ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
eigentlich? Dieses Zimmer … Hier scheint ja alles normal zu sein, keine Pflanzen, nichts Ungewöhnliches.«
»Das ist die Carmichael-Insel. Unser sicherer Hafen! Ein Milliardär hat sie vor langer Zeit gekauft. Sie liegt auf dem Susquehanna, oder was von dem Fluss noch übrig ist.«
»Moment mal, dann sind wir ja bis … bis Philadelphia gelaufen! Mehr als hundertfünfzig Kilometer!«
»Richtig.«
»Und wie habt ihr die Insel gefunden? Einfach so per Zufall?«, fragte Matt und schob sich begeistert einen riesigen Bissen Omelett in den Mund.
»Nein. Die Inselbewohner hatten ein großes Feuer angezündet, um die Überlebenden des Sturms zusammenzutrommeln. Sie haben eine so riesige Rauchfahne erzeugt, dass wir sie von weitem gesehen haben und herkamen, um nachzuschauen.«
»Seid ihr viele?«, fragte Matt mit vollem Mund.
»Ziemlich viele, ja.«
Hastig fügte Matt hinzu:
»Und was ist mit unseren Eltern? Weiß man inzwischen, was aus ihnen geworden ist? Gibt es irgendwo eine Spur von ihnen?«
Tobias seufzte traurig.
»Nicht direkt.«
Die lakonische Antwort verriet Matt, wie sehr sein Freund litt. Er beschloss, das Thema fallenzulassen.
»Und wie ist die Insel?«
Anstatt zu antworten, setzte Tobias einen seltsamen Gesichtsausdruck auf, der zu besagen schien: Du wirst es nicht glauben . Dann begnügte er sich mit einer rätselhaften Bemerkung.
»Das siehst du am besten mit eigenen Augen. Vorerst solltest du dich aber noch ausruhen.«
Matt schüttelte den Kopf.
»Ich liege seit fünf Monaten im Bett, ich habe genug Ruhe gehabt. Ich will …«
Als er aufzustehen versuchte, schubste ihn Tobias mühelos zurück ins Bett.
»Du bist noch schwach. Doug hat gesagt, dass du dich in den ersten Tagen schonen musst, damit sich dein Körper an die Anstrengung gewöhnt. Deine Muskeln sind verkümmert, meinte er. Hab Geduld.«
Matt seufzte und legte sich widerwillig wieder hin.
Dann atmete er tief durch und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Es war so ordentlich, so makellos. Nicht zu glauben, dass hinter dieser Wand die ganze Zivilisation verschwunden war. Matt wunderte sich, warum das Haus nicht von Pflanzen überwuchert war. Gerade als er Tobias dazu befragen wollte, packte ihn die Müdigkeit wie eine jähe Windböe. Er konnte die Augen kaum noch offen halten.
Tobias nahm den leeren Teller.
»Ich lasse dich schlafen, du hast Ruhe nötig«, flüsterte er. »Ich komme morgen wieder. Vielleicht können wir dann draußen eine kleine Runde drehen. Du wirst staunen!«
Matt glitt langsam in den Schlaf. Es war unmöglich, sich dagegen zu wehren, als läge ein übermächtiger Fluch auf ihm. Dabei hätte er Tobias stundenlang ausfragen können. Doug und sein Bruder hatten gesagt, dass sie inzwischen ein bisschen mehr über diese Welt in Erfahrung gebracht hatten …
Von weit her drangen Tobias’ letzte Worte an sein Ohr.
»Schön, dass du wieder bei uns bist.«
16. Es spukt!
M itten in der Nacht öffnete Matt die Augen. Er war in seine Decken gewickelt, nur sein Gesicht lugte hervor. Es war kalt im Zimmer. Er blinzelte, geblendet von etwas, was er für Mondschein hielt. Das Licht hatte ihn geweckt.
Doch dann bewegte sich der Mond.
Er kippte nach vorn und erhellte das Zimmer wie ein Scheinwerfer. Als dicht daneben ein weiterer Mond erschien, verstand Matt.
Das waren keine Monde.
Ein Stelzenläufer stand vor dem Fenster und leuchtete das Zimmer ab. Die beiden Scheinwerfer glitten über das Bett, und ehe er sich verstecken konnte, hielten sie auf Matts Gesicht inne. Der Schreck durchfuhr ihn. Er wollte aus dem Bett springen, war aber zu schwach; seine Beine gehorchten ihm nicht.
Unter dem langen Mantel des Stelzenläufers kroch eine weiße Hand hervor, entfaltete ihre riesigen Finger und hämmerte auf den Fensterpfosten ein. Die Scheibe verwandelte sich in eine Art feines Spinnennetz und zerbrach.
Eisiger Wind fegte durch das Zimmer und bauschte die Bettdecke auf. Der milchige Arm streckte sich in seine Richtung. Matt schrie auf.
Plötzlich erhob sich eine zischende Stimme unter der Kapuze des Stelzenläufers.
»Komm … Sssssssch … Der Torvaderon erwartet dich … Ssssssch … Komm. Er wird sich freuen.«
Matt schrie noch lauter, als die langen, weichen Finger sich um seinen Knöchel schlangen und an ihm zerrten.
Da spürte er etwas Feuchtes auf seiner Stirn.
Die beiden Monde verschwanden, und die Hand ließ ihn los.
Er lag wieder unter der Bettdecke. Und mit seinem Alptraum
Weitere Kostenlose Bücher