser, das er in einem Zug leerte.
»Du bist auf der Carmichael-Insel, das heißt, was davon noch übrig ist. Ich heiße Ambre.«
Ambre … Sogar ihr Name klang zauberhaft. Matt versuchte sich aufzusetzen, aber die Anstrengung war zu viel für ihn; er ließ sich wieder auf sein Kissen sinken. Eine Welle der Müdigkeit umfing ihn und riss ihn mit sich fort in das Brausen des Schlafs. Er brachte nur noch einen Satz über die Lippen.
»Ambre … sei mein Himmel.«
Als er die Augen wieder aufschlug, stellte er zu seiner Verwunderung fest, dass er noch immer im selben Zimmer lag. Es war also nicht nur ein Traum gewesen.
Und Ambre? Gibt es sie wirklich? Da erinnerte er sich an das, was er ihr gesagt hatte, und lief vor Scham rot an. Er hatte halluziniert! Das musste das Fieber gewesen sein!
Am anderen Ende des Zimmers öffnete sich eine Tür, und zwei Jungen kamen herein. Matt schätzte sie auf dreizehn und sechzehn Jahre. Der Jüngere war klein und trug ein ordentliches weißes Hemd. Auf seinem blonden Schopf saß zu Matts Verblüffung ein Zylinderhut, wie man sie sonst nur bei Zauberern sah, die Kaninchen und Tauben daraus hervorzogen. Der andere glich ihm aufs Haar, nur war er weniger ausgefallen gekleidet. Sicher sein großer Bruder.
»Sie hat recht. Er ist nicht wie sonst«, meinte der Kleine.
»Genau, seine Augen wirken irgendwie nicht mehr so trüb. Und ich glaube, er versteht uns.«
Matt schluckte und sagte langsam:
»Natürlich … verstehe … ich euch! Ich habe … Durst.«
Der Größere der beiden hob den Wasserkrug vom Nachttisch und füllte ein Glas, das Matt gierig hinunterkippte.
»Wahnsinn! Du hast überlebt!«, rief der Kleine.
»Wie? Was habe ich … überlebt?«
»Das Delirium! Dein Koma! Du hast so lange dagelegen, dass wir schon dachten, du wachst nie mehr auf.«
»Wie lange?«, fragte Matt erschrocken.
Der Kleine machte den Mund auf, aber sein Bruder kam ihm zuvor.
»Du musst
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