ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
auf den Grund gehen?«, fragte Matt.
»Und ob ich will! Wir müssen Doug aushorchen. Du bist neu hier, er wird sich nicht wundern, wenn du ein paar Fragen stellst.«
Matt nickte.
»Mich bringen keine zehn Pferde mehr hierher!«, rief Tobias.
»Immer mit der Ruhe«, sagte Ambre. »Du hast doch gesehen, wie dick die Tür war und wie gründlich man sie verrammelt hat. Ich glaube, wir riskieren da nichts.«
Er warf ihr einen verstörten Blick zu.
»Ha! Das haben die Passagiere der Titanic auch gedacht.«
Sie kamen überein, dass sie für diese Nacht genug erlebt hatten, und schlichen sich auf Zehenspitzen in ihre Zimmer zurück. In den wenigen Stunden, die ihnen noch bis zum Morgen blieben, wurden sie von Alpträumen gequält.
Zwei Tage später fragte Matt auf der Terrasse hinter dem Kraken nach Doug. Man sagte ihm, dass er es im Zentauren versuchen sollte.
Von der Terrasse führte ein Weg durch die üppige Pflanzenwelt bis zur Hydra; hinter den offenen Fenstern hörte Matt die Mädchen lachen. Dann bog er auf den Rundweg ab, der um die ganze Insel verlief. Matt war bisher nur in Begleitung von Tobias oder Calvin, mit dem er sich immer besser verstand, auf der Insel unterwegs gewesen, aber so weit war er noch nie gekommen. Trotzdem konnte er die verschiedenen Villen inzwischen gut auseinanderhalten und wusste auswendig, in welcher Richtung sie lagen. Im Wald spazierten ihm zwei Mädchen entgegen, die ihn grüßten. Das eine war etwa zehn Jahre alt, das andere in seinem Alter. Ihr Korb war voll von den malvenfarbenen Blüten, die Matt schon mehrmals in seiner Abendsuppe gesehen hatte.
Nach einer Viertelstunde bemerkte er, dass die Hecken und Büsche zur Rechten eine andere Farbe angenommen hatten. Das Laub war so dunkel, dass er stehen blieb, um über ein Blatt zu streichen und es aus der Nähe zu betrachten. Matt traute seinen Augen nicht: Es war schwarz. Er verließ den Weg, um nachzusehen, ob die Pflanzen weiter abseits sich ebenfalls verfärbt hatten. Tatsächlich. Sogar die Farne hatten diesen sonderbar kranken Ton angenommen.
Neben ihm raschelte es im Unterholz. Matt dachte sofort an einen Hasen oder einen Fuchs, aber das Einzige, was er erkennen konnte, war ein schwarzes Bein, ein … glänzendes Bein, fast wie Leder.
So ein Säugetier ist mir noch nie untergekommen!
Er schob einige Äste zur Seite und bahnte sich einen Weg durch das Dickicht. Da entdeckte er einen etwa zehn Meter langen weißen Schleier, der zwischen den Bäumen hing. Als er erkannte, was er da vor sich hatte, blieb ihm vor Schreck fast das Herz stehen.
»Das gibt’s doch nicht!«, entfuhr es ihm.
Ein Spinnennetz.
Matt erblickte einen vertrockneten Vogel, der in einen Kokon gewickelt war. Etwas weiter hing ein Eichhörnchen in einer seidigen Hülle. Dutzende ausgesaugte Opfer, denen das schaurige Netz zum Verhängnis geworden war, reihten sich vor ihm auf. Matt wurde übel. Hinter dem riesigen Galgen entdeckte er ein steinernes Mausoleum und mehrere graue Grabsteine. Der Friedhof, vor dem Tobias ihn so eindringlich gewarnt hatte!
»Was mache ich hier?«, stotterte er.
Als er sich umdrehte, stellte er fest, dass er jede Orientierung verloren hatte. Aus welcher Richtung war er gekommen? Die dunklen Pflanzen waren nicht voneinander zu unterscheiden. Hinter ihm knackte und raschelte es wieder; Matt stürzte sich kurz entschlossen nach vorn und schob hastig Lianen und niedrige Zweige zur Seite, bis er endlich einen hellen Streifen erblickte: den Weg. Ohne die schwarzen Pflanzen am rechten Rand aus den Augen zu lassen, rannte er weiter.
Auf dem ganzen restlichen Weg zum Zentauren zerbrach er sich den Kopf darüber, wovon der Wald um den Friedhof wohl befallen sein mochte. Er wollte es sich lieber gar nicht vorstellen, wie das Tier aussah, zu dem dieses ledrige Bein gehörte. Er hasste Spinnen, und wenn dieses Monstrum dann auch noch so groß wie ein Autoreifen war … Nein, das ist unmöglich. Ich habe bestimmt geträumt! Ja, genau, ich habe mich getäuscht. Das ist unmöglich , redete er sich ein.
Doug war in der Voliere des Zentauren, einem geräumigen Anbau aus Metallstreben und Glas voller bunt blühender Pflanzen. Etwa hundert Vögel waren dort untergebracht. Sie hockten auf Holzstangen oder hatten sich Nester in den Bäumen gebaut. Das Gezwitscher und Geflatter war so laut, dass man schreien musste, um sich verständlich zu machen.
»Deine körperliche Verfassung ist wirklich erstaunlich«, sagte Doug, als er ihn
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