ALTERRA: Die Gemeinschaft der Drei (PAN) (German Edition)
könnte?«, fragte Matt.
»Nein, ich glaube nicht. Ich brauche noch etwas Zeit. Und sag nicht ›Gabe‹, das hat nichts mit Zauberei zu tun.«
»Entschuldige, das war nur so dahingesagt. Sonst noch was?«
»Nein. Oder doch, warte. Ich habe mit einem Mädchen aus dem Steinbock gesprochen, Svetlana. Es könnte sein, dass sie in der Lage ist, leichte Windströme zu erzeugen. Und der große Colin ist auch gekommen. Er macht sich Sorgen wegen der Alteration. Er merkt wohl, dass auch er sich verändert, aber er wollte mir nichts Genaueres sagen.«
»Colin ist der Älteste auf der Insel, oder?«, fragte Matt. »Der große Dunkelhaarige mit den vielen Pickeln im Gesicht?«
»Genau, der Junge, der sich um die Voliere kümmert. Er wirkt ein bisschen einfältig, aber er wird schon zu mir kommen, wenn seine Alteration deutlicher zutage tritt. Ich halte euch auf dem Laufenden. Ach ja, das hätte ich beinahe vergessen: Ich habe mit Tiffany aus dem Einhorn gesprochen, sie hat mir ein paar Dinge über Claudia erzählt. Angeblich ist sie ganz nett, aber ziemlich verschlossen, die anderen werden nicht recht schlau aus ihr. Manchmal verlässt sie in der Nacht ihr Zimmer. Das Parkett knarrt ziemlich laut, deswegen hört man sie. Tiffany weiß nicht, wohin sie geht. Sie glaubt, dass Claudia sich heimlich mit einem Jungen trifft. Ich habe natürlich nichts gesagt. Auf jeden Fall ist jetzt klar, dass Claudia zu den Verschwörern gehört.«
Als sie beim Nachtisch angelangt waren, gesellte sich Gwen zu ihnen. Tobias schauderte bei dem Gedanken, dass sich ihre langen blonden Haare senkrecht in die Luft streckten, wenn sie schlief. Die beiden Mädchen liefen zusammen zur Hydra, die Jungen gingen in Tobias’ Zimmer. Dort unterhielten sie sich noch anderthalb Stunden, bis nach und nach die Lichter in der Villa ausgingen. Sie sprachen über ihre Eltern, die ihnen fehlten, und fragten sich, ob ihre Freunde den Sturm überlebt hatten und wo sie wohl sein mochten. Mit schwerem Herzen schlüpften sie schließlich in die Kapuzenumhänge, die Tobias aus der Stadt mitgebracht hatte, und schlichen durch die dunklen Gänge.
Ihr Plan war eigentlich ganz einfach: Sie würden nachts so lange durch den Kraken streifen, bis sie irgendwann Doug und seine Komplizen erwischten und sie aus der Nähe sehen konnten. Diese Strategie war nicht besonders ausgefeilt und ziemlich gefährlich, aber ihnen war nichts Besseres eingefallen, als sich auf ihr Glück zu verlassen. Das Heikelste an der ganzen Angelegenheit war der Moment, in dem sie sich anpirschen mussten, ohne entdeckt zu werden. Sollten sie ertappt werden, mussten sie augenblicklich die Flucht antreten und ihre Verkleidung nutzen, um für Verwirrung zu sorgen und ihre Gesichter zu verbergen.
Sie wanderten über eine Stunde lang durch die kalten Gänge, die Eingangshalle und die Säle mit ihren knarrenden Holzdielen, während die Gemälde, die ausgestopften Tierköpfe und die hoffentlich leeren Rüstungen ihnen finster hinterherzustarren schienen. Tobias hielt eine Öllampe in der Hand, zündete sie aber nicht an, da der Mond hell durch die hohen Fenster schien.
»Glaubst du, dass sie diese Nacht rausgehen?«, fragte Tobias ungeduldig.
»Woher soll ich das wissen?«
»Ich habe keinen Bock mehr, hier umherzuirren.«
»Wir irren nicht umher. Der Kraken ist so groß, dass wir bis zum Morgengrauen laufen müssten, um einmal durch alle Zimmer zu kommen!«
»Eben. Vielleicht sind sie ja in den oberen Stockwerken, und wir bleiben nur im Erdgeschoss!«
»Wenn sie heute Nacht handeln, dann kommen sie hier durch. Das ist der Weg zum Rauchsalon und zum Geheimgang.«
Tobias war nicht überzeugt. Sie irrten eine weitere Stunde durch die Gänge, dann ließ sich der Zappelphilipp auf einen Sessel im Salon plumpsen.
»Pause«, erklärte er.
Matt setzte sich ihm gegenüber.
»Es ist bestimmt schon nach Mitternacht«, sagte er. »Wenn sie nicht bald auftauchen, können wir wieder ins Bett gehen, denke ich.«
Eine schwarze Wolke glitt vor den Mond und tauchte den Raum jäh ins Dunkel.
»Das ist voll unheimlich«, gluckste Tobias. »In so einem Moment hat man fast das Gefühl, in einem Horrorfilm gelandet zu sein.«
Matt betrachtete den dunklen Himmel.
In der Wolke vor dem Mond wuselte und wirbelte es, sie war unaufhörlich in Bewegung.
Er stand auf und drückte die Nase gegen die Scheibe.
»Das ist keine Wolke«, flüsterte er. »Das … das sind Fledermäuse! Ich habe sie schon vor ein paar Tagen
Weitere Kostenlose Bücher